TSind Juden beim Deichbrand nicht sicher? Zentralrat warnt vor Besuch

Stein des Anstoßes: Der US-Rapper Macklemore ist Headliner beim Deichbrand-Festival. Seit zehn Jahren werden immer wieder Antisemitismus-Vorwürfe gegen ihn erhoben. Foto: Deichbrand
Auf dem Deichbrand Festival 2025 steht ein umstrittener Headliner auf der Bühne. Der Zentralrat der Juden reagiert.
Der Zentralrat der Juden hat jüdische Besucher vor dem Deichbrand-Festival im Landkreis Cuxhaven gewarnt. „Für jüdische Festivalbesucher ist der Besuch dieser Veranstaltung mit einem solchen Headliner in jedem Fall kein sicherer Ort mehr“, teilte ein Sprecher des Zentralrates der Juden auf Nachfrage der Nordsee-Zeitung mit. Der Zentralrat ist der Dachverband aller jüdischen Gemeinden und deren politische Vertretung.
Wer ist der umstrittene US-Rapper Macklemore?
Mit seiner Kritik bezieht sich der Zentralrat auf den geplanten Auftritt des umstrittenen US-Rappers Macklemore, der im Line-up sogar als Headliner, also als Hauptattraktion, geführt wird. Der 41-Jährige aus Seattle, der mit bürgerlichem Namen Ben Haggerty heißt, sieht sich seit zehn Jahren immer wieder mit Antisemitismus-Vorwürfen konfrontiert.
So war er in der Vergangenheit in einem judenfeindlichen Kostüm inklusive falscher Hakennase bei einem Konzert aufgetreten. Nach heftiger Kritik entschuldigte er sich schließlich für das Kostüm.
Nach dem Terror-Angriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023 entwickelte er sich zu einem Sprachrohr der Anti-Israel-Proteste an US-amerikanischen Universitäten. Zudem veröffentlichte er zuletzt mehrere Songs, in denen er Israel unter anderem „Apartheid“, „Kolonialismus“ und „Völkermord“ vorwirft. Den Terror-Angriff der Hamas als Auslöser des aktuellen Konfliktes thematisiert Macklemore nicht.
In einem Musik-Video des Songs „Fucked up“ wird eine Israel-Karte in den Farben der palästinensischen Fahne gezeigt. Dies kann als Anspielung auf die in Deutschland mittlerweile verbotene Parole „From the river to the sea“ verstanden werden. Damit wird Israel de facto sein Existenzrecht aberkannt. In dem Macklemore Song „Hind‘s-Hall 2“ wird der Slogan im Hintergrund gerufen.

Szene aus dem Macklemore-Video zum Song „Fucked up“: Israel in den Farben der palästinensischen Fahnen. Damit wird dem jüdischen Staat die Existenzberechtigung aberkannt. Die dazugehörige Parole „From the river to the sea“ ist in Deutschland verboten. Foto: Screenshot Macklemore Video/youtube
Ein weiterer Ausschnitt aus dem Video vergleicht den Holocaust mit der Lage im Nahen Osten, in dem ein Foto aus dem Warschauer Ghetto 1943 und ein aktuelles Foto aus dem Westjordanland nebeneinander gezeigt werden. Der Vergleich könnte eine Relativierung des Holocaust darstellen, was in Deutschland verboten ist.
Der Sprecher des Zentralrates der Juden fällt ein eindeutiges Urteil: „Die Rolle, die der Rapper Macklemore in der Anti-Israel-Szene einnimmt, ist jedem bekannt, der sich mit Musik beschäftigt. Es steht auch außer Frage, dass er in seiner Dämonisierung Israels mit eindeutig antisemitischen Motiven arbeitet.“

Szene aus dem Macklemore-Video zum Song „Fucked up“: Fotos von Kindern aus dem Warschauer Ghetto (1943) und dem Westjordanland (2025). Foto: Screenshot: Macklemore Video
Auch über die Verantwortlichen des Deichbrand-Festivals fällt er ein hartes Urteil: „Wenn er im Wissen dieser Verfehlung eingeladen wurde, sagt das umso mehr über die Geisteshaltung der Veranstalter aus. Wenn sie sich nicht richtig informiert haben, sind sie hingegen ihrer Verantwortung nicht nachgekommen.“ Juden könnten sich daher beim Deichbrand nicht sicher fühlen.
Kreis Cuxhaven
T Deichbrand: Wie ein Festival-Besucher zum Lebensretter wurde
„Der Fall des Deichbrand-Festivals zeigt erneut, welch große Verantwortung Veranstalter und Unterstützer von Festivals und anderer Großveranstaltungen haben“, so der Sprecher des Zentralrates.
Deichbrand-Macher legen großen Wert auf „Awareness“
Dabei ist das Deichbrand-Festival eigentlich gerade für sein inklusives Konzept bekannt, in dem viel Wert auf politische Korrektheit und Awareness – also Bewusstsein – gelegt wird.
In ihrem Konzept schreiben die Festival-Macher ausdrücklich: „Wir tolerieren keinen Sexismus, Rassismus, Antisemitismus, Queer- und Transfeindlichkeit, Altersdiskriminierung, Ableismus (Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen) oder jede andere Form von Diskriminierung oder übergriffigem Verhalten.“ Wieso trotzdem ausgerechnet der umstrittene Sänger Macklemore als Headliner eingeladen wurde, ist unklar.
Kontroverse Diskussion um Macklemore-Auftritt in den Sozialen Netzwerken
Auch in den Sozialen Netzwerken des Festivals wird seit Wochen kontrovers über den Auftritt diskutiert. Hier eine Auswahl der kritischen Kommentare: „Spielen noch mehr Antisemiten bei euch dieses Jahr?“, „Macklemore? Ladet doch gleich Hamas-Vertreter ein.“, „Holt ihr euch Hintergrundinfos über manche Leute? Geht’s noch?“, „Ist das euer Ernst? Dem Antisemiten Macklemore auch noch eine Bühne geben?“ oder „Das Schweigen der Verantwortlichen beweist nur, dass es sie nicht juckt.“
Auf einem anderen Internet-Portal schreibt eine Nutzerin: „Das Deichbrand-Festival hat den Holocaust-Relativierer und Antisemiten Macklemore als Hauptakt für dieses Jahr gebucht. Haben die komplett den Verstand verloren?“
Allerdings gibt es auch einige positive Kommentatoren, die sich vor allem mit den Palästinensern solidarisieren. Die Musik von Macklemore wird hingegen nicht thematisiert.
Was sagen die Deichbrand-Macher zu den Vorwürfen?
Auf mehrere Anfragen und Anrufe der Nordsee-Zeitung reagierten die Verantwortlichen des Festivals zunächst mit PR-Phrasen. Ein umfangreicher Fragenkatalog wurde auch nach zwei Tagen nicht beantwortet.
Stattdessen schreibt eine Pressesprecherin in einer Mitteilung: „Wir nehmen die Diskussionen und Rückmeldungen aus unserer Community bezüglich des Auftritts von Macklemore ernst und setzen uns mit den Bedenken auseinander.“
Social-Media-Team reagierte wochenlang nicht auf kritische Kommentare
Allerdings hat das Social-Media-Team von Deichbrand wochenlang nicht auf die extrem kritischen Kommentare einiger Nutzer im Internet reagiert.
Zu Macklemores Werken heißt es seitens Deichbrand: „Diese Aussagen haben unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen und in Teilen zu Vorwürfen geführt. Zugleich hat Macklemore in Interviews und öffentlichen Statements immer wieder betont, wie wichtig ihm künstlerische Freiheit, Frieden und soziale Gerechtigkeit seien.
Macklemore bereits bei Festival in den USA ausgeladen
Ansonsten verweist die Sprecherin auf das Awareness-Konzept des Festivals. Diskriminierung in jeglicher Form, darunter Antisemitismus, hätten bei Deichbrand keinen Platz, betont sie noch einmal.
Im vergangenen Jahr wurde Macklemore bereits von einem Musik-Festival in Las Vegas ausgeladen. Allerdings aus einem völlig anderen Grund: Er hatte sein Heimatland bei einem Auftritt mit den Worten „Fuck America!“ beleidigt.