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TRecyclinghof: So tricksen Kunden mitunter bei der Entsorgung

Was die Leute so alles entsorgen: Mitarbeiter Nicolai Hustedt hält im Container für Elektroschrott eine bunte Lichterkette in die Höhe.

Was die Leute so alles entsorgen: Mitarbeiter Nicolai Hustedt hält im Container für Elektroschrott eine bunte Lichterkette in die Höhe. Foto: rp

Es ist nicht alles Gold was glänzt. Und längst nicht in jedem Anhänger voller Grünschnitt ist auch nur Grünschnitt enthalten. Die Mitarbeiter vom Recyclinghof im Kreis Cuxhaven haben Mehrarbeit, wenn Kunden tricksen.

Von Andreas Schoener Sonntag, 18.08.2024, 17:58 Uhr

Debstedt. Auf dem Recyclinghof der Firma Harrje im Gewerbegebiet Debstedt kann vieles entsorgt werden. In unterschiedlichen Größen und Mengen. Das Altmaterial - ob Schreibmaschine, Fensterglas oder Styropor - wird von Bürgern aus dem gesamten Landkreis angeliefert.

Nach Anmeldung und Bezahlung am Eingang befüllen die Kunden die bereitstehenden Container, auf denen deutlich geschrieben steht, was herein gehört und was nicht. Bei der Menge des Materials und der Größe des Geländes an der Bördestraße ist das Befüllen oftmals reine Vertrauenssache. Doch dieses Vertrauen wird auch missbraucht.

Die sind auch nicht in den richtigen Container gestellt worden: Computerbildschirme auf dem Recyclinghof Harrje in Debstedt.

Die sind auch nicht in den richtigen Container gestellt worden: Computerbildschirme auf dem Recyclinghof Harrje in Debstedt. Foto: Polgesek

„Der richtige Container ist nur ein paar Schritte entfernt“

Beim Rundgang über das Gelände können Junior-Geschäftsführer Marvin Harrje und Dirk Johanns, langjähriger Assistent der Geschäftsführung, so einige Beispiele nennen. Auch wenn diese längst nicht die Regel sind. „Die allermeisten Kunden verhalten sich korrekt.“

Erste Station an diesem Morgen ist der wuchtige Container für Elektrokleingeräte. Mixer, Rasierapparate, Bügeleisen, Föhne, Staubsauger, Heizlüfter und Wasserkocher, die einstmals treu ihre Dienste im Haushalt taten, sind dort gestapelt.

Dirk Johanns ärgert sich darüber, dass ein Kunde gleich den kompletten Fensterrahmen mit entsorgt hat.

Dirk Johanns ärgert sich darüber, dass ein Kunde gleich den kompletten Fensterrahmen mit entsorgt hat. Foto: rp

Die letzte Reise zur Recyclinganlage für Elektroschrott mit zum Teil händischer Zerlegung ist bald. Schon beim ersten Blick fallen „Irrläufer“ auf. Mehrere alte Computerbildschirme hat jemand dort abgestellt. „Der richtige Container ist nur ein paar Schritte von hier“, sagt Dirk Johanns und schüttelt den Kopf.

Später müssten Mitarbeiter die Umverteilung übernehmen. „Warum denn nicht sofort an die richtige Stelle stellen?“, fragt der Assistent der Geschäftsführung rhetorisch und spricht von unnötigem Mehraufwand.

„Schöne“ Überraschung: Junior-Geschäftsführer Marvin Harrje legt einen Plastiksack beiseite, den ein Radlader im Grüngut freigelegt hat.

„Schöne“ Überraschung: Junior-Geschäftsführer Marvin Harrje legt einen Plastiksack beiseite, den ein Radlader im Grüngut freigelegt hat. Foto: Polgesek

Der nächste Verstoß ist beim Flachglas-Container zu finden

Ein paar Meter weiter der nächste Verstoß gegen die sortenreine Entsorgung. Der Container mit Flachglas aller Art enthält ein Fenster mit unerlaubtem „Zusatz“. Der entsprechende Kunde hat sich offensichtlich nicht die Arbeit gemacht, den Rahmen zu entfernen und diesen im Altholz zu entsorgen.

„Das dürfen wir dann machen“, sagt Johanns und hält die unerlaubte Kombination ins Sonnenlicht. Einen Fehlgriff dieser Art könne man bestimmt verschmerzen, doch im Tagesverlauf häuften sich solche Verstöße.

Ein altes Schätzchen: Dirk Johanns, Assistent der Geschäftsführung, entdeckt in den Containern so manches Gerät, an dem Bastler sicherlich ihre helle Freude hätten. In diesem Falle ist es eine Nähmaschine.

Ein altes Schätzchen: Dirk Johanns, Assistent der Geschäftsführung, entdeckt in den Containern so manches Gerät, an dem Bastler sicherlich ihre helle Freude hätten. In diesem Falle ist es eine Nähmaschine. Foto: Polgesek

Zwei Säcke mit Tapeten statt Kunststoff-Fenster lagern beispielsweise an diesem Morgen in einem anderen Container. Auch nicht korrekt. Das Sortieren kostet Zeit. Und Zeit ist Geld. Auch auf dem Recyclinghof.

In diesem Zusammenhang spricht Marvin Harrje von Leuten, die uns austricksen, indem sie Grüngut anmelden und gleichzeitig Bauschutt loswerden wollen. „Der Bauschutt ist dann unter einer sauber geschichteten Lage von Ästen und Zweigen versteckt“, weiß Harrje.

„Die Leute wollen offensichtlich Geld sparen.“ Die Entsorgung von Grüngut kostet auf dem Recyclinghof in Debstedt 20 Euro pro Kubikmeter, die von Bauschutt 35 Euro pro Kubikmeter. Bei vielen sitze der Geldbeutel offensichtlich mehr so locker wie früher, meint der Junior-Geschäftsführer und nennt unter anderem die gestiegenen Energiekosten als Ursache

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All das ist für den Mann vom Fach eine Erklärung dafür, „warum die Verschandelung der Landschaft durch die Ablagerung von illegalem Müll in den vergangenen Monaten derart zugenommen hat“. Dabei ginge die Entsorgung des wilden Mülls letztlich zulasten aller Steuerzahler – über die Gebühren.

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Manch einer verfährt so: Niemand guckt hin, also weg damit

Mit Geld allein hat es nach Ansicht der Betreiber des Recyclinghofs jedoch nicht zu tun, wenn Kunden bei der Anlieferung in Debstedt offensichtlich nach dem Prinzip verfahren: Niemand guckt hin, also weg damit - nach mir die Sintflut.

Und wie zum Beweis dieser Einstellung hält Marvin Harrje einen Plastiksack hoch, den der Radlader eben erst beim Grüngut freigeschaufelt hat.

  • Rindermulch, Hackschnitzel, Vogelsand: Fünf kuriose Geschichten vom Recyclinghof

Das Gelände der Harrje GmbH im Gewerbegebiet Debstedt ist eine Adresse für alle, die es ernst nehmen mit der sortenreinen Entsorgung von Abfällen. Auch an diesem heißen August-Morgen ist wieder eine Menge los an der Bördestraße 12 - Autofahrer rollen heran und wieder von dannen. Normaler Betrieb. Gelegenheit für Junior-Chef Marvin Harrje, seinen Bruder Tristan und Dirk Johanns, Assistent der Geschäftsführung, sich beim Rundgang an kuriose Geschichten zu erinnern.

„Bei uns wurde mal ein Kühlschrank entsorgt, der noch von oben bis unten mit Wurst, Fleisch und Käse gefüllt war“, sagt Marvin Harrje, „wir mussten den leer räumen. Das hat vielleicht gestunken.“ Kühlschränke und Truhen werden von Privatkunden immer wieder abgeben. Und manchmal müffele es noch im Inneren der Geräte. „Aber das kennen wir“, sagt Harrje.

Apropos Truhe: „Wir hatten vor 15 Jahren mal einen Kubikmeter Hackschnitzel in der Werbung“, erzählt Dirk Johanns. „Daraufhin rief ein Kunde an, ob er das nicht auch in kleineren Gebinden haben könnte, seine Truhe wäre zu klein.“ Besagter Kunde sei wohl davon ausgegangen, dass es sich bei „Hackschnitzel“ um Fleisch gehandelt habe. Die versammelte Runde schmunzelt in die Sonne.

Gerne werde auch nach „Rindermulch“ gefragt. Der Irrtum ist ähnlich gelagert wie beim Hackschnitzel. Rindenmulch ist zerkleinerte Baumrinde ohne weitere Zusätze, die insbesondere zur Bodenabdeckung verwendet wird, um das Wachstum unerwünschter Beikräuter zu erschweren. „Wir haben dem Kunden empfohlen, zum Schlachter seiner Wahl zu gehen“, sagt Johanns, dort würde man alles bekommen, was mit Rindern zu tun habe.

Den Liter Vogelsand gab es schließlich kostenlos

Damit nicht genug: Ein weiterer Kunde fragte mal, wo denn der Unterschied der verschiedenen Arten Sand sei, die auf dem Recyclinghof angeboten werden. „Nach einer ausgiebigen Beratung stellte sich heraus, dass er nur einen Liter für den Käfig seines Kanarienvogels benötigt“, erzählt Marvin Harrje und lächelt. Man habe ihm diesen Liter schließlich geschenkt.

Für Erheiterung sorgt darüber hinaus eine Frage, die die Mitarbeiter von Harrje immer wieder aus dem Kundenkreis zu hören bekommen. Sie ist eher rhetorischer Natur: „Kann man bei Euch auch die Schwiegermutter entsorgen?“

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