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Wirtschaftstag

TStade: Steile Thesen zur Zukunft der Wirtschaft

Prof. Dr. Nick Lin-Hi: "Ich selbst freue mich auf die Zukunft."

Prof. Dr. Nick Lin-Hi: "Ich selbst freue mich auf die Zukunft." Foto: Sonja Smalian

Ein Hauch der großen weiten Welt in der Kleinstadt: Ein Professor provoziert mit steilen Thesen die Stader Wirtschaftsbosse und blickt in die Zukunft, die offenbar in Stade und anderswo in Deutschland noch nicht so recht stattfinden will.

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Von Lars Strüning
Samstag, 27.04.2024, 07:34 Uhr

Stade. Wir schreiben das Jahr 2044. Junge Menschen benötigen keinen Führerschein mehr, das Auto fährt autonom. Schlüsselbund oder Kreditkarten haben ausgedient, ein Chip in der Hand gilt als Identifizierungssystem. Die in 20 Jahren geborenen Kinder werden 200 Jahre alt. Zu transplantierende Organe werden per 3D-Biodrucker hergestellt. Roboter gehörten zur Familie, Grenzen zwischen Mensch und Maschine verschwimmen.

Diesen Ausblick gab Dr. Nick Lin-Hi, Professor für Wirtschaft und Ethik an der Uni Vechta, nachdem er bekannt hatte: „Ich selbst freue mich auf die Zukunft.“ Ob es allen so geht wie ihm, wagte er zu bezweifeln angesichts eines rasanten Tempos des Wandels in Wirtschaft und Gesellschaft.

Die Deutschen - viel zu skeptisch bei Innovationen

Den 80 Gästen des 19. Stader Wirtschaftstags gab er am Freitagmittag mit auf den Weg, dass sie ihr Unternehmen oder ihre Institution durch Corporate Social Responsibility (CSR) fit machen können für die Zukunft, so lautete ein Teil seines Vortrags im Königsmarcksaal des Stader Rathauses, der die „Unternehmensführung im Zeitalter disruptiven Wandels“ zum Thema hatte. Das klang sperrig, war aber sehr erbaulich.

Lin-Hi hielt den Deutschen vor, bei Innovationen zu skeptisch zu sein, sie teilweise sogar abzulehnen. Was passiert, wenn Unternehmen den technologischen Fortschritt nicht mitgingen, zeigte er an einem Beispiel.

2007 war Nokia mit einem Anteil von 43 Prozent Weltmarktführer bei den Handys. Weil das Unternehmen nicht auf Smartphone umschalten wollte, verlor es rapide und wurde 2015 endgültig geschlossen. Lin-HI: „Das ist das, was passiert, wenn man nicht mit der Zeit geht“, wenn man zu lange am Altbewährten festhält.

Die Deutschen hätten es sich zu bequem gemacht. Technologische Entwicklungen fänden woanders statt, beispielsweise in China. „Uns geht es ein bisschen zu gut, das ist gefährlich“, sagte er.

Wandel geht nur mit den Beschäftigten

Er sagte aber auch, dass viele angestrengte Change-Prozesse im Unternehmen scheiterten, meistens weil die Angestellten nicht stark genug eingebunden würden. Auch das gehört für ihn zu CSR. Das funktioniere nur, wenn Vertrauen da ist - in das Wohlwollen der eigenen Organisation. Daran fehlt es offenbar häufig.

Nicht lügen, nicht betrügen, auf diesen einfachen Nenner brachte Lin-Hi eine Forderung für ein modern geführtes Unternehmen.

Dass zu CRS selbstredend noch mehr gehört, darauf machte Stades stellvertretende Bürgermeisterin Melanie Reinecke in ihrem Grußwort aufmerksam: Da geht es auch um nachhaltiges Wirtschaften und soziales Engagement. Dass das in Stade ausgeprägt sei, davon ist sie überzeugt. Viele Unternehmer sind in Brüderschaften oder Serviceclubs organisiert.

Ist in Stade die kleine Welt noch in Ordnung?

Darauf verwies wiederum Matthias Bunzel als Wirtschaftsförderer der Stadt. In Stade, so die Message, scheint die Welt noch in Ordnung. Zwei Beispiele dazu.

Amir Afschartabbar engagiert sich ehrenamtlich bei Stade aktuell und will mit Einzelhandel, Gastronomen und Dienstleistern die Innenstadt voranbringen. Thomas Pauli von Stade21, sammelt Spenden, um den Sport in der Stadt zu fördern. Und IHK-Chef Christopher von Speßhardt erinnerte daran, dass gerade in einer Hansestadt das Sinnbild des „ehrbaren Kaufmanns“ heute noch gelte.

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