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Saisonbeginn

TTausende Liter Wasser und Kreppband: So entsteht in Harsefeld die Eisfläche

Betriebsleiter Michael Wege vor der fast fertigen Fläche der Eissporthalle Harsefeld.

Betriebsleiter Michael Wege vor der fast fertigen Fläche der Eissporthalle Harsefeld. Foto: Pauline Meyer

Am Sonntag startet in Harsefeld die Eissport-Saison. Wie die Betonfläche in der Halle zur Spiel- und Freizeitfläche wird, erklärt Betriebsleiter Michael Wege.

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Von Pauline Meyer
Samstag, 11.10.2025, 13:00 Uhr

Harsefeld. Spiegelglatt und noch ein wenig feucht glänzt die Eisfläche in der Eissporthalle Harsefeld knapp eine Woche vor der offiziellen Saisoneröffnung. Noch ein paar Schichten fehlen: Dann kann wieder elegant über das Eis geglitten und dem Puck hinterhergejagt werden. Was bis dahin alles getan werden muss, weiß Betriebsleiter Michael Wege.

Grad für Grad unter den Gefrierpunkt

„Man gewöhnt sich an die Kälte“, sagt er lachend. Während die letzten Septemberwochen noch Höchsttemperaturen um die 20 Grad brachten, wurde es in der Eissporthalle Harsefeld immer kälter.

Am Samstag steigt in der Eissporthalle Harsefeld eine Disco On Ice.

Am Samstag steigt in der Eissporthalle Harsefeld eine Disco On Ice. Foto: Pauline Meyer

Zwei Wochen lang dauern die Vorbereitungen insgesamt, rund eine Woche davon kühlt das fünfköpfige Team den Beton Schritt für Schritt herunter. Von 20 Grad auf -10 Grad Celsius muss er gebracht werden. Und das ganz langsam - andernfalls platzt der Beton auf. „Die Betonfläche zieht sich durch die Kälte rund sechs Zentimeter zusammen“, erklärt Michael Wege. „Und wir wollen Risse natürlich vermeiden.“

Betriebsleiter Michael Wege mit zwei Maschinen, die er benötigt, um die Eisfläche in der Eissporthalle Harsefeld herzustellen.

Betriebsleiter Michael Wege mit zwei Maschinen, die er benötigt, um die Eisfläche in der Eissporthalle Harsefeld herzustellen. Foto: Pauline Meyer

Erst wenn die benötigte Temperatur erreicht ist, beginnen Wege und sein Team mit dem Grundeis - der ersten, daumendicken Schicht, die auf die Fläche aufgebracht wird. Das machen sie ganz undiplomatisch mit Schlauch, Gartenspritze und Sprühbalken. Später, wenn mehr Masse benötigt wird, kommt die Eisaufbereitungsmaschine zum Einsatz. Die fasst rund 5500 Liter Wasser und wird im Laufe der Saison auch dafür genutzt, die Fläche glatt zu halten. Kalt bleibts nur unter dem Gerät: „Das Führerhäuschen ist zum Glück beheizt“, so Michael Wege.

Ammoniak lässt Wasser gefrieren

Doch wie wird das aufgetragene Wasser zu Eis? Dafür sorgen rund 20 Kilometer Stahlrohre im Beton, durch die gekühltes Ammoniak fließt, das aus der Kälteanlage im Kälteraum gepumpt wird. „Das funktioniert wie eine umgekehrte Fußbodenheizung“, erklärt Michael Wege.

Mit der aus dem Beton entzogenen Wärme wird dann unter anderem das Duschwasser in den Kabinen erhitzt. Der Überschuss landet im Freibad, damit das verbliebene Wasser nicht allzu sehr zufriert und die Fliesen geschont werden.

Werbung unterm Eis

Nachdem die erste Schicht Eis ausgehärtet ist, verlegt das Team um Michael Wege die Werbung sowie Markierungen für den Sportbetrieb von Eishockey und Eisstockschießen. Auf der befeuchteten Eisfläche werden dafür Kreppbänder verlegt, die dann ganz simpel mit einer weiteren Wasserschicht versiegelt werden.

Bevor am Samstag die Eröffnungsdisco steigt, dürfen die Vereine bereits trainieren. Den ersten sogenannten Kufenstich setzt Marvin Corde von den Oldtimern der Harsefeld Tigers. Er ist nicht nur Eishockeyspieler, sondern auch Teil von Michael Weges Team und hat an der Entstehung der Eisfläche mitgewirkt. In der Mittagspause darf er die Fläche einweihen.

Kann ein neues Kunsteis den Markt revolutionieren?

Aus 72 Kubikmetern Wasser entsteht in der Harsefelder Eissporthalle am Ende eine 1800 Quadratmeter große Eisfläche, rund 3,5 Zentimeter dick. Die muss während der Saison natürlich kühl und glatt gehalten werden. Das bedeutet auch einen hohen Aufwand an Energie- und Wasser. Seit Jahren forschen Wissenschaftler daher an einer Alternative aus Kunsteis. Durchgesetzt hat sich bislang aber keine.

Viktor Meier, CEO von Glice, und Marion Kugler, Wissenschaftlerin des Fraunhofer-Instituts, mit einer Probe eines Glice-Paneels.

Viktor Meier, CEO von Glice, und Marion Kugler, Wissenschaftlerin des Fraunhofer-Instituts, mit einer Probe eines Glice-Paneels. Foto: Glice AG

Doch das könnte sich bald ändern - zumindest wenn es nach den neusten Erkenntnissen des Fraunhofer-Instituts geht. Wissenschaftler der renommierten Forschungseinrichtung haben erstmals bestätigt, dass synthetisches Eis die Gleiteigenschaften von gefrorenem Wasser erreichen kann. Das galt bislang als unmöglich.

Gleiten wie auf echtem Eis

Glice heißt das künstliche Eis des gleichnamigen Schweizer Unternehmens, das echtes Eis ersetzen könnte. Die Glice-Paneele bestehen aus hochwertigen Polymeren, die mit Nanoverbindungen verstärkt sind und ursprünglich für die Raumfahrt entwickelt wurden.

„Mit diesem Durchbruch wird unsere Vision Realität: Nachhaltiges Schlittschuhlaufen weltweit - mit einem Erlebnis, das echtem Eis in nichts nachsteht“, erklärt Viktor Meier, CEO und Mitgründer von Glice.

Das Team von Glice testet die Oberfläche selbst.

Das Team von Glice testet die Oberfläche selbst. Foto: Glice AG

Hauptaugenmerk des Fraunhofer-Instituts lag auf der Gleitfähigkeit des Materials - insbesondere auf den ersten Sekunden des Gleitens. „Der erste Moment ist beim Schlittschuhlaufen besonders kritisch. Ein hoher Anfangswiderstand behindert den sicheren Start ins Gleiten der Eisläufer“, erläutert Projektleiter Prof. Dr. Matthias Scherge vom Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM.

Das synthetische Eis wird am Fraunhofer-Institut auf seine Gleitfähigkeit getestet.

Das synthetische Eis wird am Fraunhofer-Institut auf seine Gleitfähigkeit getestet. Foto: Glice AG

Die Laborergebnisse zeigten einen Reibungskoeffizienten von etwa 0,035. „Zum Vergleich: Bei einem Reibungskoeffizienten von 1 ist Gleiten unmöglich, bei 0,5 fühlt es sich an, als sei Sand gestreut. Erst unter 0,1 setzt Gleitfreude ein - und bei 0,05 beginnt das Vergnügen“, heißt es in einer Mitteilung des Fraunhofer-Instituts, das auch Sportler mit in die Tests einbezogen hat.

Noch kein Thema im Verein der Eismeister

Hinsichtlich Langlebigkeit - pro Seite wird eine Verwendungsdauer von zehn Jahren garantiert - und Nachhaltigkeit, könnte Glice revolutionär sein. Ob sich diese Technik wirklich durchsetzt, bleibt aber abzuwarten.

Michael Wege, der auch Mitglied im Verein der Eismeister ist und sich dort regelmäßig über Neuerungen am Markt austauscht, hat zumindest noch nichts von den wissenschaftlichen Erkenntnissen gehört. Ein Fan von Kunsteis ist er aber nicht. „Bisher gab es bei Kunsteis immer das Problem mit dem Feinstaub“, erklärt er. Zudem sei es beim klassischen Kunsteis erheblich schwerer und anstrengender zu gleiten.

Die neue Saison in der Eissporthalle Harsefeld beginnt am 12. Oktober.

Die neue Saison in der Eissporthalle Harsefeld beginnt am 12. Oktober. Foto: Pauline Meyer

Er könne sich vorstellen, dass Kunsteis im Hobbybereich oder auf Weihnachtsmärkten weiter Verwendung findet. Gerade bei letzterem sei die Kühlung unter freiem Himmel ein massiver Aufwand. Im Sportbereich kann Michael Wege sich nicht vorstellen, dass das echte Eis einmal ersetzt wird. „Man muss natürlich abwarten, was daraus wird“, sagt er und macht sich bereit, die letzte Schicht Wasser auf das Eis zu bringen.

In diesen Tanks befindet sich der Ammoniak, der für die Kühlung der Eisfläche gebraucht wird.

In diesen Tanks befindet sich der Ammoniak, der für die Kühlung der Eisfläche gebraucht wird. Foto: Pauline Meyer

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