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Die gute Nachricht

TRekordpreis 420.000 Euro: Trakehner Siegerhengst kommt aus Harsefeld

Eine Runde mit Havertz: Max Böhn hat für eine Ehrenrunde die Zügel von Vorführerin Anna Wolf übernommen und lässt den Siegerhengst durch die Holstenhalle in Neumünster traben.

Eine Runde mit Havertz: Max Böhn hat für eine Ehrenrunde die Zügel von Vorführerin Anna Wolf übernommen und lässt den Siegerhengst durch die Holstenhalle in Neumünster traben. Foto: Stefan Lafrentz/Montage:tb

Sie wollte einmal einen gekörten Hengst züchten: Michaela Böhn hat es geschafft. Aber Havertz, der in Griemshorst geboren wurde, hat noch zwei Superlative zu bieten.

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Von Miriam Fehlbus
Mittwoch, 04.12.2024, 12:55 Uhr

Harsefeld. Die gute Nachricht bahnte sich langsam an. Immer mehr Hengste wurden bei der Trakehner Körung in den Holstenhallen von Neumünster aufgerufen - und Havertz war nicht dabei. Als mit der Nummer 14 der Reservesieger vor die gefüllten Zuschauerränge ging, stand fest, dass der diesjährige internationale Trakehner-Hengstmarkt einen Champion aus Harsefeld hat.

Havertz zog 2022 nach Schleswig-Holstein um

„Wir haben hinten in der kleinen Wartebox gestanden“, sagt Michaela Böhn. Plötzlich war kein anderer Hengst mehr für den Sieg übrig. Damit setzte sich schlagartig die Erkenntnis durch, dass Michaela Böhns Stute Happy Millennia tatsächlich alle glücklich macht: die Züchterfamilie Böhn aus Griemshorst und die Besitzer des Hengstes, Nicole und Lars Derlin aus Schleswig-Holstein. Jubelnd und mit Freudentränen in den Augen fielen sich Züchter und Aussteller in die Arme. Bereits seit der Fohlenauktion auf dem Bundesturnier vor zwei Jahren gehörte der Hengst Havertz Nicole Derlin aus Travenbrück.

Einzige verbliebene Vertreterin der Familie der Hasta

Die Mutterstute des neuen Siegerhengstes aus Harsefeld ist spätestens mit dem Erfolg in Neumünster etwas ganz Besonderes: Sie ist die einzige verbliebene Vertreterin der Familie der Hasta aus Ostpreußen in der Trakehner Zucht - und jetzt auch Mutter eines Sohnes, der sich mit dem Prädikat gekört in dieser weitervererben darf. Die Trakehner Zucht hat eine für viele faszinierende Geschichte, ist seit 2022 als Immaterielles Kulturerbe von der Unesco-Kommission anerkannt.

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Es war im Kriegswinter 1944/1945, als Menschen und Pferde vor der Roten Armee aus Ostpreußen flüchteten. 1000 Kilometer gen Westen ging es, mit großen Verlusten auf dem Treck über das zugefrorene Frische Haff. Für die Trakehner Zucht hieß das: Von einst 30.000 Tieren blieben 1500 Tiere übrig.

Züchterin Michaela Böhn fällt Hengst-Besitzerin Nicole Derlin in die Arme. Dahinter freuen sich Ehemann Gerd Böhn (rechts) und Sohn Max Böhn, der mit geballten Fäusten den Siegerhengst bejubelt.

Züchterin Michaela Böhn fällt Hengst-Besitzerin Nicole Derlin in die Arme. Dahinter freuen sich Ehemann Gerd Böhn (rechts) und Sohn Max Böhn, der mit geballten Fäusten den Siegerhengst bejubelt. Foto: Stefan Lafrentz/Montage:tb

Aus diesem Stamm wurde die Zucht neu aufgebaut. Herausragende Stuten begründeten nach dem Zweiten Weltkrieg eigene Familiendynastien.

Havertz wird Boxennachbar seines Großvaters

Wie wertvoll die Leistungsgenetik der Mutter von Havertz ist, die auf der Vaterseite den Elitehengst Millennium im Pedigree hat, lässt sich auch am Ergebnis der anschließenden Auktion ablesen. Zum höchsten jemals bei einer Trakehner Auktion erzielten Preis von 420.000 Euro wechselte der Siegerhengst in den Besitz der Hengststation des Gestüts Sprehe nach Löningen. Er wird dort Stallnachbar seines Großvaters Millennium.

Vollschwester zu Havertz kam dieses Jahr zur Welt

Vater von Havertz ist der vielfache S-Sieger Blanc Pain. Für Züchterin Michaela Böhn war der Dressur-Hengst, der im Haupt- und Landgestüt Neustadt Dosse stationiert ist, gleich zweimal die richtige Wahl für ihre Happy Millennia. Am 29. Februar kam in diesem Schaltjahr als Vollschwester zu Havertz die Stute Hetty Kelly in Harsefeld zur Welt - auch ein vielversprechendes Bewegungstalent.

Drei Trakehner Zuchtstuten haben Böhns aktuell plus Nachwuchs im Stall stehen. „Es ist ein Familienprojekt“, sagt Michaela Böhn. Sie, Ehemann Gerd und Sohn Max Böhn (30) haben ihr Herz an die edlen und intelligenten Pferde verloren. Seit Anfang der 90er Jahre züchten sie Trakehner.

Nach der Jahressiegerstute der erste gekörte Hengst

Schon 2023 durften Böhns einen besonderen Erfolg als Züchter feiern: Mit Rose la France stellten sie die Jahressiegerstute. Auch bei ihr steht noch ein Hinweis auf die Vorfahren aus Ostpreußen im Pedigree. Rose la France von der Stute Rihanna stammt aus der Familie der Rally von Sperber-Lenken, einem ostpreußischen Privatgestüt.

Was der Familie Böhn bisher fehlte, war ein selbst gezogenes männliches Tier, das so gut ist, dass es sich in der Trakehner Zucht weitervererben darf. „Ich habe immer gesagt, einmal im Leben möchte ich einen gekörten Hengst züchten“, sagt Michaela Böhn. Für die 55-Jährige ging es nun schneller als erwartet - und das mit einem Siegerhengst, der 420.000 Euro erzielte.

„Das ist ein sensationelles Ergebnis, das alle bisherigen Spitzenpreise in den Schatten stellt. Darüber freuen wir uns sehr“, kommentierte der Zuchtleiter und Geschäftsführer des Trakehner Verbandes, Neel-Heinrich Schoof, die Auktion in den Holstenhallen.

Auch Michaela Böhn freut sich mit Nicole und Lars Derlin, die vor zwei Jahren das Pferd von Böhns kauften, Havertz aufzogen, vorbereiteten und jetzt die glücklichen Verkäufer sind. „Wir haben damals einen guten Preis bekommen“, sagt die Harsefelderin rückblickend, ohne den Verkauf als Fohlen zu bereuen. Michaela Böhn bleibt der unvergängliche Stolz, Züchterin dieses Pferdes zu sein.

Eine Runde mit Havertz: Max Böhn hat für eine Ehrenrunde die Zügel von Vorführerin Anna Wolf übernommen und lässt den Siegerhengst durch die Holstenhalle in Neumünster traben.

Eine Runde mit Havertz: Max Böhn hat für eine Ehrenrunde die Zügel von Vorführerin Anna Wolf übernommen und lässt den Siegerhengst durch die Holstenhalle in Neumünster traben. Foto: Stefan Lafrentz/Montage:tb

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