TSandalen-Provokation: So witzig zieht die VHS einen Schlussstrich

Das Bild von Socken und Sandalen beleidige ihn nicht als Mann: Zum Beweis erscheint ein Besucher am Sandalismus-Abend in dieser Modesünde. Foto: Thomas Sulzyc
Mit einem Küchengespräch bei Bier und Bratwurst endet die Sandalismus-Debatte. Hätte die VHS Buxtehude ein besseres Bild als Socken und Sandalen finden können, um Männlichkeit zu thematisieren? Was die Künstliche Intelligenz ChatGPT angeboten hat.
Buxtehude. Überraschend viel Aufregung hat die Volkshochschule (VHS) Buxtehude in den vergangenen Wochen mit dem Titelbild ihres Programmheftes in Teilen der Öffentlichkeit hervorgerufen. Es richtet sich an Männer und zeigt Füße in weißen Socken und Sandalen. Mancher empfindet das als beleidigend und männerfeindlich. Manche Kritiker und Kritikerinnen beschwerten sich wie mehrfach berichtet in Leserbriefen und Beiträgen in sozialen Netzwerken. Die Sandalismus-Debatte war geboren.
Besucher erscheint in weißen Socken und Sandalen
Einen Schlussstrich zieht am Donnerstagabend die Volkshochschule mit dem Angebot zu einem öffentlichen Küchengespräch bei Bier und Bratwurst in der VHS-Cafeteria. Vier Besucher wollen mit VHS-Leiter Dirk Pohl und seinem Stellvertreter Tobias Rothenberg sprechen. Keiner, der sich beleidigt fühlt, ist darunter.

Das Titelfoto auf dem aktuellen Programmheft der VHS Buxtehude sorgte für Diskussionen. Foto: VHS Buxtehude
Drei Besucher und eine Besucherin versammeln sich um den Küchentisch und sprechen über Männlichkeit und Männerfeindlichkeit. Der Duft von Bratwurst breitet sich aus. Die Fähigkeit zur Selbstironie beweist ein Besucher, der mit Namen nicht genannt werden möchte. In Socken und Sandalen erscheint er. „Die weißen Socken habe ich extra gekauft. Die Billigsten, die ich kriegen konnte“, sagt er und lacht verschmitzt. Er sei Soziologe, tätig in der Jugendgerichtsbarkeit, verrät er.
„Ein Ding der Unmöglichkeit, dass Menschen sich darüber aufregen“
Niemand ist da, der das Stereotyp von Socken in Sandalen als beleidigend empfindet. Jens Nübel, in Buxtehude als ehrenamtlicher Behindertenbeauftragter bekannt, bedauert das. Er hätte gerne versucht, die Kritiker zu verstehen. „Das ist doch ein Ding der Unmöglichkeit, dass Menschen sich darüber aufregen, ein paar Socken und Sandalen.“

Gespräch am Küchentisch bei Bratwurst, Sprudel und alkoholfreiem Bier: Tobias Rothenberg (links, stellvertretender VHS-Leiter) und VHS-Chef-Dirk Pohl (rechts) diskutieren am Sandalismus-Abend mit Besuchern. Foto: Thomas Sulzyc
Die Runde ist sich einig, dass das Titelbild nicht ausreicht, um Männer herabwürdigend darzustellen; zumal diese Kombination mittlerweile bei Jugendlichen in Mode ist: Tennissocken, möglichst mit Marken-Emblem bekannter Sportartikelhersteller, die Wade hochgezogen. Dazu den Klassiker der Badelatschen, die sogenannte Adilette. Mädchen und Jungen tragen das gleichermaßen. Die Mode-Kombi taugt nicht zum Geschlechterkampf.
Hätte die Volkshochschule ein besseres Titelbild finden können, um gezielt Männer anzusprechen? Hintergrund: Männer sind an der VHS unterrepräsentiert. In der Regel sei nur jeder vierte oder fünfte Teilnehmer an Kursen ein Mann, sagt Dirk Pohl. Ausnahmen seien Integrationskurse, Angebote zum zweiten Bildungsweg und Kochkurse - hier sei die Männerbeteiligung größer. Insgesamt 10.000 Buchungen im Jahr verzeichne die VHS Buxtehude.
Geschlechterkampf
T Männerfeindlich? VHS Buxtehude wertet umstrittenes Titelfoto als Erfolg
„Sei kein Spießer, geh‘ zur VHS!“
Als gelungen sieht Besucherin Viviane Rellensmann, eine Qualitätsmanagerin, den Versuch der VHS an, in der Werbekampagne auf die Fähigkeit zur Selbstironie bei Männern zu setzen. Ihrer Meinung nach drücke das Motiv mit Socken und Sandalen im Zusammenhang mit der Bildungseinrichtung aus: „Sei kein Spießer, geh‘ zur VHS!“ Auch Besucher Klaus Müller mag in dem Motiv nichts Anstößiges oder Beleidigendes entdecken: „Da steht ja nicht: Proleten, geht in die VHS!“

Am Sandalismus-Abend brät der stellvertretende VHS-Leiter Tobias Rothenberg Würste für die Besucher. Bratwurst gilt als Mittel, Männer in die Volkshochschule zu locken. Foto: Thomas Sulzyc
Die VHS habe auch darüber nachgedacht, Paare anzusprechen, um Männer zu mobilisieren, verrät Tobias Rothenberg. „Bring‘ dein Mann - zahl‘ die Hälfte!“, sei eine Idee zu einem Slogan gewesen. Am Ende schaffte er es aber nicht in die Kampagne.
So würde KI Männer ansprechen
Selbst Künstliche Intelligenz (KI) habe die VHS eingespannt. Die berühmte Software ChatGPT sollte einen Vorschlag entwickeln, die Zielgruppe ältere Männer anzusprechen. Das Ergebnis war enttäuschend: „Eine Zeichnung, die eine Gruppe von Männern über 50, meist mit grauen Haaren, zeigt“, sagt Tobias Rothenberg. „Das wäre keine Werbung gewesen.“
Am Ende, nach 100 Minuten Gespräch, steht die Erkenntnis in der Runde: Das Bild von Socken und Sandalen hat Männer bewegt - und kann das männliche Selbstbild nicht in die Krise stürzen.