TSolarparks: Sie vermittelt zwischen Landwirten und Investoren

Katharina Jantzen hat sich beruflich den erneuerbaren Energien verschrieben. Neben ihrer eigenen Firma kaj solar betreut sie als Projektmanagerin auch fremde Solarpark-Projekte - wie hier auf Sardinien. Foto: kaj solar
Auf dem Deich blüht Katharina Jantzen auf. „Ich bin halt durch und durch norddeutsch“, sagt die Unternehmerin. Wie sich Bauern überzeugen lassen und wo es manchmal auch aggressiv zugeht.
Wremen/Dorum. Business-Development, Marketing, Management. Wer sich mit Katharina Jantzen unterhält, spürt schnell, dass die junge Frau in der internationalen Geschäftswelt zu Hause ist. Doch das ist nur die halbe Wahrheit.
Aufgewachsen im Spannungsfeld zwischen Bremerhaven und dem Nordseebad Wremen schlägt das Herz der 33-Jährigen nicht nur fürs urbane Leben in der Stadt, sondern auch fürs Land. Zusammen mit ihrem Faible für erneuerbare Energien hat sie daraus ein Geschäftsfeld entwickelt.
Vor anderthalb Jahren gründet Katharina Jantzen ihr eigenes Unternehmen. Das „Kaj“ im Namen ihrer Firma Kaj Solar GmbH setzt sich aus den Anfangsbuchstaben ihres Namens zusammen. Sie spezialisiert sich auf die Entwicklung von Freiflächen-Solarparks und arbeitet dabei eng mit Landwirten zusammen. Projektinvestoren, das ist ihr wichtig, holt sie so spät wie möglich mit ins Boot.
Ein Werdegang, der zu ihr passt, findet die sympathisch und unprätentiös wirkende Norddeutsche. Geplant hat sie diese Entwicklung aber nicht.

Unternehmerin zwischen den Welten: Noch lieber als in der Stadt ist Unternehmerin Katharina Jantzen an der Nordsee oder ihrem Heimatdeich in Wremen unterwegs. Foto: Leuschner
Nach dem Abitur in Bremerhaven studiert sie zunächst in den Niederlanden „International Business“, verbringt immer wieder Zeit im Ausland, lebt in den USA, Spanien, Kanada, Costa Rica, Hongkong, Neuseeland.
Ihre ersten beruflichen Stationen führen sie als Management Trainee für dreieinhalb Jahre zum Sportartikelhersteller Adidas und danach zum Internet-Möbelhändler Westwing, wo sie einen großen Kundenaquise-Kanal aufbaut.
Ein Berufsstart im Vollgas-Modus. Wie passt das mit der Landwirtschaft zusammen? Jantzen schaut auf ihre Füße, die in zierlichen Stiefeletten stecken. „Ich hab immer auch Gummistiefel im Auto“, sagt sie und lacht. Noch viel mehr betont die gebürtige Bremerhavenerin aber ihre ländlichen Wurzeln. „Ich stamme aus einer landwirtschaftlichen Familie“, erzählt sie bei einer Tasse Kakao in einem Café in Dorum. Hier lebt sie zeitweilig, wenn sie nicht in ihrem zweiten Zuhause, in Hamburg, ist. „Ich brauche die Stadt, vor allem beruflich“, sagt sie, „aber meine Heimat war immer der Deich. Ich bin einfach durch und durch norddeutsch.“
„Früh gelernt, wie man Lebensmittel schätzt“
In Wremen, wo ihre Großeltern einst wirtschafteten, verbrachte sie als Kind ihre Wochenenden, feierte Kindergeburtstage auf Strohballen, spielte im Korn und fuhr auf dem Mähdrescher mit. Mit ihrer Oma habe sie in der Küche gestanden und Obst eingeweckt. „Ich habe früh gelernt, wie man Lebensmittel schätzt, Böden, Fruchtfolgen. Da bekommt man ein Verständnis für die Landwirtschaft, auch ohne selbst Landwirtin zu sein.“ Später wird sie sich daran erinnern. Es ist die Zeit, als sie bei einem Photovoltaik-Entwickler einsteigt. Sie soll die Firma mit aufbauen. Sie lernt den Markt der erneuerbaren Energien kennen. „Dabei habe ich gemerkt, dass mir bei vielen Projektentwicklern die Werte fehlen.“
Jantzen meint vor allem landwirtschaftliche Werte. „Viele Projektentwickler sind sehr finanzgetrieben und oft auch im Besitz von Finanzinvestoren, die gewisse Renditeerwartungen haben.“ Sie vermisst den Bezug zur Landwirtschaft. „Und auch das lokale Denken.“ Es treibt sie so um, dass sie ihr eigenes Unternehmen als Projektentwicklerin von Freiflächen-Photovoltaik gründet. Im Frühjahr 2023, am Geburtstag ihrer Großmutter, ist es so weit. „Die Energiewende kann supergut mit der Landwirtschaft Hand in Hand funktionieren“, ist die junge Unternehmerin überzeugt, „aber nur, wenn man sich die Betriebe wirklich ansieht, ganz individuelle Projekte gestaltet und nicht die Masse zählt.“
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Jantzen ist bundesweit unterwegs; aktuell sei ihre Expertise hauptsächlich in Niedersachsen gefragt. In Stade war sie bereits aktiv. Den Landkreis Cuxhaven und Bremerhaven hat sie noch auf ihrem Wunschzettel. „Ein Heimatprojekt wäre schön.“
Sie spricht mit den Landbesitzern über ertragsschwache Böden, Fruchtfolgen, Flächen, die schlecht zu erreichen und zu bewirtschaften oder vorbelastet sind. Recherchiert in Planungsunterlagen, sucht nach Schnittmengen. Prognostiziert, welche Projektgröße wirklich passt. Es geht um langfristige Investitionen. Ein Windpark wird für 30 Jahre verpachtet.
„Ich bin nicht diejenige, die die höchsten Pachten bietet“
Jantzen berichtet von aggressiver Werbung im PV-Markt. „Es werden extrem hohe Pachten geboten; dann kommt die Baugenehmigung und es heißt: Das können wir doch nicht zahlen.“
Die Gründerin und Geschäftsführerin will es anders machen: „Ich bin nicht unbedingt diejenige, die die höchsten Pachten bietet, lieber solche, von denen ich realistisch weiß, dass sie 30 Jahre halten.“ Es gehe ihr eben nicht nur um Profit, sondern um Planbarkeit für den Landwirt.
Solarparks, davon ist sie überzeugt, können als zweites Standbein funktionieren. „Darauf basierend kann reinvestiert und der Betrieb gestärkt werden. Viele Hofnachfolger wünschen sich mehr Sicherheit, mehr stabiles Einkommen, was in der Landwirtschaft leider schwer planbar ist.“
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Lücke zwischen Landbesitzern und Investoren schließen
Was Jantzen von anderen Projektplanern im Solarparksektor unterscheidet? „Landwirte merken, dass ich sehe, ob wir auf der Geest oder in der Marsch sind.“ Sie bemüht sich um die Balance zwischen Land und Stadt. Dadurch könne sie sowohl mit Landwirten auf Augenhöhe kommunizieren als auch mit Investoren. „Zwischen beiden gibt es eine Riesenlücke, die ich versuche zu schließen.“
Neben ihrer Arbeit als Projektentwicklerin bietet ihr das Projektmanagement als Dienstleistung ein zweites Standbein. Gerade plant sie einen Solarpark auf Sardinien. „So kann ich mir die Unabhängigkeit in eigenen Projekten beibehalten und Investoren so spät wie möglich suchen.“ Wer mit Jantzen spricht, spürt schnell, dass ihr Berufsweg und der erneuerbare Energiemarkt für sie viel mehr ist als Lebensunterhalt. Sie wirbt für mehr Beteiligung und meint damit nicht nur einen finanziellen Nutzen für möglichst viele Menschen.
„Mit Beteiligung meine ich auch das Gespräch in der Planungszeit. Oder in Schulen“, zählt sie auf. Der 33-Jährigen ist es wichtig, Bürgern unterschiedlichen Alters die Möglichkeit zu gewähren, Solarparks zu besichtigen. „Für die junge Generation werden erneuerbare Energien das neue Normal sein.“
Unternehmerin in einer noch männerdominierten Branche
Katharina Jantzen ist eine Frau, die in der Energiebranche Fuß gefasst hat. In einer immer noch von Männern dominierten Welt. „Tatsächlich kenne ich ansonsten keine weiblich gegründete und weiblich geführte Photovoltaik-Entwicklungsfirma“, sagt sie. Weil sie nicht allein bleiben will, engagiert sie sich. Etwa im w.one Netzwerk, das sich dafür einsetzt, mehr Frauen in die Branche und die Führungsebene zu holen.
Außerdem unterstützt sie Aktionen wie „Be ok“, ein Schulprojekt zur Berufsorientierung ohne Klischees im Land Bremen. Sie hält Vorträge, erzählt über Solarenergie und ihren Werdegang. „Auch das ist für mich schon ein Stück Beteiligung.“ Katharina Jantzen möchte erreichen, dass Vorbilder greifbar und nahbar erscheinen. „Wir sehen oft, dass Persönlichkeiten erst ins Rampenlicht kommen, wenn sie es geschafft haben - dann wirkt der Weg so weit.“ Sie selbst zeigt jungen Menschen, dass sie auf dem Weg ist. „Das ist viel näher an denen, die mit den Hufen scharren und sich noch nicht ganz trauen.“