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Abschied

TSchluss mit Party im Irish Pub: Das Fiddlers in Stade schließt

Bei der Arbeit: Kirsten „Kirsche“ Quell im Fiddler’s.

Bei der Arbeit: Kirsten „Kirsche“ Quell im Fiddler’s. Foto: Anping Richter

Eigentlich sind sie und das Fiddler’s Green aus Stade nicht wegzudenken. Trotzdem ist nächstes Jahr Schluss: Nach mehr als 20 Jahren schließt Kirsten „Kirsche“ Quell den Irish Pub im Zeughaus. Weshalb sie ihren Traum aufgibt.

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Von Anping Richter
Dienstag, 05.12.2023, 05:50 Uhr

Stade. Draußen liegt Schnee, aber im Fiddler’s liegen die Steppjacken in Haufen unter den Tischen. Um 22 Uhr am Sonnabend ist jeder Barhocker besetzt, viele Gäste stehen. Die Jungs von Jack & The Daniels auf der Bühne spielen „Wonderwall“ von Oasis, der ganze Laden wippt und singt laut mit: „I said maybe, you’re gonna be the one that saves me...“.

Doch die besungene Rettung ist für den Irish Pub nicht in Sicht. Es wird wohl einer der letzten Auftritte von Jack & the Daniels im Zeughaus gewesen sein: Kirsten Quell, die von allen nur „Kirsche“ genannt wird, hat den Mietvertrag gekündigt. Am 29. Februar 2024 will sie zum letzten Mal öffnen, zum Kneipenquiz, wie immer am Donnerstag.

Vor mehr als 20 Jahren übernahm „Kirsche“ den Pub

Kirsten Quell ist fest entschlossen: „Aber es tut verdammt weh. Ich liebe das ja.“ Sie war 29 Jahre jung, als sie am 16. August 2002 erstmals als Chefin im Pub stand. Wochenlang hatte sie zuvor mit Freunden und Familie den Laden auf Vordermann gebracht. Vorher war sie im Anzeigenverkauf und arbeitete nebenbei im Pub.

Als der Vorbetreiber ihn abgeben wollte, schlug sie zu. „Ich weiß, was viele damals dachten: Ach, Mäuschen, mal sehen, ob du ein halbes Jahr durchhältst.“ Sie hielt durch - und es machte Riesenspaß. Dann kam Corona. Und dann hörten die Probleme nicht mehr auf.

Ein Stück Irland in Stade

„Fiddler’s Green“ - das ist der Himmel der Seefahrer, ein Paradies, in dem immer irgendwo jemand fiedelt, erklärt Quell. Mit irischer Folklore kennt sie sich aus. Sie hat einige irische Mitarbeiter gehabt, wovon die irische Flagge mit den Unterschriften kündet: „Für die war hier ein Stück Irland in Stade.“ Später gingen sie zurück. Kirsten Quell hat sie schon öfter besucht. Sie liebt Irland und ist oft da: „Das wird auch so bleiben.“

Doch mit dem Irish Pub ist Schluss. Mit seiner Atmosphäre und der Patina, die alles hier hat, vom Messing der Zapfanlage bis zu den unzähligen Whiskey-Kartons auf Brettern an den Wänden. Mit den Stamm-Bands Back on Stage und Jack & The Daniels, dem Dudelsackspieler McPete und vielen anderen. Oft sind Truppen aus dem Stadeum im Pub gelandet. Mal die zwölf Tenöre, mal die irischen Tänzer, die den ganzen Laden singend und tanzend aufmischten. „Klar gab es auch mal Stress-Tage. Aber ich war glücklich“, sagt Kirsten Quell.

Harte Pandemie-Jahre und doppelte Schichten

Die Corona-Pandemie war eine enorme Herausforderung. Kirsten Quell verkaufte Krisenshirts, lud zur „After Corona Party“, die stattfinden würde, wenn es wieder möglich war. Die treuen Kunden kauften Eintrittskarten im Voraus. Irgendwie ging es weiter, auch mit staatlichen Corona-Hilfen.

Vor zwei Jahren übernahm sie zusätzlich das Restaurant „Eysten“ auf dem Gelände des Golfclubs Deinste. „Ich dachte, ich könnte mich mehr um Planung und Buchhaltung kümmern und müsste nicht immer selbst im Fiddler’s am Tresen stehen“, sagt sie. Doch sie habe unterschätzt, wie wichtig sie als Ansprechpartnerin vor Ort ist. „Wo ist Kirsche?“ Das fragen viele.

Morgens um 8 Uhr Frühstück im „Eysten“ machen, abends bis 1 Uhr im Pub: So sahen die Tage von Kirsten Quell aus. Der Pferdemarkt wurde immer mehr zum Problem, sagt sie: Die Angst-Atmosphäre dort, die Männer, die keinen Respekt vor Frauen zeigen, auch vor ihr nicht. Dass immer wieder Außenmobiliar beschädigt wird. Dass die Trinker vom Platz den Lieferanteneingang als Klo benutzen. So wie vor Corona, so wie am vergangenen Sonnabend, parallel zum Weihnachtsmarkt, läuft der Laden inzwischen selten. Die Corona-Hilfen soll sie trotzdem zurückzahlen. Jemanden einzustellen, der sie ersetzt, kann sie sich nicht leisten. Irgendwann ist es gekippt, sagt Kirsten Quell. Sie suchte das Gespräch mit ihrer Vermieterin, der Sparkasse Stade-Altes Land. Sie hätte den Laden gerne in andere Hände gegeben: „Für mein Gefühl - und für die Stader.“

Sparkasse will keine Suche nach einer Nachfolgerin

Eine andere Mieterin wollte die Sparkasse allerdings nicht. Derzeit seien sie in Überlegungen für die Nutzung des Gebäudes, teilt Henrik Klinger von der Sparkasse Stade-Altes Land auf Nachfrage mit. Eine Modernisierung des Hauptgebäudes sei geplant, und die Stadt denke an eine Neugestaltung des Pferdemarkts. Laut Pressestelle der Stadt Stade wird das „im Zuge der städtebaulichen Rahmenplanung für das gesamte Sanierungsgebiet beachtet“. Das beinhalte aber noch keine konkrete konzeptionelle Planung.

Dass die Tage des Irish Pubs gezählt sind, kann „Kirsche“ Quell noch immer nicht aussprechen, ohne dass ihr die Tränen kommen. Wenn sich der richtige Ort fände - einer, wo Livemusik gespielt werden darf, einer, der nicht zu teuer, nicht zu groß und nicht zu klein ist - dann wäre ein Irish Pub noch immer ihr Traum. Doch es ist, wie es ist: Am 29. Februar öffnet das Fiddler’s zum letzten Mal. Dann beginnt der Ausverkauf des Inventars.

Bei Livemusik, hier am Sonnabend, 2. Dezember 2023, mit der Band Jack & The Daniels, brummt das Irish Pub.

Bei Livemusik, hier am Sonnabend, 2. Dezember 2023, mit der Band Jack & The Daniels, brummt das Irish Pub. Foto: Anping Richter

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