TSeebäderbrücke in Cuxhaven: Er sagt die Schiffe an

Michael Trull beobachtet den Schiffsverkehr - und versorgt Gäste an der Alten Liebe mit spannenden Informationen über jedes vorbeifahrende Schiff. Foto: Brettschneider
Auf der Seebäderbrücke in Cuxhaven informiert Michael Trull über vorbeifahrende Schiffe. Der frühere Soldat engagiert sich im Schiffsansage-Dienst - und hört dabei auch persönliche Geschichten.
Cuxhaven. Trotz der grauen Wolken und vereinzelten kleinen Regentropfen sind einige Menschen auf der Seebäderbrücke an der Alten Liebe in Cuxhaven. Michael Trull sitzt in einem kleinen, blauen Container direkt auf der Brücke, mit Panorama-Aussicht über das Wasser. Seine Schicht beim Schiffsansage-Dienst hat um 10 Uhr begonnen.
Ein Container mit Aussicht und viel Herz
Vor ihm liegen ein Fernglas und eine Liste mit Informationen, die er vorbereitet hat. „Wenn zwei oder drei Schiffe gleichzeitig kommen, muss man vorbereitet sein“, erklärt er. „Das kann man nicht auf den letzten Drücker machen.“ Und dann kommt auch schon ein Containerschiff vorbei, die „MSC Laura“. Und Michael Trull informiert die Besucher mittels einer Lautsprecheranlage über alles Wissenswerte zu dem Schiff. Neben ihrem Namen gibt es Informationen, wo das Schiff abgelegt hat und wo es hinfährt, wie lang und breit es ist, wie viel Tiefgang es hat und auch wie viele Knoten es fährt. Diese Information „übersetzt“ Michael Trull dann in km/h, damit auch jeder etwas damit anfangen kann, erklärt er. Seine Tür ist dabei immer offen, sodass keine Hemmschwelle entsteht, Fragen zu stellen. Nur wenige Minuten später steckt ein Kurgast seinen Kopf in die Tür und fragt, ob demnächst „etwas vorbei kommt“.
Insgesamt sind 26 Personen, davon drei Frauen, beim Schiffsansage-Dienst tätig. Sie kommen alle aus unterschiedlichen Berufen, aber ihre Liebe zur See verbindet sie alle.
Zurück an der Küste - und mittendrin im Geschehen
Auch Michael Trull hatte schon immer einen Hang zur Seefahrt. Er war als Soldat in Altenwalde stationiert, woher seine Frau auch gebürtig stammt. „In 40 Jahren Ehe ist sie elfmal mit mir umgezogen“, erzählt er lachend, dabei immer die Karte von „MarineTraffic“ im Blick, auf der alle Schiffe zu sehen sind, die demnächst vorbeifahren. Zuletzt war Michael Trull bei der NATO tätig und wurde 2006 pensioniert. Er trat in den Nautischen Verein ein und zog zurück nach Cuxhaven. Beim Ansagedienst ist er seit der ersten Stunde vor 13 Jahren dabei. Die „Schiffsliebe“ zieht sich durch sein ganzes Leben. Gerne ist er mit seiner Frau auf Kreuzfahrtschiffen unterwegs.
Immer in Kontakt mit den Menschen
Im letzten Jahr mussten sie aufgrund von Schäden am Container aussetzen. Dies sei komisch gewesen. Viele Menschen hätten nachgefragt, wann es weitergeht. Dank Sponsoren konnte ein neuer Container aufgestellt werden. „Die Menschen erzählen uns auch persönliche Dinge, warum ihnen diese Ansagen so viel bedeuten“, erzählt Trull. Viele Geschichten würden ihm nahe gehen. „Man hat eine Aufgabe und gibt Menschen etwas und strahlt dabei Fröhlichkeit aus.“ Außerdem halte es seinen Kopf jung. Auch bei Regen oder „tüchtig Wind“ kämen Menschen auf die Brücke. In der Coronazeit hätten alle erlebt, wie es war, in Isolation zu sein. „Wir haben ein Tau an der Tür gezogen, damit die Menschen trotzdem in Kontakt bleiben können“, erklärt Michael Trull.
Schönster Arbeitsplatz mit Aussicht
Obendrein habe er den schönsten Arbeitsplatz mit einer unglaublichen Aussicht. Und dann kommt auch schon das nächste Schiff. Es ist der Halunder Jet, der aus Hamburg kommend einen Stopp in Cuxhaven macht, bevor er weiter nach Helgoland fährt. „Halunder ist ein Dialekt, der auf Helgoland gesprochen wird. Dort gilt er auch als zweite Amtssprache“, erklärt Trull und seine Stimme ist über die Lautsprecher auf der Brücke zu hören. Ein Mann stoppt vor der offenen Tür. Er hatte zuvor aufgrund des leichten Regens unter der Brücke außer Sichtweite gestanden. „Sie machen das ganz toll“, ruft er. „Auch wenn Sie uns nicht immer sehen, wir hören Sie!“