TTodesnachricht überbringen: So werden Polizisten auf diese schwierige Aufgabe vorbereitet

Als goldene Regel für das Überbringen von Todesnachrichten lernen Polizisten, sich in ihr Gegenüber hineinzuversetzen. Foto: Bundespolizei
Bei Verbrechen oder Unfällen steht sie den Bürgern tagtäglich zur Seite: die Polizei. Außerdem müssen die Beamten Todesnachrichten an Angehörige überbringen, in Niedersachsen bis zu 70-mal pro Tag. Wie lernen Polizisten, diese schwierige Aufgabe zu meistern?
Landkreis. Die Polizei ist rund um die Uhr im Einsatz, um Bürgern zu helfen. Doch auch der Tod gehört zum Alltag vieler Beamter. So zählt das Überbringen von Todesnachrichten an Angehörige wohl zu den schwierigsten Aufgaben im Berufsleben der Polizisten. Doch wie werden sie auf diese Aufgabe vorbereitet und wie findet man die richtige Balance zwischen Professionalität und Mitgefühl?
Zugunglück von Eschede war der Ausgangspunkt
Genau hierfür ist Torsten Thiel zuständig. Der Diplom-Theologe arbeitet seit 1997 als Landespolizeiseelsorger für die Katholische Polizeiseelsorge Niedersachsen. Das ökumenische Projekt widmet sich Frauen und Männern der Polizei, die Begleitung und Hilfestellung nach belastenden Einsätzen brauchen. Ins Leben gerufen wurde die Polizeiseelsorge in Niedersachsen nach dem schweren Zugunglück am 3. Juni 1998 in Eschede. Zusätzlich lehrt Thiel an Standorten der Polizeiakademie Niedersachsen das Fach Berufsethik, um junge Polizeikräfte für den Umgang mit Todesnachrichten zu sensibilisieren.
„Mir ist es wichtig, den Beamten die wichtigsten Grundhaltungen zum Umgang mit jeglichen Situationen zu vermitteln“, sagt Thiel. Neben der Theorie setzt Thiel hierbei vor allem auf praktisches Ausprobieren. „Mit meinen Studierenden übe ich immer in zwei Gruppen, die sich jeweils mit einem schweren Verkehrsunfall auseinandersetzen.“ Denn entscheidend sei immer, dass sich die Polizisten darauf vorbereiten, was sie konkret an der Haustür zu den Angehörigen sagen.

Die Polizeiseelsorge begleitet Beamte bei belastenden Einsätzen, hier etwa bei der Gedenkfeier zur Loveparade-Katastrophe 2011 in Duisburg. Foto: dpa
„Hier gibt es drei wichtige Sätze: Einer an der Haustür, dann die eigentliche Botschaft und zuletzt der Satz vor dem Gehen“, erklärt Thiel. Generell müsse sich ein Polizeibeamter jedoch in Zurückhaltung üben, was vielen anfangs besonders schwerfalle. „Polizeibeamte sind es gewohnt, immer aktiv etwas zu tun“, sagt Thiel. „Bei der Überbringung einer Todesnachricht ist es jedoch viel wichtiger, auf die Angehörigen zu reagieren und auch mal Stille aushalten zu können.“ Auch wisse man als Beamter nie, wie die Angehörigen die Nachricht aufnehmen. „Einige erstarren regelrecht, andere haben starke Gefühlsausbrüche.“ Als Polizeibeamter sei man zwar immer professionell, aber man werde auch als Mitmensch gefordert, weshalb Todesnachrichten auch nur persönlich überbracht werden dürfen. „Und die Beamten sollen sich so viel Zeit dafür nehmen wie die Angehörigen brauchen“, sagt Thiel.
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Tod spielt wichtige Rolle in der Ausbildung
Kathrin Schmitt ist Polizeistudentin aus Hamburg. „Wir durchlaufen ein Psychologie-Seminar, in dem wir uns mit den theoretischen Grundlagen für das Überbringen von Todesnachrichten beschäftigen“, sagt sie. So sei es beispielsweise wichtig, sich immer auf die Fakten zu berufen und den Betroffenen keine leeren Versprechungen zu machen. Vor ihrem Studium habe sich die 32-Jährige zunächst nicht mit diesem fordernden Thema auseinandergesetzt. „Im Laufe des Studiums wurde mir jedoch deutlich, dass das Überbringen von Todesnachrichten auch zu den Aufgaben der Polizei zählt und wie wichtig es ist, sich gut darauf vorzubereiten“, sagt Kathrin Schmitt.
Für den Fall, dass sie im Anschluss selbst jemanden zum Reden bräuchte, gibt es das sogenannte Peers-Programm - erfahrene Polizeibeamte, die speziell für Kollegen in psychisch stressigen Einsätzen ausgebildet sind und diese beraten. „Dadurch hatte ich von Anfang an das Gefühl, sehr gut auf diese Situationen vorbereitet zu werden“, sagt die Studentin.
Angehörige sollen schnell informiert werden
Todesnachrichten sollen laut Thiel nie allein überbracht werden. „Es sollten wenn möglich zwei Personen vor Ort sein, eine davon idealerweise von der Notfallseelsorge oder Krisenintervention.“ Das bestätigt auch Rainer Bohmbach, Sprecher der Polizeidirektion Stade. „Wir legen Wert darauf, dass Angehörige möglichst schnell informiert werden“. Auch sei es der Polizeidirektion Stade wichtig, dass Medienschaffende mit der Veröffentlichung von Unfallberichten warten, bis die Nachricht überbracht wurde. „Angehörige sollten keinesfalls über eine Online-Meldung oder Social Media von einer derartigen tragischen Konsequenz erfahren“, sagt Bohmbach.