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TSo würdevoll begleiten diese Tierbestatterinnen Haustiere auf ihrer letzten Reise

Tierfriedhöfe wie diesen in Berlin gibt es im Cuxland bisher noch nicht.

Tierfriedhöfe wie diesen in Berlin gibt es im Cuxland bisher noch nicht. Foto: dpa

Sie lieben Tiere, und sie wissen, wie sich Trauer um Tiere anfühlt. Jetzt haben Nicole Klehm und Meike Röcker in Otterndorf ein Tierbestattungsunternehmen gegründet. Mit einem Service, der weit über die eigentliche Bestattung hinausreicht.

Von Heike Leuschner Montag, 12.08.2024, 08:50 Uhr

Otterndorf. Es ist ein einschneidendes Erlebnis, wenn Menschen sich von ihren lieb gewonnenen Tieren verabschieden müssen. Als Nicole Klehm vor Jahren ihren „Seelengefährten“, einen Berner Sennenhund, einschläfern lassen musste, konnte sie sich nicht vorstellen, ihren Fellfreund anschließend zum Abdecker zu geben oder zu vergraben.

Im Internet stieß sie auf ein Hamburger Tierbestattungsunternehmen, dessen Dienste sie in Anspruch nahm. „Ich dachte, da kommt ein Typ in Jeans und T-Shirt, um meinen Hund ins Tierkrematorium abzuholen. Aber nein, er kam im schwarzen Anzug, mit Krawatte“, erinnert sich Klehm. Sie sei überrascht gewesen, wie pietätvoll der Mann mit ihrem verstorbenen Tier umgegangen sei.

Das erste Tierbestattungsunternehmen im Landkreis Cuxhaven

Meike Röcker rief für ihr verstorbenes Pferd vor anderthalb Jahren in einer Tierbeseitigungsanlage an. „Ich wusste damals nicht, dass es möglich ist, auch Pferde einäschern zu lassen“, erzählt die 31-Jährige. Auch wenn der Abdecker sehr freundlich und rücksichtsvoll gewesen sei – noch einmal würde sie sich dafür nicht entscheiden, ist sich Röcker sicher.

Bislang führen sie ihr Bestattungsinstitut "Tierseelen-Abschiede" zu dritt: Meike Röcker (links), Nicole Klehm und Lou, der schon mal als "Tröstehund" im Einsatz ist.

Bislang führen sie ihr Bestattungsinstitut "Tierseelen-Abschiede" zu dritt: Meike Röcker (links), Nicole Klehm und Lou, der schon mal als "Tröstehund" im Einsatz ist. Foto: Leuschner

Die Liebe zu Tieren hat Klehm und Röcker zusammengebracht. Ihre Pferde und Ponys standen einmal gemeinsam auf einer Weide. Seit Jahren sind die beiden Frauen befreundet. Seit 1. Juli bieten sie unter dem Namen Tierseelen-Abschiede Tierbestattungen in der Region an. Ihr Service mit Sitz in Otterndorf ist das erste im Landkreis Cuxhaven registrierte Unternehmen dieser Art.

Tiere sollen gleiche Verabschiedung bekommen wie Menschen

Als selbstständiger Coach und Trauerrednerin kennt sich Klehm gut aus mit dem Thema Trauer. Bei ihren Gesprächen mit Trauernden werde auch oft der Verlust von Tieren thematisiert, erzählt sie. „In Süddeutschland ist es vollkommen normal, dass es, mal abgesehen von Tierbestattungen, auch Trauerreden und Trauerfeiern für Tiere gibt. Hier bei uns ist das bisher nicht so richtig angekommen.“

Geschäftspartnerin Röcker nickt. „Es wäre schön, wenn Tiere die gleiche Verabschiedung vom Leben bekommen würden wie wir Menschen; wenn es normal wäre, ein Tier zu bestatten“, sagt die 31-Jährige, die neben ihrer Tätigkeit als Pädagogin freiberuflich als Tierkommunikatorin arbeitet.

Frauen bieten helfen beim Loslassen

Motiviert vom eigenen Anspruch wollen die beiden Frauen mehr bieten, als Erdbestattungen oder Einäscherungen zu organisieren. Ihnen ist es wichtig, dass Menschen bereits dann auf sie zukommen können, wenn der Zeitpunkt naht, dass sie ihr Tier gehen lassen müssen. „Wir wollen Halter im Prozess des Loslassens unterstützen“, sagt Klehm. Physisch und psychisch.

Auf den ersten Blick fällt es gar nicht auf, dass es sich bei dem Gefäß um eine Tierurne handelt. Nicole Klehm bewahrt darin die Asche ihres verstorbenen „Seelenhundes“ auf.

Auf den ersten Blick fällt es gar nicht auf, dass es sich bei dem Gefäß um eine Tierurne handelt. Nicole Klehm bewahrt darin die Asche ihres verstorbenen „Seelenhundes“ auf. Foto: Leuschner

Ihr Service beginnt damit, dass sie den Menschen zuhören und auf Wunsch zum Tierarzt, dem letzter Gang, begleiten. „Wir wollen, dass Menschen mit dieser emotionalen Ausnahmesituation nicht alleine nach Hause fahren müssen.“

Einschläfern für manche nur schwer auszuhalten

Aus Erfahrungen anderer Tierbesitzer wissen sie, dass es für einen trauernden Halter traumatisch sein kann, wie routiniert das Einschläfern in einer Tierarztpraxis mitunter abläuft. Sie haben auch Verständnis dafür, dass manche das nur schwer aushalten können. Das Tier in dieser Phase alleine zu lassen, ist für Klehm und Röcker aber keine Option.

Sie finden, dass Halter bis zum letzten Schritt bei ihren Tieren sein sollten. „Wir sind für dich da“, sagen sie ihren Kunden, „aber du bitte für dein Tier. Lass es nicht alleine sterben. Wir stärken dich.“

Öffentliche Ruhestätten in der Region fehlen

Nach dem Tod des Tieres sorgen Klehm und Röcker dafür, dass es vom Tierarzt oder der -klinik würdevoll auf das eigene private Grundstück oder einen Tierfriedhof transportiert wird. Im Cuxland gibt es eine solche öffentliche Ruhestätte für Tiere bislang aber nicht, bedauern sie.

Noch umfangreicher ist ihr Service bei einer Einäscherung. Die Frauen holen das Tier persönlich ab und überführen es ohne Zeitverzug zu ihrem Partnerkrematorium in Blender bei Verden. Dabei tragen sie schwarze Dienstkleidung und verbeugen sich vor dem Tier, ehe sie die Kofferraumtür schließen. Als Ausdruck des Respekts gegenüber dem verstorbenen Tier.

Feuerbestattung findet im Partner-Tierkrematorium statt

Im Tierkrematorium in Blender wird das Tier nach Wunsch einzeln oder mit anderen Tieren kremiert. Bei der Einzelkremierung wird dem Tier ein feuerfester Schamottstein mit einer individuellen Nummer beigelegt, um eine Verwechslung der Asche auszuschließen.

Indem man zuhört, passiert schon ganz viel Heilung.

Nicole Klehm, Tierbestatterin und Trauerrednerin

Bei Pferden übernehme das Partnerunternehmen aufgrund der Größe der Tiere die Überführung des Leichnams selbst, berichtet Klehm. Die Möglichkeit, als Halter mit ins Tierkrematorium zu fahren, gibt es, sei von ihren Kunden bislang aber bisher nicht genutzt worden. Nach der Einäscherung bringen die Tierbestatterinnen die Urne persönlich zu den Haltern. Dabei finde erneut auch eine Trauerbegleitung statt. „Ich frage genauso nach, was passiert ist, als wenn ein Mensch gestorben ist“, sagt Klehm.

Tiertrauerservice steht noch am Anfang

Für solche Gespräche nehme sie sich viel Zeit. „Indem man zuhört, passiert schon ganz viel Heilung.“ In ihren Jahren als Trauerrednerin habe sie es oft erlebt, dass Menschen ein Riesenproblem hatten, sich in ihrer Trauer anderen zuzumuten. „Ich ermutige sie dazu: Mute dich zu, lass die Trauer raus.“

Klehm und Röcker stehen noch am Anfang mit ihrem Tiertrauerservice. Präsenz zeigen sie bislang vor allem mit ihrer Homepage tierseelen-abschiede.de und in den sozialen Netzwerken. Kundengespräche finden hauptsächlich bei den Tierhaltern statt.

Das kostet eine Tierbestattung

Perspektivisch suchen die Frauen aber Geschäftsräume mit Ambiente für ihr Angebot. „Wir würden auch gern Urnen ausstellen und nicht nur Kataloge anbieten können“, sagt Röcker.

Der Service für eine Erdbestattung bei „Tierseelen-Abschiede“ kostet je nach Aufwand 129 oder 179 Euro. Für eine Feuerbestattung berechnen sie je nach Aufwand 199 bzw. 259 Euro; dazu kommen die Kosten, die das Krematorium erhebt. Wer zusätzlich eine Trauerfeier samt Dekoration, Rede und Tierkommunikation in Auftrag gibt, zahlt noch einmal 389 Euro. Letztere sei bislang aber noch nicht gebucht worden. „Wir haben uns bei den Kosten daran orientiert, was wir selbst bereit wären, für einen solchen Service zu bezahlen“, erklärt Klehm.

Tiere einäschern noch unbekannt

Die beiden Frauen sind optimistisch, dass ihr Angebot für Tierbestattungen immer mehr Anklang finden wird. „Viele wissen einfach noch nicht, dass es die Möglichkeit gibt, auch Tiere einäschern zu lassen“, berichtet Röcker.

Bislang fühlen sie mit ihrem Unternehmenskonzept in der richtigen Spur. „Allein in der allerersten Woche hatten wir schon zwei Aufträge“, erzählt Klehm. Nicht von Bekannten, sondern von Menschen, die nach einem Tierbestattungsservice im Internet gesucht hatten. „Mit so einem guten Start hätten wir nie gerechnet.“

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