TSchützenverein Großenwörden weiht und feiert seinen neuen Schatz

Die neue Fahne beschwört nach dem Vorbild der alten „Im Zusammenhalt liegt die Stärke“. Großenwördens Schützenpräsident Dietmar Reimers (rechts) mit der neuen Fahne. Foto: Klempow
Vereinsfahnen sind gut gehütete Schätze. Der Schützenverein Großenwörden schickte seine 70 Jahre alte Fahne in den Ruhestand. Aber wie wird die neue Fahne geweiht?
Großenwörden. Die Stimmung ist famos. Auf der Bühne im Großenwördener Hof sitzt die Blaskapelle und stimmt den gut gefüllten Saal fröhlich auf einen würdevollen Akt ein. Die Fahnenweihe der neuen Vereinsfahne steht an.
70 Jahre lang hatte die grün-weiße Prunkfahne den Schützenverein begleitet. Festumzüge führte sie an, repräsentierte die Großenwördener in der Schützenregion und gab unzähligen Vereinsmitgliedern das letzte Geleit. Sie trotzte Wind und Wetter, nun ist sie zerschlissen, der Seidenstoff ist fadenscheinig und nicht mehr zu reparieren - sie wird im Schießstand hinter Glas in Ehren gehalten werden
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Die alte Fahne kann nicht mehr restauriert werden - zu zerschlissen ist die Seide. Die Schützen werden ihre Fahne hinter Glas in Ehren halten. Foto: Klempow
Das ganze Dorf ist vertreten
„Im Zusammenhalt liegt die Stärke“ - das Motto des Vereins ist auch auf die neue Fahne gestickt und passt aufs Dorf. Alle sind gekommen: Landfrauen, Kirchengemeinde, die freiwillige Feuerwehr, der TSV. Die Fahnenweihe ist ein besonderer Augenblick in der Vereinshistorie und dürfte für die meisten Anwesenden einmalig bleiben, sagt Schützenpräsident Dietmar Riemer. Aber das stimmt so nicht.
Ganz vorn, am Tisch der Großenwördener Damenabteilung, sitzt eine ältere Dame mit umwerfendem Lächeln. Doris Salvers ist 89 Jahre alt - und hat auch schon die erste Fahnenweihe vor 70 Jahren erlebt. „Die war draußen“, erinnert sie sich.
Damen sind seit 1963 im Verein
Nein, im Schützenverein war sie damals nicht. „Wir durften ja nicht“, sagt sie trocken. Erst seit 1963 sind die Damen im Verein. Und wie verlief die erste Fahnenweihe 1954? Doris Salvers‘ Antwort geht in der kraftvoll intonierten „Schützenliesel“ der Blaskapelle Großenwörden unter.
Doris Salvers erlebte schon die erste Fahnenweihe in Großenwörden vor 70 Jahren. Foto: Klempow
Minuten später steht der Saal. Marschklänge, Klatschen - die Fahnen-Abordnungen der befreundeten Vereine marschieren ein, vorweg die Fahne des Bezirksschützenverbands.
Präsident leitet zur Zeremonie über
Früher waren die Fahnen im militärischen Bereich zu finden, sagt Großenwördens Schützenpräsident Dietmar Reimers am Rednerpult. Heute diene die Fahne allein repräsentativen Zwecken. „Es erfüllt uns mit Stolz, der Vereinsfahne gemeinsam zu folgen. Getreu dem Motto ,Im Zusammenhalt liegt unsere Stärke‘“, so Riemer und leitet zur Zeremonie der Fahnenweihe über.
Kommandeur Bernd Stüven sagt an - und die neue Fahne hat ihren großen Auftritt. Fahnenträger Stefan Petersen trägt das neue Prunkstück aus Samt und Seide auf den Saal, flankiert von Ingo König und Johannes Braak. Sie nehmen Aufstellung vor der Bühne. Jetzt übernimmt Jan Steffens. Der Bezirksschützenpräsident bittet die Verbandsfahne dazu - für eine Fahnenweihe braucht es eine geweihte Patenfahne.
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Neue Fahne und Patenfahne verbunden
Die Fahnenträger halten die Fahnen aufgerichtet aneinander. Steffens greift in die Stoffe, hält sie zusammen. Auf dem Saal ist es mucksmäuschenstill. „Als Symbol des Zusammenhalts, der Kameradschaft und der gegenseitigen Achtung im Schützenverein Großenwörden, aber auch in der Gemeinde Großenwörden weihe ich durch Verbindung mit der Standarte des Bezirksschützenverbandes Stade eure neu gestiftete Vereinsfahne.“
Jan Steffens legt für die Weihe die neue Fahne mit der Patenfahne zusammen. Foto: Klempow
Obwohl eine Fahnenweihe ein seltenes Unterfangen ist, agiert Steffens souverän und verbindet den ehrwürdigen Augenblick mit den besten Wünschen für Glück, Frieden und Mut, „um die Aufgaben und Anforderungen der nächsten Jahre und Jahrzehnte erfolgreich zu meistern. Dankeschön.“ Applaus.
Tausende Euros für eine neue Fahne
Für seine erste Weihe-Zeremonie hatte Steffens erst mal ins Internet geguckt - „und kaum was gefunden“, sagt er und grinst. War eine Fahnenweihe früher oft mit einem kirchlichen Segen verbunden, sei das heute anders. Die Fahnenweihe bleibe ein fröhlicher und sehr würdevoller Moment. Nicht zu vergessen, dass eine neue Fahne aus Samt, Seide oder Damast auch richtig teuer ist. 8000 Euro mussten die Großenwördener dafür ausgeben. Steffens wertet das als positives Signal: „Das heißt ja, dass der Verein für die nächsten 50, 60 Jahre plant.“
Das neue Prachtstück ist nun geweiht und bekommt gleich mal einen Eindruck, was für eine Schützenfahne in der Praxis so anliegt. Für ein Foto geht es vor die benachbarte Kirche. Das Motiv der kleineren Standarten ist durch die spezielle Aufhängung an der Stange jederzeit zu sehen.
Die neue Fahne beschwört nach dem Vorbild der alten „Im Zusammenhalt liegt die Stärke“. Großenwördens Schützenpräsident Dietmar Reimers (rechts) mit der neuen Fahne. Foto: Klempow
Fahnenträger mit Übung
Eine Fahne so gesenkt zu halten, dass sie in voller Pracht zu sehen ist, braucht Kraft und Übung. Fahnenträger Petersen ist seit fast 20 Jahren dabei und hat beides. Um beim Gewicht der Fahne gegenzuhalten, knickt er gekonnt minimal in der Hüfte ein. „Ein bisschen schwerer als die alte ist sie schon“, sagt er.
Knapp zehn Kilo wiegt die neue zusammen mit der 2,5 Meter langen Fahnenstange, die er im ledernen Köcher auf Hüfthöhe abstützt. Gefühlt, durch die Höhe, das ständige Ausbalancieren oder im schlimmsten Fall Windstöße, ist sie sehr viel schwerer. Trotzdem erfüllt Petersen sein Amt gerne: „Ist ja ein klein büschen auch eine Ehre.“
Fahnenträger Stefan Petersen balanciert das Gewicht bei Wind gekonnt aus und präsentiert die neue Fahne in ihrer ganzen Pracht. Foto: Klempow
Porsche zieht die Blaskapelle
Vor dem Großenwördener Hof versammeln sich das Schützenvolk und die Abordnungen. Die Blaskapelle sitzt spielbereit auf dem Trecker-Anhänger. Den zieht Helmut Kammann mit seinem knallroten Porsche-Oldtimer. Das musikalische Gespann führt den Umzug mit Pauke und Trompeten an - vorne dabei die just geweihte Fahne. Der Umzug durchs Dorf ist ein Muss.
Die Standarte des Bezirksschützenverbandes fungierte als Patenfahne. Gut zu erkennen ist die spezielle Aufhängung, die dafür sorgt, dass das Motiv auch bei aufrechter Stange - anders als bei Fahnen - jederzeit zu sehen ist. Foto: Klempow

Die Blaskapelle Großenwörden führt den Umzug durchs Dorf an. Foto: Klempow
Zuschuss der Bürgerstiftung und der Gemeinde
Das Team hat Glück, die neue Fahne und alle anderen im Umzug auch - es bleibt trocken. Zurück auf dem Saal gibt es Grußworte und Umschläge. Die Gemeinde hatte die neue Fahne bezuschusst, die Bürgerstiftung der Kreissparkasse auch. Bürgermeister Martin Doerksen wünscht, „dass ihr diese Fahne möglichst häufig stolz und mit Ehre zu schönen Anlässen tragen könnt“.
Erster Fototermin für die neue Fahne der Schützen Großenwörden. Foto: Klempow
Dieser Anlass ist zweifellos schön, Freibier gibt es auch - die Großenwördener gehen in eine lockere Feier mit ihren Gästen über und stimmen sich schon mal auf das Schützenfest am letzten Juniwochenende ein.
Und - wie war denn nun die zweite Weihe im Vergleich zur ersten? Doris Salvers lächelt. „Die erste war nicht so turbulent, weniger pompös, eher so schlicht weg.“ Die zweite Weihe dürfte die erste auch deshalb getoppt haben: Heute ist Doris Salvers schließlich mittenmang dabei - im Kreis ihrer Schützenschwestern.