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Gorch-Fock-Weg

TSchock in Harsefeld: Anwohner sollen Zehntausende Euro zahlen

Manfred Gärtner (links) und Michael Weismöller zeigen den schlechten Zustand des Gorch-Fock-Wegs, für dessen Ausbau sie jetzt 90 Prozent der Kosten zahlen sollen.

Manfred Gärtner (links) und Michael Weismöller zeigen den schlechten Zustand des Gorch-Fock-Wegs, für dessen Ausbau sie jetzt 90 Prozent der Kosten zahlen sollen. Foto: Wisser

Jahrzehntelang war der Gorch-Fock-Weg eine Straße, die von den Anwohnern in Schuss gehalten wurde. Längst hat die Samtgemeinde den Privatweg übernommen, dieser soll nun erschlossen werden. Die Anwohner müssen dafür bezahlen - und zwar nicht wenig.

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Von Miriam Fehlbus,
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Von Karsten Wisser
Mittwoch, 15.11.2023, 05:50 Uhr

Harsefeld. Die Zahlen liegen auf dem Tisch. Die gab es bei einer Anwohnerversammlung im Harsefelder Rathaus, sie waren zugleich ein Schock für einige der Grundbesitzer im Gorch-Fock-Weg.

Die Bilanz: Eine Handvoll Anwohner soll zusammen 150.000 Euro zahlen, um die Straße herzurichten. Zuletzt war über die Schotterstraße der Baustellenverkehr für ein kleines, privat vermarktetes Baugebiet abgewickelt worden. Nun ist der Weg offensichtlich in keinem guten Zustand. Das wirft zusätzliche Fragen auf.

Anwohner klagen: „Das ist unfair“

„Wir haben keine Probleme damit, einen Anteil zu zahlen“, sagt Michael Weismöller, einer der Anwohner der Straße, „aber uns alles zahlen zu lassen, ist unfair.“ Die Anwohner hatten sich in der vergangenen Woche versammelt und den Rat von Fachleuten eingeholt, die in Buxtehude und Stade erfolgreich gegen ähnliche Belastungen gekämpft haben.

André Grote aus Buxtehude, Enrico Bergmann aus Stade (beide FDP) und Edmund Nürnberg von der Initiative für die Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung (Strabs) hatten sich zwei Stunden für die Anwohner des Gorch-Fock-Wegs Zeit genommen.

Strabs wäre besser als diese Ausgangslage

Eine erste Bestandsaufnahme im Gespräch fiel ernüchternd aus. In Harsefeld handelt es sich um einen Erstausbau und damit um ein Bundesgesetz. Die Strabs gibt es in Harsefeld noch. Ihre Anwendung wäre in diesem Fall sogar besser für die betroffenen Anwohner. Sie sollen jetzt 90 Prozent der Kosten tragen, bei der Strabs wären es 60 Prozent gewesen.

Die Vorgeschichte: Der Gorch-Fock-Weg war immer eine Sackgasse und ein Privatweg. Die Häuser sind dort mit einer Ausnahme in den 1960er und 70er Jahren gebaut worden. Die Zufahrt zu den Grundstücken war über Einträge im Grundbuch abgesichert. „Wir haben den Weg 60 Jahre lang selbst in Ordnung gehalten“, sagt Manfred Gärtner.

„Hier konnten die Kinder bedenkenlos auf der Straße spielen“, sagt Michael Weismöller. Durch die Sackgassen-Lage und die große Mosterei am Weg, die dort aber keine Ausfahrt hat, war der Gorch-Fock-Weg lange ein kleines Idyll in Harsefeld.

Baustellenverkehr verursacht Schäden

Das Schicksal der beschaulichen Straße veränderte sich dramatisch, als das dahinter gelegene kleine Baugebiet mit 15.000 Quadratmetern durch einen Investor erschlossen wurde. Ein Großteil des Baustellenverkehrs wurde über diesen Teil des Gorch-Fock-Wegs abgewickelt.

Darüber gibt es einen städtebaulichen Vertrag. Demnach war der Investor dazu verpflichtet, Schäden am Schotterweg immer wieder sofort auszubessern. Das sei auch so geschehen, heißt es aus dem Rathaus.

Privatweg wurde 2019 von der Gemeinde gekauft

Nach drei Jahren sind die Bauarbeiten an den neuen Häusern und dem vom Investor erschlossenen Gebiet bis auf ein paar Restarbeiten beendet. Es könnte wieder ruhig werden im Gorch-Fock-Weg. Aber dann sei die böse Überraschung gekommen, schildern die Anwohner.

Den ehemaligen Privatweg hatte die Gemeinde 2019 übernommen. Aus Sicht der Anwohner, die jetzt zahlen sollen, in keinem guten Zustand. Und sie haben nach eigenen Angaben von dem ganzen Vorgang erst erfahren, als sie Anfang Oktober ins Harsefelder Rathaus eingeladen worden waren und dort mit den Summen konfrontiert wurden. Für die Einzelnen geht es um Beträge von 15.000 bis 50.000 Euro.

Harsefelds Verwaltungschefin Ute Kück (parteilos) hat nach dem offensichtlichen Schock bei den Anwohnern erst einmal die Unterlagen gesichtet. Die politischen Entscheidungen und auch der Kaufvertrag fallen in die Zeit vor ihrem Amtsantritt in Harsefeld.

„Ich bedauere, dass das offensichtlich nicht gut im Vorfeld kommuniziert worden ist“, sagt Ute Kück. Rein rechtlich allerdings sieht sie keine andere Möglichkeit.

150.000 Euro für Asphaltdecke und Co.

Der Privatweg gehörte dem jahrzehntelangen Inhaber der jetzt bebauten Fläche. Dieser wollte weder Weg noch Grundstück in dem Gebiet mit bestehendem Bebauungsplan verkaufen. Die Erben dachten anders darüber.

Die Gemeinde konnte den Weg übernehmen. Hiermit endete nach rund 60 Jahren eine Übergangszeit. Damit überhaupt gebaut werden konnte, hatte sich die Gemeinde einst mit den Grundstücksbesitzern im Gorch-Fock-Weg auf die vorläufige Zahlung von 800 Deutsche Mark für Anschlüsse geeinigt, quasi eine Anzahlung, bis der Endausbau erfolgt.

Es dauerte länger als gedacht. „Aber der Weg war schon immer zu erschließen“, sagt Ute Kück. Sie hat auch nach Fördermöglichkeiten gesucht. Aber: „Wir sind rechtlich dazu verpflichtet, das zu 90 Prozent umzulegen“, sagt sie. Dafür wird der Gorch-Fock-Weg asphaltiert, bekommt Gullys und eine Beleuchtung - eine Aufwertung - aber für die Anwohner auch eine große finanzielle Belastung.

Ausschuss fällt aus

Am Mittwoch, 15. November, wollten die Anwohner des Gorch-Fock-Wegs ihre Fragen eigentlich im Bauausschuss stellen. Die Sitzung im Harsefelder Rathaus mit dem Tagesordnungspunkt „Verkehrsversuch in der Marktstraße“ fällt jedoch kurzfristig aus. Der Vertreter des Planungsbüros, das die Zahlen der wegen Protesten vorzeitig abgebrochenen Maßnahme vorstellen wollte, ist erkrankt. Nächster Termin für den Ausschuss ist nun der 28. November.

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