TTims Kampf gegen den Krebs: Auf der Suche nach der Normalität

Blick in die Zukunft: Tim wünscht sich jetzt vor allem erst einmal Normalität. Er möchte seine Ausbildung beenden. Die Diagnose Knochenkrebs und die vielen Klinik-Aufenthalte haben ihn schnell erwachsen werden lassen. Foto: Fehlbus
Schulter und Kniegelenk sind durch Prothesen ersetzt. Ein Jahr Chemotherapie liegt hinter Tim Böckmann. Eigentlich soll die Reha der Abschluss sein, aber es kommt anders.
Brest. Seit der Diagnose Knochenkrebs im Herbst 2023 ist viel passiert. Tim Böckmann hat zwei Operationen, bei denen Schulter und Kniegelenk durch Prothesen ersetzt wurden, hinter sich. Dazu kam eine von Chemotherapie geprägte Zeit. Was sich der 19-Jährige jetzt vor allem wünscht, ist Gesundheit, ein Körper ohne Krebs und dass sein Leben vom Ausnahmezustand in die Normalität zurückkehrt.
Familie und Freunde sind in so einer Zeit wichtig
Ein paar Mal hat es schon geklappt, kurz den Kopf freizubekommen. Manch kleine Feier hat dazu beigetragen. „Familie und Freunde sind in so einer Zeit wichtig“, sagt Tim Böckmann und freut sich, wenn seine Freunde die Unsicherheit, wie sie auf seine Krebserkrankung reagieren sollen, überwinden können. Wenn sie einfach so mit ihm reden wie früher. Der junge Mann aus Brest weiß, dass das nicht selbstverständlich ist.
Immer Angst, dass am Knochen etwas kaputtgeht
Vor einem Jahr im Februar, als Tim Böckmann von den beiden großen Operationen aus dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf nach Hause kommt, kann er nicht laufen. Das Knie darf nicht bewegt werden, die Schulter hält noch keine Krücke. „Ich hatte immer Angst, dass etwas kaputtgeht“, sagt Tim Böckmann. Auch als es heißt, er dürfe aufstehen, ruft er zuerst bei seinem behandelnden Arzt Dr. Matthias Priemel an. Der gibt grünes Licht.
Die Erfüllung eines PS-starken Traums
Es ist Ostern 2024, als es Tim Böckmann das erste Mal wieder die Treppe hoch ins Zimmer schafft. Vorher hat er im Wohnzimmer geschlafen. Erleichtert lässt er sich in sein Bett fallen. Wieder einen Kampf gewonnen. Drei Wochen nach Ostern sitzt er zum ersten Mal nach der OP auf einem Trecker. Das fühlt sich gut an.
Seltene Krankheit
T Tims Kampf gegen den Krebs: Knie und Schulter müssen raus
Jede Planung des Lebenswegs kann plötzlich über den Haufen geworfen werden. „Wir sollten keinen unserer Träume aufschieben“ - dieser Aussage lässt Tim Böckmann Taten folgen. Gemeinsam mit seinem 22 Jahre alten Bruder Jonas kauft er sich einen roten Trecker.

Hier sind die letzten anderthalb Jahre schnell vergessen: Tim und sein Bruder Jonas Böckmann haben sich gemeinsam einen Wunsch erfüllt und einen Trecker gekauft. Foto: Fehlbus
Es ist ein 45 Jahre alter Schlepper der Marke IHC 844 mit 80 PS. Wenn Zeit ist, fahren die Brüder und Freunde damit los, holen Holz, machen „Ortskontrollfahrten“, kurz OKF. Humorvoll werden so auf dem Dorf Touren bezeichnet, die nicht immer ein klares Ziel haben.
„Der Trecker ist mein bester Psychologe“
Wenn Tim Böckmann oben auf dem Trecker sitzt, ist die Welt in Ordnung. „Der Trecker ist mein bester Psychologe“, sagt er. Denn manchmal kommt sie, die Frage: Warum ich? Eine Antwort darauf wird Tim Böckmann nicht bekommen, es gibt keine Vorerkrankungen, keine Erklärung dafür, warum er synchron an zwei Stellen ein Osteosarkom hat. So bleibt ihm nur: „Ich muss nur da durch und am Ende die Reha schaffen, aufgeben ist keine Option.“
Die Reha in Bad Oexen soll der Schlusspunkt sein
Die Chemo geht monatelang weiter, mit zum Teil heftigen Nebenwirkungen. Im vergangenen September sind die Nierenwerte endgültig zu schlecht, um die Therapie fortzusetzen. Zwei Zyklen sind noch geplant. „Es müssten aber insgesamt genügend gewesen sein“, sagen ihm die Ärzte aus der Onkologie. Wenige Wochen nach der letzten Chemo kommen die Haare und auch die Energie wieder. Im vergangenen Oktober geht Tim Böckmann wieder zur Berufsschule.
Für diesen Februar ist die Reha in Bad Oexen angesetzt. Endlich, der ersehnte Schlusspunkt. Die Klinik für onkologische Rehabilitation und Anschlussrehabilitation ist auf Jugendliche und junge Erwachsene spezialisiert.
Kontroll-CT: Wieder eine Schocknachricht
Nur wenige Wochen, bevor es losgehen soll, kommt wieder eine Schocknachricht: Die Ärzte finden bei einem Kontroll-CT auf der Lunge etwas, das wie eine Metastase aussieht. Die Reha wird erst einmal abgesagt. Wieder geht es nach Eppendorf, wieder reagieren die Ärzte schnell und es wird innerhalb kürzester Zeit operiert. Ein Stück der Lunge muss raus.
Wenn meine Eltern und mein Bruder nicht immer so für mich da gewesen wären, ich weiß nicht, ob ich‘s geschafft hätte.
Tim Böckmann
Die Operation verläuft ohne Komplikationen. Die Ärzte können alles entfernen. „Ich hatte keine Angst vor der OP“, sagt Tim Böckmann. Die Eltern Nicole und Horst Böckmann sind wieder jeden Tag am Bett ihres Sohnes, bringen selbst gekochtes Essen ins UKE. „Wenn meine Eltern und mein Bruder nicht immer so für mich da gewesen wären, ich weiß nicht, ob ich‘s geschafft hätte“, sagt er. Nach einer Woche geht es nach Hause, krebsfrei.
Ausbildung als Zimmermann beenden
Wie es weitergeht, steht noch nicht fest. Wenn es nach Tim Böckmann geht, wird er schnell sein drittes Ausbildungsjahr als Zimmermann wiederholen. Drei Wochen war das Abschlussjahr mit der geplanten Prüfung zum Gesellen gerade alt, als die Diagnose kam. Seitdem ist viel passiert, aber der 19-Jährige kann dank der modernen Operationstechniken und der Ärzte laufen, die Schulter bewegen und ist voller Hoffnung. „Wenn es gut läuft, könnte ich nächstes Jahr die Prüfung machen“, sagt er. Arbeiten, das wäre endlich wieder echte Normalität.

Blick in die Zukunft: Tim wünscht sich jetzt vor allem erst einmal Normalität. Er möchte seine Ausbildung beenden. Die Diagnose Knochenkrebs und die vielen Klinik-Aufenthalte haben ihn schnell erwachsen werden lassen. Foto: Fehlbus