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TSudan, Syrien, Stade: Wie Kirche Kinder aus aller Welt zusammenbringt

Bis zu 20 Kinder kommen jeden Samstag in die Kinderkirche der Markuskirche in Hahle. Auch wenn nicht alle gut Deutsch sprechen, verstehen sie sich bestens.

Bis zu 20 Kinder kommen jeden Samstag in die Kinderkirche der Markuskirche in Hahle. Auch wenn nicht alle gut Deutsch sprechen, verstehen sie sich bestens. Foto: Stehr

Kinder unterschiedlicher Nationen treffen sich samstagmorgens in der Markuskirche. Manche kommen mit leerem Magen, einige sprechen schlecht Deutsch. Ein Besuch in Hahle.

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Von Lena Stehr
Sonntag, 21.12.2025, 07:50 Uhr

Stade. „Möchtest du deinen Kakao warm oder kalt?“, lautet die zentrale Frage am Samstagmorgen im Gemeindehaus der Markuskirche in Stade-Hahle. 20 Kinder, vom Kita- bis zum Teenageralter, warten ungeduldig auf ihr Getränk und freuen sich schon auf die Käse- und Marmeladenbrötchen, die sie gleich zusammen essen. Die drei ehrenamtlichen Betreuerinnen haben alle Hände voll zu tun und brauchen viel Geduld. Auch, weil nicht alle Kinder gut Deutsch verstehen und sprechen.

Kinder von fast allen Kontinenten

Einige von ihnen stammen aus verschiedenen afrikanischen Ländern, andere haben ihre Wurzeln in Brasilien, Kirgisistan, Syrien oder der Ukraine. In Hahle spielt das keine Rolle. Momentan üben alle gemeinsam ein Krippenspiel für Heiligabend ein.

„Kinder brauchen keine Sprache, um sich zu verstehen und Spaß zu haben“, sagt Maryna Moroz. Die 40-Jährige kam 2018 aus der Ukraine nach Deutschland und arbeitet inzwischen als Erzieherin in der Kita Haddorf. Sie hilft in der Kinderkirche und bringt meistens ihre beiden Töchter mit.

Ingrid Meyer (von links), Susanne von Hennig und Maryna Moroz bereiten jeden Samstag in der Markuskirche auch ein kleines Frühstück für die Kinder vor.

Ingrid Meyer (von links), Susanne von Hennig und Maryna Moroz bereiten jeden Samstag in der Markuskirche auch ein kleines Frühstück für die Kinder vor. Foto: Stehr

Ingrid Meyer und Susanne von Hennig haben die Kinderkirche in ihrer jetzigen Form im Januar 2025 ins Leben gerufen. Beide sind über 70 und pensionierte Lehrerinnen. Ingrid Meyer unterrichtete an mehreren Stader Grundschulen, Susanne von Hennig an der BBS III in Stade.

Auf das Frühstück freuen sich alle. Firghan mag gerne Käsebrötchen.

Auf das Frühstück freuen sich alle. Firghan mag gerne Käsebrötchen. Foto: Stehr

Weil manche Kinder mit leerem Magen zur Kinderkirche kommen, schmieren die Frauen immer erst mal Brötchen und rühren Kakao an. Vor dem Frühstück wird das Vaterunser gesprochen. Und alle fassen sich an den Händen und singen ein Willkommenslied. Besonders Esther, Tony und Daniel strahlen um die Wette, wenn sie beim Singen auch tanzen und hüpfen dürfen.

Flucht aus dem Südsudan bis nach Deutschland

Die drei Brüder sind mit ihrer Mutter, Geschwistern sowie der Familie der Tante erst im Februar 2025 nach Deutschland gekommen und leben derzeit in einer Unterkunft in Bützfleth. Vorher waren die Südsudanesen in einem Flüchtlingslager in Kenia untergebracht. Damit sie an der Kinderkirche teilnehmen können, holt Susanne von Hennig die Kinder jeden Samstag aus der Unterkunft ab und bringt sie nach zwei Stunden wieder zurück.

Jaeden, Jana, Janina und Mimi leben dagegen schon lange in Deutschland. Ihre Eltern stammen aus Ghana. Viertklässler Jaeden erzählt beim Frühstück, dass die Menschen in Ghana Weihnachten nachts auf die Straße gehen, um zu singen. „Es wird viel gegessen und alle sind zusammen“, sagt er und beißt in sein Brötchen.

Firghan geht in die zweite Klasse und flüchtete vor drei Jahren mit ihren Eltern und vier Geschwistern aus Syrien. Die Kurdin erzählt, dass ihr Haus schon schön geschmückt ist, mit vielen Lichtern. „An Weihnachten liegen Geschenke unterm Tannenbaum, es wird viel Obst gegessen und wir danken Gott“, sagt das Mädchen.

Zusammen zu sein, ist Weihnachten das Wichtigste

Auch in Kenia danken die Menschen Gott an Weihnachten, erfahren die Kinder in der Frühstücksrunde. Alle singen und essen zusammen. Zusammen zu sein, ist auch in Nigeria das Wichtigste an Weihnachten. Hier gilt außerdem das Motto: Hauptsache bunt.

In Brasilien gehen viele Menschen Weihnachten aus und feiern eine Party unter der Discokugel, sagt Mats. Der Grundschüler ist Deutscher mit südamerikanischen Wurzeln und kommt regelmäßig zusammen mit seinem Zwillingsbruder Linus in die Kinderkirche. „Die ganze Familie geht Weihnachten auch gerne in das beste Restaurant im Ort, es wird viel gegessen und es gibt Geschenke“, sagt Mats.

Maryna Moroz bastelt mit den Kleinen.

Maryna Moroz bastelt mit den Kleinen. Foto: Stehr

Gegessen wird in der Ukraine an Weihnachten auch, Fleisch und Milchprodukte kommen allerdings nicht auf den Tisch. „Wir haben bis zum 1. Januar Fastenzeit“, sagt Maryna Moroz. Der Weihnachtsmann kommt mit den Geschenken erst zum Jahreswechsel. Das hat die Familie in Deutschland so beibehalten.

Die Plauderei beim Frühstück ist beendet. Jetzt wird es ernst. Die Probe fürs Krippenspiel steht an. Das führen die Kinder Heiligabend um 15 Uhr in der Markuskirche auf. Während die älteren Kinder angestrengt ihre Texte üben, dürfen die Kleinen mit Maryna Moroz basteln. Sie spielen Schafe und haben keine Sprechrollen.

Während die Kinder mit Sprechrollen nebenan fürs Krippenspiel üben, dürfen die anderen basteln. Die Kleinen treten an Heiligabend als Schafe auf.

Während die Kinder mit Sprechrollen nebenan fürs Krippenspiel üben, dürfen die anderen basteln. Die Kleinen treten an Heiligabend als Schafe auf. Foto: Stehr

Die Sorge, ob alles klappt, treibt den Ehrenamtlichen Schweißperlen auf die Stirn. Viele Kinder sind nicht textsicher und sprechen zu leise. Zum Glück wissen alle, dass am Ende nur eins zählt: Weihnachten zusammen zu sein.

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