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Abschied vom Rathaus

TSie arbeitete fast 50 Jahre für Nordkehdingen: Was Anke Marx alles erlebte

Anke Marx freut sich auf viel gemeinsame Zeit mit den Enkelinnen Caja und Alva (rechts).

Anke Marx freut sich auf viel gemeinsame Zeit mit den Enkelinnen Caja und Alva (rechts). Foto: Dieckmann

Rattenschwänze zählen und ein unverhofftes Haustier: Fast 30 Jahre war Anke Marx die rechte Hand des Samtgemeindebürgermeisters - und erlebte dabei viel Kurioses. Jetzt geht sie. Und hat viel zu erzählen.

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Von Susanne Helfferich
Donnerstag, 04.01.2024, 09:50 Uhr

Nordkehdingen. Als Anke Marx 1975 ihre Ausbildung zur Verwaltungsangestellten bei der Samtgemeinde Nordkehdingen antrat, war sie noch keine 16. Zur Vertragsunterzeichnung mussten die Eltern mitkommen. Damals hieß sie noch Hamann mit Nachnamen. Danach gings gleich zum Kaufhaus von Bargen. „Ich musste mich neu einkleiden, denn in Jeans durfte ich nicht zur Arbeit kommen“, erinnert sich Anke Marx.

Drei Verwaltungschefs und eine -chefin hat die 64-Jährige erlebt: Alfred Meier (bis 1977), Heinrich Hagedorn (bis 1989), Edgar Goedecke (bis 2020) und aktuell Erika Hatecke. Dreimal musste sie mit der Gemeinde innerhalb Wischhafens umziehen - zuletzt in den Ahornweg - bis sie 1992 ins Freiburger Rathaus wechselte.

Von Schippern, Hunden und Rattenschwänzen

Als Anke Marx ihre Ausbildung begann, spielte die Schifffahrt in Wischhafen noch eine Rolle. Es gab ein Seemannsamt mit Musterungsbehörde. Die Besatzung der Schiffe musste auf Musterrolle und ins Seefahrtbuch eingetragen werden. „Das hat immer Spaß gemacht, mit den Schippern zu klönen. Doch dann gab es immer weniger Schiffe mit Heimathafen Wischhafen, weil die alle ausflaggten.“ 1986 wurde das Amt geschlossen.

Weniger erfreut erinnert sie sich ans Zählen der Rattenschwänze. Da die Ratten den Deich beschädigten, gab es ein Kopfgeld. Montagmorgens seien zum Beweis die Schwänze der erlegten Nager zur Gemeinde gebracht worden. „Einer brachte einen ganzen Karton. Als ich den öffnete, lag da ne ganze Ratte. Ich sollte den Schwanz abschneiden. Da habe ich mich geweigert.“

Jedes Jahr im November mussten die Auszubildenden los, um Hunde zu zählen. „So wurde überprüft, ob alle Hundesteuer zahlen. Manche öffneten aber gar nicht die Tür“, erzählt Marx. Einmal sei ein Bauer aus Neuland zur Gemeinde gekommen, im Arm ein zitterndes, verfilztes und verdrecktes Etwas. „Das hatte er an der Fähre gefunden und wir seien ja schließlich das Fundbüro.“ Als sie das Etwas bei ihrer Mutter in der Badewanne gründlich gewaschen hatte, kam ein weißer Pudel hervor, der fortan zur Familie gehörte.

1992 Umzug in Freiburger Rathaus

Anke Marx stieg auf: Sie qualifizierte sich zur Verwaltungsfachangestellten und war in Wischhafen stellvertretende Gemeindedirektorin. Sie habe immer gerne Kontakt zu den Bürgern gehabt. „Ich kann mich nicht erinnern, jemals etwas Negatives erlebt zu haben“, erzählt Anke Marx. Der Wechsel ins Vorzimmer von Edgar Goedecke im Freiburger Rathaus fiel ihr da schwer.

„Wir kamen anfangs nicht so gut miteinander zurecht“, erzählt Anke Marx offen, „doch wir wurden ein richtig gutes Team, haben uns blind und ohne Worte verstanden.“ Sie war für die Planung der Sitzungen verantwortlich, musste die Einladungen, Tagesordnungen und Protokolle verschicken. Legendär sei die „Mal-eben-Kasse“ gewesen, wenn der Verwaltungschef kurzfristig etwas ändern wollte. „Für jeden Auftrag, den Edgar mit ,mal eben‘ einleitete, zahlte er 50 Cent. Die Kasse war gut gefüllt“, erzählt sie schmunzelnd. Das Geld habe sie dann mit Kollegen verprasst.

Einmal habe sie Mist gebaut. „Da kam Edgar morgens mit hochgezogenen Augenbrauen rein und ging wortlos in sein Büro. Da hatte ich vergessen, zur Ratssitzung am Abend zuvor einzuladen und er saß alleine im Sitzungszimmer.“

Nach 48 Jahren und neun Monaten geht Anke Marx in Ruhestand und hat nun Zeit für Enkelkinder, Kindertheater und Handarbeit. Letzteres ist gut für die Samtgemeinde: Sie wird weiter die Willkommen-Badetücher der neugeborenen Nordkehdinger besticken.

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