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Älteste Bewohnerin

TSigrid Langer feiert in Stade ihren 100. Geburtstag

Sigrid Langer malt fast täglich, nur an ihrem 100. Geburtstag lässt sie den Pinsel ruhen.

Sigrid Langer malt fast täglich, nur an ihrem 100. Geburtstag lässt sie den Pinsel ruhen. Foto: Franziska Felsch

Hochbetagte können viel aus ihrem Leben erzählen. Die Jubilarin möchte statt über ihre Vergangenheit lieber erzählen, wie man gesund bleibt, im Kopf und im Körper. Im DRK-Pflegeheim in Stade erntet die älteste Bewohnerin viel Bewunderung.

Von Franziska Felsch Freitag, 16.08.2024, 09:50 Uhr

Stade. „Wer nicht rastet, der rostet nicht“ - so umgemünzt passt der Spruch hervorragend auf die ehemalige Lehrerin, die großen Wert darauf legt, physisch und psychisch fit zu bleiben. Jeden Vormittag geht sie mindestens eine Stunde draußen spazieren. „Aber im flotten Tempo, sonst bringt das ja nichts“, doziert sie. Wenn das Wetter es zulässt, wiederholt sie ihren Rundgang nachmittags noch einmal.

Jeden Tag Gymnastik

Zusätzlich macht sie täglich diszipliniert Übungen, die sie mal in einer Kur gelernt hat. „Ich bin von meinen Eltern so erzogen, was gemacht werden muss, muss gemacht werden“, sagt die in Riga geborene Wahlstaderin.

Mit ihrer Gymnastik ist sie eisern, bestätigt Heimleiterin Anette Dubbels, die ihre älteste Bewohnerin bewundert für ihren Willen, sich nicht unterkriegen zu lassen. Selbst durch Krankheiten nicht. „Mit 80 habe ich mir einen Tumor im Kopf entfernen lassen, das war - obwohl kritisch - die richtige Entscheidung“, resümiert sie heute. Über ihre Erkrankungen will sie aber gar nicht reden, andere im Haus hätten viel mehr zu leiden. „Wenn ich höre, was einige Mitbewohner haben, sage ich zu mir: Sei zufrieden, dir geht es doch gut.“

Das DRK-Heim, in das sie 2010 mit ihrem Mann zog, hatten sich beide ausgesucht, weil eins der drei Kinder in der Nähe, in Heinbockel, lebt. „Die Sauberkeit und die Freundlichkeit haben uns überzeugt“, erinnert sie sich. Zuerst bewohnte das Paar zwei Zimmer, eins diente als Schlafzimmer, das andere als Wohnstube. Nachdem ihr Partner verstorben war, hat sich Sigrid Langer ihr Zimmer modern, aber dennoch gemütlich mit eigenen Möbeln eingerichtet. Auf dem Balkon stehen mehrere Blumentöpfe. „Ich habe immer zu tun, ich kümmere mich um meine Pflanzen und halte alles ordentlich“, erklärt sie, als sei es das Normalste der Welt.

Seit Jahren gibt sie Migranten Deutschunterricht

Sie kümmere sich aber auch um andere, schiebt die Heimleiterin ein. Lange Zeit hat Sigrid Langer Migranten und ausländischen Mitbewohnern Sprachunterricht gegeben. Noch heute besucht sie ab und an ein ehemaliger Schüler, der dankbar ist, dass er mit Hilfe der pensionierten Lehrerin Deutsch gelernt hat. „Wenn ich sehe, wie sehr sich diese Menschen bemühen, dann muss ich doch helfen“, begründet sie ihr Engagement.

Das ist aber noch längst nicht alles, weiß Anette Dubbels. Sie hat für Kinder in Litauen Kleidung genäht und Spielzeug gekauft. Damit fing sie in Berlin an, wo sie lange gelebt hat. In Stade hat sie die Weihnachts-Schuhkarton-Aktion unterstützt und zwölf Päckchen gepackt.

Schach spielen und Malen gehören zu ihren Hobbys

Spaß macht Sigrid Langer auch das Schachspielen und die Mitarbeit im Heimbeirat. Den ersten Vorsitz hat sie mittlerweile abgegeben, aber als Stellvertreterin ist sie noch aktiv.

Als vor einiger Zeit die Künstlerin Carola Köhler einen Malkurs anbot, hat sie mitgemacht. „Erst fand ich es ungewöhnlich, Stühle zu bemalen, aber dann hat es mich gepackt, man muss sich auch auf was Neues einlassen“, sagt sie und zeigt ihre Mappe mit Bildern und Karten. Einige ihrer Kunstwerke hängen im Spiegelsaal, wo gegessen wird. Leuchttürme und Bauernhäuser gehören zu ihren Motiven, mal Blumen, mal Landschaften. Drei bis vier Tage brauche sie für ein Gemälde. Das Schwierigste sei das Passepartout und der passende Rahmen, aber so schnell gibt es nichts, was Sigrid Langer nicht zu meistern wüsste.

„Ich möchte mit meiner Tätigkeit Vorbild sein, anderen Senioren zeigen, dass man auch im Alter einer sinnvollen Beschäftigung nachgehen kann, von der man profitiert. Aber man muss selbst was tun“, betont sie. Die geistige und körperliche Fitness lange zu erhalten, das sei ihr Ziel und das sollte es für jeden sein. „Dann gibt es für die Nörgler keinen Grund mehr zu meckern“, ist sie sicher.

Ihrem Ehrentag sieht sie gelassen entgegen. „Die veranstalten hier einen Empfang für mich mit dem Bürgermeister.“ Zu den Gratulanten gehören auch ihre drei Kinder, Enkel und Urenkel. Aber nicht alle auf einmal. „Das wäre mir zu viel“, gibt sie zu. Denn auch das könnte ein Wahlspruch der resoluten Hundertjährigen sein: „In der Ruhe liegt die Kraft.“

DRK-Heimleiterin Anette Dubbels freut sich, dass Sigrid Langer sich so wohlfühlt.

DRK-Heimleiterin Anette Dubbels freut sich, dass Sigrid Langer sich so wohlfühlt. Foto: Franziska Felsch

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