TSchwangere Pflegekraft in Not – weil das Seniorenheim kein Gehalt zahlt
Sara Tomczyk, Pflegefachkraft aus Nordholz, blickt trotz Krise mit Hoffnung auf das Kommende. Foto: Polgesek
Die schwangere Sara Tomczyk ist verzweifelt. Sie muss um ihr Gehalt kämpfen. Bis zur Schließung hatte sie im Pflegeheim gearbeitet - das sich noch mehr zuschulden kommen ließ.
Cuxhaven. Pflegefachkraft Sara Tomczyk weiß nicht mehr weiter. Ohne den finanziellen Rückhalt ihrer Mutter hätte sich die schwangere Frau nicht einmal einen Kinderwagen leisten können. Der Grund: Ihr ehemaliger Arbeitgeber rückt das Gehalt nicht raus. Tomczyk ist mit dem Problem nicht alleine. Mehrere ehemalige Angestellte des geschlossenen Pflegeheims Ankerplatz kämpfen um die Zahlung ihrer Löhne. Seit Februar haben mehrere von ihnen kein Geld mehr bekommen.
Zuvor hatte Tomczyk eine Kündigung erhalten. Die Entlassung ist aufgrund der Schwangerschaft aber unzulässig. Der Kontakt mit dem einstigen Betreiber der Einrichtung, Martin Alsdorf, scheint eine schwierige Angelegenheit zu sein.
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Bei Tomczyk gibt es schwerwiegende Folgen
Schon im November und Dezember habe Tomczyk deutlich weniger Gehalt bekommen, die Lohnabrechnungen seien dementsprechend fehlerhaft gewesen. Das wiederum könnte eine falsche Berechnung des Elterngeldes nach sich ziehen.
Die 27-Jährige erklärt, sie habe das Geld aus dem vergangenen Jahr mittlerweile über den Gerichtsweg samt Kontopfändung erhalten. Nur so konnte sie im letzten Monat ihre offenen Rechnungen begleichen. Vor einem Jahr hat Tomczyk ein Haus gekauft, wodurch Kreditzahlungen und Renovierungskosten anfallen.
Da Tomczyk wegen der verzögerten Gehaltszahlungen die Kosten für eine Versicherung nicht tragen konnte, wurde sie von dem Versicherungsunternehmen gesperrt. Auf die Gehälter von Februar und März wartet sie noch immer.
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Das Pflegeheim Ankerplatz hatte Ende Februar kurzfristig seine Türen geschlossen. Die Mitarbeiter wurden etwa eine Woche vorher informiert. Zwar wurde für die Bewohner zügig ein neuer Platz in einem anderen Heim gefunden. Die Angestellten warten jedoch teilweise noch heute auf ihr Gehalt oder eine erneute Anstellung in einem der anderen Heime, die Alsdorf betreibt. Dazu gehören zwei Einrichtungen in Döse und Osten.
Als die Schließung bekannt wurde, habe Herr Alsdorf angeboten, die Pflegekräfte weiterhin zu beschäftigen. Diejenigen, die Alsdorf direkt nach der Schließung in einem seiner anderen Heime angestellt hat, sollen ihre Gehälter ordnungsgemäß erhalten haben. Allerdings wurden mehrere Mitarbeiter nicht übernommen.
Geld von Freunden und Familien leihen, um zu überleben
Sara Tomczyk musste sich arbeitslos melden, um weiterhin krankenversichert zu sein. Dabei geht es ihr nicht um das Arbeitslosengeld. „Ich muss irgendwie versichert sein“, sagt sie. Finanzielle Unterstützung hat sie von ihrer Mutter bekommen. „Ohne sie wären wir aufgeschmissen gewesen“, sagt Tomczyk mit zitternder Stimme. Die Schwierigkeiten mit dem ehemaligen Arbeitgeber Alsdorf bestätigen andere Pflegefachkräfte, die im Ankerplatz angestellt waren.
Beispielsweise hat sich die Angehörige eines anderen Betroffenen gemeldet. Sie gibt an, dass die Gehälter mittlerweile durch Drängen und Drohung gezahlt wurden. „Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass das überhaupt nicht geht, was er mit den Menschen abzieht“, fügt sie hinzu. Aus Angst vor Konsequenzen will die Frau ihren Namen nicht nennen.
„Wir mussten von Freunden und Familie Geld leihen, damit wir unsere drei Söhne ernähren konnten“, schildert sie. Aufgrund der ausbleibenden Gehaltszahlungen sei ihr Haus um ein Haar zwangsversteigert worden, da sie die Kredite nicht zahlen konnten.

Leere Stille: Das Pflegeheim Ankerplatz in Sahlenburg steht seit der kurzfristigen Schließung leer. Foto: Potschka
Betreiber Alsdorf reagiert nicht mehr
Im Fall von Sara Tomczyk gab es ein weiteres Problem bezüglich des Beschäftigungsverbots: Dieses hätte der Arbeitgeber angesichts der Schwangerschaft beantragen müssen. Das sei laut Tomczyk ebenfalls nicht rechtzeitig passiert. Hinzu kommt, dass die 27-Jährige bis zuletzt in der Dauernachtwache gearbeitet hat. Laut Gesetz ist das während der Schwangerschaft verboten.
Die werdende Mutter berichtet, dass Alsdorf auf E-Mails gar nicht reagiert. Einschreiben werden nicht angenommen. „Und am Telefon sagte er, er wolle nicht daran erinnert werden.“ Auch auf mehrfache Nachfrage der Nordsee-Zeitung gibt es keine Reaktion.
Tomczyk soll sich mit Pfändungsgeld zufriedengeben
Auf Tomczyks Frage, wie lange sie noch auf das Gehalt von Februar und März warten müsse, habe Alsdorf ihr zuletzt gesagt, sie solle sich mit dem Pfändungsgeld (aus November und Dezember) zufriedengeben. Ein Ende der Forderungen und Klagen ist für Tomczyk bisher also nicht in Sicht. Verhandlungen vor dem Arbeitsgericht hat Tomczyk bereits angestoßen. Auch das Amtsgericht und die Heimaufsicht haben mehrere der ehemaligen Mitarbeiter informiert.
Sara Tomczyk hofft, dass sie nicht mehr allzu lange auf ihr Geld warten muss. Ab nächster Woche ist sie im Mutterschutz.