TSebastian Sieg: AfD-Kandidat will zurück zu Öl, Gas und Atomenergie

Das Foto zeigt Sebastian Sieg beim TAGEBLATT-Talk in Hammah. Der AfD-Politiker aus Drochtersen kandidiert im Wahlkreis Cuxhaven - Stade II für den Deutschen Bundestag. Foto: Martin Elsen
Der Industriemeister Sebastian Sieg aus Drochtersen kandidiert für den Bundestag. Dem TAGEBLATT vertraut er nicht. Wie sich der AfD-Politiker informiert.
Drochtersen. Mit einem Bekenntnis beginnt der Besuch in der Redaktion: Eigentlich habe er mit dem TAGEBLATT nicht sprechen wollen, sagt Sebastian Sieg. Der 40 Jahre alte AfD-Politiker aus Drochtersen kandidiert im Wahlkreis Cuxhaven - Stade II für den Deutschen Bundestag. Er sei aber dem Wunsch seines Kreisvorstands gefolgt. Auf das Angebot eines Kaffees wählt Sebastian Sieg Tee. Während des einstündigen Gesprächs trinkt er Kamillentee.
Seine Skepsis begründet Sebastian Sieg so: Wegen der Berichterstattung in den zurückliegenden Jahren habe er wenig Vertrauen in das TAGEBLATT. Näheres führt er nicht aus. Das soll auch nicht Thema des Gesprächs sein. Vielmehr geht es um eine Annäherung an den Politiker und den Menschen.
Die Skepsis hat möglicherweise mit dem Anlass zu tun, warum Sebastian Sieg im Jahr 2020 in die AfD eingetreten ist. Das waren die Schutzmaßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie. „Man hat uns die Grundrechte eingeschränkt“, sagt er. Er sei erschrocken gewesen, wie schnell das gegangen sei. Die AfD wirft der Bundesregierung vor, völlig übertrieben reagiert zu haben.
Diesen Medien traut der AfD-Kandidat
Wie informiert sich der Politiker Sebastian Sieg? Und welchen Medien vertraut er? Tageszeitungen lese er kaum. Den öffentlich-rechtlichen Sendern ARD und ZDF vertraue er nicht. Eine Informationsquelle seien Sender aus Österreich und der Schweiz. „Die berichten kritischer über die deutsche Bundesregierung“, sagt Sebastian Sieg.
Das Internet sei Tür und Tor zu allen Informationen. Rohe Daten verschaffe er sich dort, also unbearbeitet von Journalisten oder Interessenverbänden. Zum Beispiel von der Bundesnetzagentur. „Ich sehe mir Daten selbst an“, sagt Sebastian Sieg.
TAGEBLATT-Talk
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Der Kehdinger spricht in kurzen Sätzen, nie ausschweifend. Von Beruf ist Sebastian Sieg Industriemeister in der chemischen Industrie. Seinen Arbeitgeber möchte er nicht nennen. Ein Industriemeister leitet eine Produktion und hat Personalverantwortung. Für „einige Dutzend Mitarbeiter“ sei er verantwortlich. Auf Nachfrage beschreibt er seinen Führungsstil als „kooperativ“.
Ausführlicher wird Sebastian Sieg, wenn es um den Zustand der deutschen Industrie geht. Energieversorgung und Wirtschaft - das sind Schwerpunkte seiner politischen Arbeit. Er wird gesprächiger. Man merkt: Der Industriemeister ist in seinem Element.
„Die Energiewende ist gescheitert“, behauptet der AfD-Bundestagskandidat. Ein Industrieland wie Deutschland lasse sich nicht mit der Energie aus Wind und Sonne betreiben.
Zukunft der Dow in Stade ist Wahlkampfthema
Eines seiner Wahlkampfthemen ist die Zukunft des Dow-Werkes in Stade. 1250 Mitarbeiter sind dort beschäftigt. Der US-Chemiekonzern Dow überprüfe seine Standorte - auch Stade, berichteten das TAGEBLATT und andere Medien im vergangenen Jahr. Grund seien laut den Berichten das weltweit schlechte Geschäft mit der Grundchemikalie Polyurethan und das regulatorische Umfeld in Europa. „Wenn die Dow Stade verlässt, wäre das eine Katastrophe“, sagt Sebastian Sieg.
Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) fordert: Die künftige Bundesregierung müsse für eine dauerhafte Senkung der Strompreise sorgen. Wie entwickelt sich der Strompreis in Deutschland? Laut der Strompreisanalyse Dezember 2024 des Bundesverbandes der Strom- und Wasserwirtschaft sinkt er für kleine bis mittlere Industriebetriebe: 2024 ging der Preis um 7,47 Cents pro Kilowattstunde gegenüber dem Mittelwert des vorherigen Jahres zurück.
Dem Standort Deutschland fehle es laut BDI an Klarheit über die künftige Energieversorgung. Wie die Energieversorgung in Deutschland aussehen sollte, dazu hat Sebastian Sieg eine klare Meinung: Aus Erdgas, Kohle, Erdöl, Atom - und aus den sogenannten Erneuerbaren zum Teil. Breit gefächert solle das Energieangebot sein. Windkraftanlagen wolle die AfD nicht in Wäldern - an der Küste schon.

Er möchte die Energiepolitik wieder auf Gas-, AKW- und Kohle-Kurs bringen: Sebastian Sieg, Bundestagskandidat der AfD. Im Hintergrund das stillgelegte AKW Unterweser. Foto: Hansen
Das Erdgas solle Deutschland aus Russland importieren. Die von Russland angegriffene Ukraine erwähnt Sebastian Sieg nicht. Russlands Präsident Putin sei keine Gefahr für Deutschland, zitiert ihn die „Nordsee Zeitung“. Und woher soll das Erdöl kommen? Venezuela habe gewaltige Reserven, antwortet Sebastian Sieg im Gespräch mit dem TAGEBLATT. Der südamerikanische Staat gilt als autoritär. Gleichwohl unterhält Deutschland Handelsbeziehungen mit Venezuela - wenn auch auf niedrigem Niveau.
Sebastian Sieg will Schützenkönig werden
Mit wem fühlt sich der Privatmensch Sebastian Sieg verbunden? Er ist ledig. Auf die Frage nach einem Hobby antwortet er: „Ich habe einen Dackel.“ Wohl fühlt sich Sebastian Sieg im Schützenverein. Er war 1999 Jungschützenkönig und 2014 Bester Mann.
Sein Großvater und sein Vater seien jeweils Schützenkönig gewesen. Wie sie möchte er einmal auf der Königstafel vermerkt sein. Entschlossen verfolgt er das Ziel: „Ich werde auf der Tafel stehen“, kündigt Sebastian Sieg an. „Das wird passieren.“