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TSein langer Weg zum Veteranentag: Wie geht es Ex-Soldat Robert Müller?

Robert Müller läuft gerade von Hamburg nach Berlin. 90 bis 100 Kilometer pro Tag hat sich der Stader Ex-Soldat vorgenommen.

Robert Müller läuft gerade von Hamburg nach Berlin. 90 bis 100 Kilometer pro Tag hat sich der Stader Ex-Soldat vorgenommen. Foto: privat

Robert Müller machte die vergessenen Soldaten von Kabul öffentlich sichtbar und kämpfte für Anerkennung. Nun findet der erste Veteranentag statt. Doch der Stader findet kritische Worte.

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Von Karsten Wisser
Samstag, 14.06.2025, 07:50 Uhr

Landkreis. Eigentlich könnte Robert Müller mit sich zufrieden sein. Am Sonntag gibt es den ersten deutschen Veteranentag - und das ist auch sein Verdienst. Der ehemalige Bundeswehrsoldat ging 2009 als Erster mit seinen traumatischen Erlebnissen aus Afghanistan an die Öffentlichkeit. Ein von vielen anderen Medien aufgegriffener TAGEBLATT-Artikel eröffnete damals die bundesweite Diskussion.

Niemand war auf tote Soldaten vorbereitet

„Seitdem hat sich viel getan“, sagt Robert Müller. „Als ich 2009 das Wort Veteran gegoogelt habe, fand ich einen Opel-Club in Mannheim“, sagt er. Weder die Bundeswehr noch die Gesellschaft waren damals auf kriegsähnliche Einsätze, tote, verletzte und traumatisierte Soldaten vorbereitet.

Robert Müller und sein Diensthund Idor in Afghanistan. Der belgische Schäferhund war viele Jahre Begleiter des Soldaten.

Robert Müller und sein Diensthund Idor in Afghanistan. Der belgische Schäferhund war viele Jahre Begleiter des Soldaten. Foto: privat

Müller war drei Mal in Afghanistan. Der Elite-Soldat gehörte damals zum Vorauskommando, das den Einsatz der Bundeswehr nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 auf das World Trade Center vorbereitete. 2002 ging das Entschärfen einer alten sowjetischen Luftabwehrrakete in der Nähe von Kabul schief, fünf Soldaten - zwei deutsche und drei dänische Angehörige der Isaf-Schutztruppe - starben.

Die Folgen der schweren Explosion in Kabul

Acht weitere Soldaten aus Deutschland und Dänemark wurden verletzt, drei von ihnen schwer. Einer von ihnen war Robert Müller. Der 48-Jährige leidet seitdem unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Schlaflosigkeit, Alpträume und Flashbacks sind die Folge.

Robert Müller im Bundestag. Sein Schritt in die Öffentlichkeit führte dazu, dass in Berlin das Einsatzversorgungsgesetz zugunsten der Soldaten geändert wurde.

Robert Müller im Bundestag. Sein Schritt in die Öffentlichkeit führte dazu, dass in Berlin das Einsatzversorgungsgesetz zugunsten der Soldaten geändert wurde. Foto: Wisser

Durch seinen Schritt in die Öffentlichkeit wurde Müller das Gesicht der Kampagne. Gesetze wurden zugunsten der Veteranen geändert. Er war Gast in vielen Talkshows und veröffentlichte das Buch „Soldatenglück“. Müller sagt: „Deutschland hat inzwischen das modernste Einsatzversorgungspaket auf NATO-Ebene.“

Wie geht es Müller heute? „Die Suizidgedanken habe ich hinter mir gelassen und blicke jetzt positiv in die Zukunft“, sagt der Fallschirmjäger.

In Afghanistan starben 60 deutsche Soldaten

Auch im Rahmen der Vorbereitungen auf den ersten Veteranentag am Sonntag stand Robert Müller wieder im Fokus. Der NDR holte ihn auf das rote Sofa und er ist einer der Protagonisten des NDR-Podcasts „Killed in Action: Afghanistan - Mission ohne Ziel“. In Afghanistan starben insgesamt 60 deutsche Soldaten.

Ganz zufrieden ist Robert Müller trotz der Fortschritte aber nicht. „Ich hätte mir einen stärkeren Fokus auf die Einsatzveteranen gewünscht“, sagt er gegenüber dem TAGEBLATT. „Ich verstehe, dass es das Ziel ist, Wertschätzung und Anerkennung in der Gesellschaft für die Soldaten zu steigern. Aber es gibt Unterschiede“, so Müller. Er ärgert sich auch, dass bei der in Stade geplanten Aktion die heimatlichen Einsatzveteranen keine Rolle spielen. Der Veteranentag richtet sich an alle, die in der Bundeswehr waren oder sind.

Elite-Soldat kritisiert neuen Veteranentag

Zum vom Bundestag beschlossenen Veteranentag sind in Stade wie berichtet das Kreisverbindungskommando der Bundeswehr, das Deutsche Rote Kreuz und die Johanniter Unfallhilfe präsent. Vertreter der Organisationen suchen am Sonntag, 15. Juni, in der Zeit von 14 bis 17 Uhr bei Bratwurst und Kaltgetränk in der Stader Altstadt vor dem Schwedenspeicher am Wasser West den Kontakt. Landrat Kai Seefried unterstützt die Aktion. „Zu mir gab es keinen Kontakt. Und es gibt in Stade auch andere Einsatzveteranen, die man hätte fragen können“, sagt Müller hörbar unzufrieden.

Robert Müller zu Gast auf dem roten Sofa im NDR-Fernsehen. Moderator ist Hinnerk Baumgarten.

Robert Müller zu Gast auf dem roten Sofa im NDR-Fernsehen. Moderator ist Hinnerk Baumgarten. Foto: privat

Derweil macht Robert Müller das, was für ihn schon seit vielen Jahren Teil der PTBS-Therapie ist - er läuft. Seit Mittwoch ist er zu Fuß auf dem Weg nach Berlin. Gestartet ist der Ex-Soldat am Landeskommando in Hamburg an der Osdorfer Landstraße. Ziel soll am Sonntag das Veteranendorf am deutschen Reichstag sein. Das ist der zentrale Ort für die Veranstaltung des ersten Nationalen Veteranentags. 4000 Gäste werden dort erwartet.

Laufen als bleibender Teil der Trauma-Therapie

Der Lauf ist als kleines Überlebenstraining geplant. „Ich nehme meinen Schlafsack, mein Handy und zwei Unterhosen mit. Den Rest lasse ich auf mich zukommen“, sagt Robert Müller. Pro Tag will er zwischen 80 und 100 Kilometer schaffen. Am Freitagmittag hatte Müller Havelberg in Brandenburg erreicht. Gut 100 Kilometer vor Berlin.

Der Lauf nach Berlin ist auch die Vorbereitung für die nächste große Herausforderung: In der ersten Juli-Woche will Müller einen Lauf quer durch Deutschland starten. Das sind rund 1100 Kilometer.

Robert Müller ist zweimal beim „Marathon des Sables“ gestartet. Das sind rund 250 Kilometer durch die Wüste bei über 50 Grad.

Robert Müller ist zweimal beim „Marathon des Sables“ gestartet. Das sind rund 250 Kilometer durch die Wüste bei über 50 Grad. Foto: privat

„Ich starte auf der Zugspitze, Ziel ist die deutsch-dänische Grenze“, sagt er. Wie das TAGEBLATT berichtete, ist der Stader schon zwei Mal beim Marathon des Sables gestartet. Das sind rund 250 Kilometer durch die Wüste, bei über 50 Grad. Den ersten Wüsten-Marathon brach er ab, nachdem ein anderer Läufer starb. Beim zweiten Start erreichte er das Ziel. „Ich will dort noch ein drittes Mal starten“, sagt er.

Gemeinsames Drehbuch mit Til Schweiger

Ein anderes Projekt will Robert Müller mit dem Schauspieler und Regisseur Til Schweiger realisieren. „Wir haben gemeinsam an einem Drehbuch zu Veteranen gearbeitet“, sagt Robert Müller.

Der Schauspieler und Regisseur Til Schweiger (rechts) unterstützt seit vielen Jahren Einsatz-Veteranen wie Robert Müller (links).

Der Schauspieler und Regisseur Til Schweiger (rechts) unterstützt seit vielen Jahren Einsatz-Veteranen wie Robert Müller (links). Foto: privat

Der Titel des Films soll „Sandkastenkrieger“ sein. „Ich hoffe, dass wir das Projekt in diesem oder nächstes Jahr umsetzen können.“ Til Schweiger unterstützt die traumatisierten Soldaten seit Jahren.

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