Zähl Pixel
Gesamtschule

TSchluss mit Ekel: Die IGS in Buxtehude hat jetzt eine „Sahnetoilette“

Schülervertreter Raphael Grundmann zeigt die mit Urban Art gestaltete Männertoilette an der IGS Buxtehude.

Schülervertreter Raphael Grundmann zeigt die mit Urban Art gestaltete Männertoilette an der IGS Buxtehude. Foto: Sulzyc

Aus einer ekeligen Schultoilette hat die IGS Buxtehude ein Kunst-Klo gemacht. Die ganze Schule hat daran mitgewirkt. Dahinter steckt eine kluge Strategie.

author
Von Thomas Sulzyc
Mittwoch, 19.11.2025, 17:50 Uhr

Buxtehude. Weinend haben Reinigungskräfte vor der Schultoilette gestanden. So stinkend, dreckig und beschmiert war sie. Der schlechte Zustand des Schulklos an der Integrierten Gesamtschule (IGS) Buxtehude wurde im Mai 2023 zum Politikum.

Aus der Kloake von damals ist heute eine „Sahnetoilette“ geworden, wie Oberstufenleiter Hanke Blendermann sie nennt. Weil Schülervertreter, Lehrer und die Stadt Buxtehude als Schulträger auf das Ekelklo mit einer klugen Strategie reagiert haben.

Homer Simpson (rechts) schaut zu: So schön erledigen Jungen auf dem Schulklo der IGS Buxtehude ihr Geschäft.

Homer Simpson (rechts) schaut zu: So schön erledigen Jungen auf dem Schulklo der IGS Buxtehude ihr Geschäft. Foto: Sulzyc

Neu gestaltet wurden die Toiletten für Jungen und Mädchen nahe der Mensa. So schön, einladend und lustig, dass niemand mehr auf die Idee komme, die Toilette verdreckt zu hinterlassen - so die Hoffnung.

In dieser Woche, in die zufällig der Welttoilettentag fällt, ging das Vorzeige-Schulklo in Betrieb. Ohne feierlichen Tamtam - aber mit einem Betreibermodell, das Aufmerksamkeit verdient. Der Clou ist, dass es die gesamte Schülerschaft in die Verantwortung nimmt.

Zugang nur mit Schülerausweis

Immer wenn in den großen Pausen die Toilette öffnet, wachen zwei Schüler, jeweils ein Junge und ein Mädchen, vor der Tür. Wer mal muss, gibt zuvor seinen Schülerausweis bei dem Securitydienst ab - und erhält ihn nach Verlassen der Toilette zurück. Um Irritationen zu vermeiden: Es gibt natürlich noch andere Toiletten an der IGS, die aufgesucht werden können, wenn die neue geschlossen ist.

Alle Schülerjahrgänge beteiligen sich an dem Dienst vor der Toilettentür. Die Belastung ist gering: Einmal pro Schuljahr fällt in etwa bei jedem Schüler und jeder Schülerin ein Dienst an. Putzen müssen die Jungen und Mädchen nicht.

„Härteste Tür Deutschlands“

Nur wer sich identifiziert, darf die „Sahnetoilette“ betreten. „Die härteste Tür Deutschlands“ nennt Hanke Blendermann scherzhaft das Prozedere. Es soll dazu beitragen, nicht dem Trieb nachzugeben, die Wände beschmieren zu wollen.

„Es sind nur wenige, vielleicht 0,1 Prozent der Schülerschaft, die zerstören wollen“, sagt Schülervertreter Raphael Grundmann. Unter ihnen litten dann aber alle.

Warum reagieren sich manche auf dem Klo ab?

Woher der Drang zur Zerstörung komme - das haben Schülervertreter versucht zu verstehen. „Offenbar staut sich bei manchen Wut von zu Hause oder im Unterricht auf“, vermutet Raphael Grundmann.

Die Schülervertretung denke deshalb über einen Aktionsraum nach, in dem Schüler sich abreagieren können. Ein Boxsack könnte darin hängen. Aber das ist zunächst nur eine Idee.

Vorbeugend wirkt die Gestaltung der Schultoilette mit Urban Art. Die Erfahrung aus der Graffitiszene zeigt, dass künstlerisch gestaltete Wände respektiert und deutlich seltener beschmiert werden.

Fast die gesamte Schule hat an der „Sahnetoilette“ mitgewirkt. In Zusammenarbeit mit dem Künstlerduo „Wandkollegen“ aus Stade haben Schüler Designentwürfe entwickelt. Anschließend wählte die Schulgemeinschaft in einer Abstimmung die Entwürfe aus, nach denen die Schultoilette gestaltet werden soll.

Das Ergebnis: Die Herrentoilette zieren Motive in einer Retro-Computerspiel-Ästhetik. Die Damentoilette ist in einen Farbton, ähnlich dem eines Sonnenuntergangs, getaucht.

Die farbliche Gestaltung weckt Assoziationen an den Sonnenuntergang: So sieht die Mädchentoilette an der IGS Buxtehude aus.

Die farbliche Gestaltung weckt Assoziationen an den Sonnenuntergang: So sieht die Mädchentoilette an der IGS Buxtehude aus. Foto: Sulzyc

In der Damentoilette finden die Nutzerinnen Hygieneartikel vor. „Wir suchen noch einen Sponsor, der uns dauerhaft damit ausstattet“, sagt Raphael Grundmann. Bisher habe es nur Absagen gehagelt - teilweise schroff im Ton.

Sogar Beschallung mit Musik könnte sich die Schülervertretung vorstellen. Die Idee sei noch nicht ausgereift. „Die Toilette soll ja kein Aufenthaltsraum werden“, sagt Raphael Grundmann.

Von der „Sahnetoilette“ erhofft sich Hanke Blendermann eine erzieherische Wirkung: „Dass der respektvolle Umgang mit ihr sich auch auf die Nutzung der übrigen Toiletten im Schulgebäude überträgt.“

Die Schultoiletten in Buxtehude befänden sich teilweise in einem altersbedingten, jedoch funktionstüchtigen Zustand, antwortete die Stadtverwaltung dem TAGEBLATT. Einen Modernisierungs- oder Sanierungsfahrplan für die Schultoiletten gebe es derzeit nicht.

Auslöser zur Sanierung der Schultoilette an der IGS Buxtehude war im Mai 2023 ein Antrag der Gruppe Buxtehuder Bürgergemeinschaft/Freie Wählergemeinschaft im Schulausschuss.

Copyright © 2025 TAGEBLATT | Weiterverwendung und -verbreitung nur mit Genehmigung.

Die Redaktion empfiehlt
Weitere Artikel