Zähl Pixel
Handwerk

TKlintworth-Brüder aus Helmste mit Händchen für Möbel und Särge

Können Möbel und Einrichtungen, aber auch Särge und Urnen: Nils (links) und Thilo Klintworth sind leidenschaftlich gerne Tischler und Bestatter.

Können Möbel und Einrichtungen, aber auch Särge und Urnen: Nils (links) und Thilo Klintworth sind leidenschaftlich gerne Tischler und Bestatter. Foto: Bisping

Nils und Thilo Klintworth sind Tischler aus Leidenschaft. Die Brüder verdienen ihr Geld auch mit Beerdigungen. Wie passt das zusammen?

author
Von Alexandra Bisping
Dienstag, 17.12.2024, 18:15 Uhr

Helmste. Sauber aufgestapelt liegen sie im Erdgeschoss, die einzelnen Stücke der Golfbahnen, produziert für einen Indoor-Themen-Golfpark. „Schon abgespaced“, kommentiert Nils Klintworth ihre Arbeit. „Hat aber nichts mehr mit Möbeln zu tun.“ Das Projekt mit den vielen verschiedenen Materialeigenschaften fanden die kreativen Brüder interessant - und haben es einfach umgesetzt.

In ihrem Familienbetrieb bauen Thilo (links) und Nils Klintworth auf Wunsch auch schwarzrote Golfbahnen.

In ihrem Familienbetrieb bauen Thilo (links) und Nils Klintworth auf Wunsch auch schwarzrote Golfbahnen. Foto: Bisping

Für neue Ideen sind Nils und Thilo Klintworth aus Helmste immer zu haben. Am 1. Januar haben sie die 1896 gegründete Tischlerei von ihrem Vater Jörg Klintworth komplett übernommen, als inzwischen fünfte Generation.

Nur zertifiziertes Holz kommt bei den Brüdern infrage

Die Bereiche in ihrem Job haben sie aufgeteilt. Thilo Klintworth, 37, macht Möbel und Innenausbau, auch für Praxen und Apotheken. „Eigentlich alles, was gewünscht wird“, sagt er. Nils Klintworth, 39, ist unter anderem für Fenster, Außentüren, Rollläden zuständig. „Alles - außer Böden und Treppen“, sagt er.

Lesen Sie auch

Eigene Möbel fürs Zuhause bauen sie selbst, „zu 85 Prozent“, schätzt Thilo Klintworth. Zu einem schwedischen Möbelhaus haben sie eine klare Meinung, die über die bessere Qualität ihrer eigenen Produkte hinausgeht. Nils Klintworth spricht vom CO2-Fußabdruck - „die holzen weg ohne Ende“, sagt er.

Mit modernen Maschinen wird das Holz weiterverarbeitet.

Mit modernen Maschinen wird das Holz weiterverarbeitet. Foto: Bisping

In der Klintworth’schen Werkstatt wird nicht jedes Holz verarbeitet. Dort landet nur FSC-zertifiziertes Holz aus nachhaltiger Waldwirtschaft. Beide Klintworth-Brüder sind im Betrieb aktiv „und nicht nur Chefs“, alles auf Augenhöhe.

Passende Azubis finden? Ein Problem

Zwei Gesellen und ein Azubi sind in der Tischlerei tätig. In der letzten Zeit habe sich das Thema Azubi problematisch gestaltet. Drei Jahre hintereinander habe es nicht geklappt - es müsse von beiden Seiten passen. Thilo Klintworth sagt dazu: „Wir sind an einem Punkt, an dem wir sagen, wenn wir keine Leute bekommen, machen wir es am besten selbst.“

In der Tischlerei Jörg Klintworth kann Weihnachten kommen.

In der Tischlerei Jörg Klintworth kann Weihnachten kommen. Foto: Bisping

„Wir machen vieles möglich“, ergänzt Nils Klintworth. „Aber wenn das alles nicht so ist, wie es im Vorstellungsgespräch verkauft wurde, ist es schwierig.“ Dabei war laut Statista mit circa 17.800 Lehrlingen im Jahr 2023 der Beruf des Tischlers unter den Top Fünf der beliebtesten Ausbildungsberufe im Handwerk in Deutschland - bei deutschlandweit ungefähr 36.070 Betrieben.

Bei einigen jungen Leuten, so die Erfahrung der Brüder, habe sich die Arbeitsmoral im Gegensatz zu früher sehr verschoben. Und Nils und Thilo Klintworth brauchen Leute, die anpacken. Denn sie fahren beruflich zweigleisig, sind nicht nur begeisterte Tischler, sondern auch Bestatter.

Zu früheren Zeiten sei das nicht unüblich gewesen, erklären sie. Der Tischler habe damals auch die Särge gefertigt, da war es also naheliegend. Als sie den Betrieb übernahmen, war klar: Auch diesen Zweig wollen sie weiterführen.

Die eigene Bestattung bei klarem Verstand organisieren

Bei Bestattungen bieten die Klintworths außer Särgen oder Urnen alles an, was davor passiert, das erste Trauergespräch, Musikauswahl, Sterbeurkunde, aber auch das Schlussgespräch, Organisatorisches. Vorsorglich alles regeln bei klarem Verstand, so ihre Empfehlung. Den Angehörigen bleibe, Blumen und Grabstein auszusuchen und den Pastor.

Das Anzugtragen habe er dabei abgelegt, erklärt Thilo Klintworth. „Ein schwarzer Anzug verschreckt die Angehörigen häufig, ich trage ganz normale Alltagskleidung. Es gebe Lob und viel Zuspruch seitens der Angehörigen, sagt er. „Es kommt beim Schlussgespräch auch vor, dass ich in den Arm genommen werde, das zeigt: Man macht irgendwas richtig.“

Der Publikumspreis - eine große Überraschung

Das muss so sein, denn viel Zuspruch gab es auch, als den Klintworths der Publikumspreis bei der Verleihung des Gründerstars übergeben wurde. Der kam überraschend - sie seien ja nicht „superfrisch, sondern schon lange am Markt“, sagt Thilo Klintworth. „Wir haben den Betrieb nur übernommen“, ergänzt sein Bruder, das sei allerdings auch nicht mehr so häufig.

Die Brüder hatten ihr Portfolio abgegeben, aber nicht ernsthaft mit einem Preis gerechnet. „Es gibt auch andere tolle Firmen.“ Dann seien sie doch nervös geworden, die Freude war danach umso größer. „War schön“, sagt Thilo Klintworth.

Die Brüder Klintworth über Konstruktionsplänen einer großen Gebäudeanlage.

Die Brüder Klintworth über Konstruktionsplänen einer großen Gebäudeanlage. Foto: Bisping

Was sie sich für die Zukunft wünschen? „Wir wollen irgendwann Maschinen erneuern und ins Digitale hineingehen.“ Und wieder mehr Zeit für die Familie - bei Sieben-Tage-Wochen bleibe oft wenig übrig.

Weitere Artikel