TStader Boxerin kämpft um Olympia: Wie viel sie von der Sporthilfe bekommt

Lena Büchner (Blau) hat noch eine Chance, sich für die Olympischen Spiele in Paris zu qualifizieren. Foto: GB Boxing/Andy Chubb
Lena Büchner vom VTV Assel schuftet täglich für die Olympischen Spiele 2024. Ohne Förderung der Deutschen Sporthilfe wäre der Spitzensport für sie unmöglich. Das System, mit dem Sportler hierzulande unterstützt werden, steht aber auch in der Kritik.
Hannover. Boxerin Lena Büchner vom VTV Assel hat einen Traum: Die 24-Jährige möchte im Sommer bei den Olympischen Spielen in Paris dabei sein. Dafür trainiert die Leichtgewichtlerin, die als fleißig und willensstark gilt, zweimal täglich im Olympiastützpunkt in Hannover.
Vom Boxen kann sie aber nicht leben - und mit einem Vollzeit-Job könnte sie keinen Spitzensport betreiben. Büchner wird daher von der Deutschen Sporthilfe gefördert. Die gemeinnützige Stiftung unterstützt junge Talente sowie aktive Top-Athleten finanziell, materiell und ideell. Sie sollen sich voll auf ihre sportliche Karriere konzentrieren können.
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Ohne Förderung kein Leistungssport
Büchner hat Soziale Arbeit studiert und arbeitet in einer 20-Stunden-Stelle. Der Arbeitgeber unterstützt die Athletin, sodass sie ihr Trainingspensum uneingeschränkt abspulen kann.
Damit sich Büchner finanziell keine Sorgen machen muss, ist sie Teil des Top-Team Future. Sie erhält von der Sporthilfe eine monatliche Grundförderung über 700 Euro sowie 250 Euro für die Altersvorsorge. „Ohne die Förderung könnte ich nicht so intensiv Leistungssport treiben“, sagt Büchner.
Ruf nach finanzieller Absicherung
Trotz solcher Hilfen sieht sich die Deutsche Sporthilfe Kritik ausgesetzt. Die Unterstützung würde nicht reichen, damit sich Sportler finanziell absichern und international konkurrenzfähig sein können.
Die Leichtathleten gelten als Paradebeispiel: Sie fördert die Sporthilfe am stärksten und dennoch haben sie den Anschluss an die Weltspitze verloren. Bei der Leichtathletik-WM im vergangenen Sommer gewann kein Athlet eine Medaille - das gab es noch nie.

Nils Raether: „Das Geld der Sporthilfe ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein, verglichen mit anderen Ländern.“ Foto: Schattke Stade (privat)
„Das Geld der Sporthilfe ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein, verglichen mit anderen Ländern“, sagt Nils Raether. Er unterstützt als Sporthilfe-Kurator seit mehr als 16 Jahren Athleten mit finanziellen Mitteln.
Den Stader Unternehmer begeistert, dass seine Schützlinge einen sportlichen und keinen finanziellen Ansporn haben. Raether: „Für viele sind es der Ehrgeiz, weltweit Wettkämpfe für Deutschland auszutragen und eine Frage der Ehre.“
Es gibt große Unternehmen, hinter denen Milliarden stehen, und wir bekommen nur knapp 30 Millionen zusammen?
Nils Raether
Woher das Geld kommt
Die Deutsche Sporthilfe finanziert sich über Event-, Förder- und Benefizprogramme sowie Spenden und Zuwendungen. Große Förderer sind etwa Mercedes-Benz und die Telekom. Weitere Teile des Geldes kommen aus der Glücksspirale und öffentlichen Mitteln.
Die Gesamterträge beliefen sich 2021 auf 29,2 Millionen Euro. Mehr als 80 Prozent fließen direkt in die Förderung der Athleten, weitere 6 Prozent in deren Betreuung. Die restliche Summe sind Steuern, Verwaltung und Akquisition.
Mit dem Netzwerk der Sporthilfe müsste man viel mehr Gelder generieren, findet Raether. „Es gibt große Unternehmen, hinter denen Milliarden stehen, und wir bekommen nur knapp 30 Millionen zusammen?“ Raether sieht hier einen wichtigen Ansatz, um mehr Gelder zu generieren, befürchtet in der Akquise aber eine gewisse Bequemlichkeit.
Wie man in die Sporthilfe kommt
Die Sporthilfe können Athleten nicht beantragen, sie muss sich verdient werden: Der Kaderstatus wird von den Verbänden verteilt. Deren Gunst müssen sich die Aktiven durch sportliche Erfolge erarbeiten.
Das Problem: „Solange der Verband nicht sagt, dass du sporthilfewürdig bist, musst du viele Investitionen selbst tragen“, so Raether. Und die können, je nach Sportart, schnell im fünfstelligen Bereich liegen. Ohne private Sponsoren ist das kaum zu leisten.
Ist der Buhmann ein anderer?
Raether sagt aber auch deutlich: „Die Sporthilfe wird häufig als Buhmann nach vorn geschoben.“ Büchner: „Eigentlich sollte es so etwas wie die Sporthilfe gar nicht geben müssen.“
Es sei die Politik, die zu wenig Struktur und Geld in den Sport investiere. Der Spitzensport erhielt 2023 Förderungen aus dem Bundesinnenministerium in Höhe von rund 300 Millionen Euro.
Zum Vergleich: Alleine die US-Universität Austin steckt jährlich knapp 200 Millionen Euro in Sportprogramme. Hier wird Sport als Wirtschaftsfaktor gesehen.
Deutschland benötige daher Politiker, die sportaffin seien und das Strukturproblem lösen wollen. „Ansonsten werden wir den Anschluss nicht mehr herstellen“, glaubt Raether.
Sportaffine Entscheider könnten Probleme lösen
Er schlägt vor, sich bei den Wintersportarten etwas abzuschauen. „Die Rahmenbedingungen sind zwar etwas anders, aber: Die mischen in der Weltspitze mit.“
Man könnte Vereinen Gelder zur Verfügung stellen, damit diese Talente erkennen und auf den Punkt vorbereiten. Die Talentförderung dürfe nicht überwiegend privat laufen. Für die bestmögliche Unterstützung werden zudem die besten Trainer benötigt. Diese arbeiten in einigen Sportarten, wie dem Judo, aber in anderen Länder. Dort werden sie angemessener bezahlt.
Vereine müssten auch besser miteinander arbeiten. Raether: „Damit nicht jeder sein Süppchen kocht. Das ist alles ein Strukturproblem.“ Und die Basis dürfe nicht vergessen werden: Schulsport. „Das ist ein ganz wichtiger Schlüssel, um Kinder für den Sport zu motivieren. Und wir müssen Rahmenbedingungen schaffen, sich für einen Sport zu entscheiden, der nicht Fußball oder Handball heißt“, findet Raether.

Im Sommer geht es für die Athleten um diese Medaillen. Foto: Thibault Camus/AP/dpa
Büchner bei Olympia? Schwer, aber nicht unmöglich
Die Eröffnungsfeier in Paris wird Geschichte schreiben. Erstmals findet die Zeremonie nicht in einem Olympiastadion statt. Stattdessen planen die Veranstalter ein einmaliges Event auf der Seine. Ob Lena Büchner am 26. Juli dabei sein darf, entscheidet sich bei einem Quali-Turnier in Bangkok.
Die Wettkämpfe finden vom 23. Mai bis zum 6. Juni statt. „Es wird hart, aber es ist nicht unmöglich“, sagt Büchner. Und wenn es nicht klappt? Dann legt die Kämpferin ihren Fokus auf die Olympischen Spiele 2028 in Los Angeles.