TSchöngerechnet: A20-Gegner kritisieren Explosion der Baukosten
Die A20 und das Geld: Die Initiativen gegen den Autobahnbau stellen eine Spendendose für Infomaterial auf. Die Kosten für den Autobahnbau werden nun auch offiziell auf 8,5 Milliarden Euro geschätzt. Foto: Klempow
Die A20 wird teurer: Das Verkehrsministerium setzt die Baukosten für die Küstenautobahn auf 8,5 Milliarden Euro hoch. Kritiker wundern sich über den wirtschaftlichen Nutzen.
Gräpel. Die Zahl präsentierte Susanne Grube. Sie ist A20-Expertin im Ehrenamt und Vorsitzende des BUND Ammerland. In Gräpel informierte sie rund 80 Gäste und Mitstreiterinnen und Mitstreiter über den Stand der A20-Planung. Die neuen, offiziellen Kosten von 8,511 Milliarden Euro stammen aus dem Bundesverkehrsministerium, genauer aus dem Bericht über die „Gesamtmittelbedarfe für die Aus- und Neubauvorhaben der geltenden Bedarfspläne von Schiene, Straße und Wasserstraße“ von Anfang Oktober.
Der Bau der A20 von Westerstede bis zum Anschluss an die A23 bei Hohenfelde kostet danach 7,065 Milliarden Euro, dazu kommen die Abschnitte von der A23 bis zum Anschluss in Bad Segeberg - damit liegen die Kosten für die Autobahn in Niedersachsen und Schleswig-Holstein bei insgesamt 8,511 Milliarden Euro.
Kosten und wirtschaftlicher Nutzen wachsen
Im Bundesverkehrswegeplan sei das Projekt noch aus dem Jahr 2016 mit 3,7 Milliarden Euro veranschlagt, so Grube. 2007 lagen die Baukosten bei 1,1 Milliarden Euro. Verwundert zeigte sich Grube, dass trotz der immens gestiegenen Kosten der wirtschaftliche Nutzen sich angeblich verbessert habe.
Autobahnprojekt
Kompromiss zur A20 sorgt nicht nur für Jubel
Laut Presseberichten liege das errechnete Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV) nach Aussagen aus dem Ministerium inzwischen bei 2,9 und damit über dem Wert von 1,9 im Bundesverkehrswegeplan. Bei einem Wert von 1,0 trage sich ein Projekt. Wie der neue und höhere NKV-Wert errechnet wurde, sei aber unklar, so Grube. Das Ministerium von Patrick Schnieder (CDU) habe vage von „aktualisierten Wertansätzen“, einer „vollständig neuen Verkehrsprognose“ und einem „weiterentwickelten Modellinstrumentarium zur Ermittlung der Streckenbelastung“ gesprochen. Die Grundlagen der Berechnung seien bisher nicht veröffentlicht worden „und deshalb auch nicht nachprüfbar“, so Grube.
Studien: A20 rechnet sich nicht
Andere Studien kamen 2024 auf einen NKV-Wert von 1,39 für die A20; unter Berücksichtigung gestiegener CO2-Kostensätze und -Emissionen sogar auf den Wert von -2,09. Eine Studie aus Dresden hatte im März den Wert bei 0,9 gesehen, ohne Klimaschäden einzurechnen. Grubes Fazit: „Der wirtschaftliche Nutzen wird schöngerechnet.“
Die Befürworter der A20 setzen auf wirtschaftliche Impulse. Susanne Grube fasste die Argumente der Initiativen gegen die A20 dazu zusammen: Nur für Einzelne seien betriebswirtschaftliche Vorteile möglich - eine Autobahn sei aber keine Einbahnstraße, die Mobilität funktioniere auch in die andere Richtung. Studien belegten, dass ländliche Räume verlieren und Oberzentren wie Hamburg durch den Autobahnbau gewinnen würden.
Zwei Bauabschnitte sind rechtskräftig genehmigt
Die A20 bei Bad Segeberg darf gebaut werden, ebenso der erste Abschnitt im Ammerland, der die A28 und A29 verbindet. Das ist für die Kritiker kein Grund zu verzagen. „Erst 2 von 18 Abschnitten haben eine rechtskräftige Baugenehmigung“, so Grube: „7 von 18 Bauabschnitten sind noch nicht mal im Verfahren oder die Verfahren ruhen.“ Ein militärischer Nutzen sei an den Haaren herbeigezogen - vor allem mit Blick auf Bauzeit und Fertigstellung.
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Vor allem aber gelte die A20 als klimaschädlichste Autobahn - sie führe zu 48 Prozent über schwierige Böden wie Marsch und Moor, mit unkalkulierbaren Auswirkungen auf Bauzeit und Materialverbrauch wie Sand, so die Kritiker in Gräpel. Im Landkreis Stade führt die Trasse von Behrste über Oldendorf, Burweg, Breitenwisch und Engelschoff bis zum geplanten Kehdinger Kreuz und Elbtunnel bei Drochtersen. „Eine Moorautobahn“, sagt Susanne Grube. Die Autobahn verbrauche 2500 Hektar, der Flächenbedarf für Kompensationsmaßnahmen liegt bei mehr als 4000 Hektar.
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