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Schaulustige

TTödlicher Unfall in Harsefeld: Sensationsgier verärgert Rettungskräfte

Ankunft am Unfallort: Jede Hand wird in der Notsituation gebraucht. Für Störungen durch Gaffer bleibt keine Zeit.

Ankunft am Unfallort: Jede Hand wird in der Notsituation gebraucht. Für Störungen durch Gaffer bleibt keine Zeit. Foto: Feuerwehr/Schmidt-Eustermann

Für die Feuerwehr steht fest: Das darf sich nicht wiederholen. So massiv wie jüngst sind die Retter lange nicht behindert worden. Ein Facebook-Eintrag und seine Folgen - auch für die Opferfamilie.

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Von Miriam Fehlbus
Donnerstag, 14.11.2024, 18:54 Uhr

Harsefeld. Ein Autounfall wie jener am 3. November im Wiesenweg in Harsefeld bleibt vielen Rettungskräften lange im Gedächtnis. Zu den ohnehin schwer zu verarbeitenden Eindrücken einer Rettung, an deren Ende zwei tote junge Menschen und eine schwer verletzte Person stehen, mischt sich dieses Mal bei den Einsatzkräften aber noch etwas anderes: Unverständnis und Sorge über den Umgang der Gesellschaft mit solchen Ereignissen als Sensationslustige.

Erst bei Facebook, dann in echt: Schaulustige an der Unfallstelle

Durch Einträge in sozialen Medien komme es leider immer wieder zu Behinderungen von Rettungsarbeiten, so die Sprecherin der Harsefelder Feuerwehr, Nora Schmidt-Eustermann. Aber diesmal war es besonders schlimm.

Schaulustige seien unter anderem durch Einträge auf Facebook auf den schweren Verkehrsunfall am ersten Sonntagabend im November im Wiesenweg aufmerksam geworden und hätten sich zur Unfallstelle begeben.

„Einsatzkräfte mussten zusätzliche Kräfte zur Absicherung der Absperrungen einsetzen, obwohl jede helfende Hand bei einem solchen Einsatz benötigt wird“, so die Feuerwehr-Sprecherin. Die Rettungsarbeiten seien dadurch erheblich erschwert worden.

Besorgniserregend: Eltern mit Kindern bei Rettungsarbeiten

Jedem Einzelnen sollte bewusst sein, welche Konsequenzen solche Einträge haben können, heißt es aus Kreisen der Harsefelder Feuerwehr weiter. Schaulustige blockierten oft Rettungsarbeiten, bei denen es um Leben und Tod geht und in denen Schnelligkeit entscheidend ist.

Besonders besorgniserregend sei gewesen, dass einige Schaulustige sogar mit ihren Kindern zum Einsatzort gekommen seien und dort von Polizeibeamten vom Platz verwiesen werden mussten. „Kein Kind sollte solche verstörenden Bilder sehen“, sagt Sprecherin Schmidt-Eustermann.

Niemand möchte über die Sozialen Medien von einem Unfall oder gar dem Tod eines Familienangehörigen erfahren. Das sollte jedem bewusst sein.

Feuerwehr Harsefeld

„Leider wurden sogar die Angehörigen durch die Einträge auf Facebook auf den Unfall aufmerksam“, so die Feuerwehr-Sprecherin. Sie kamen zur Unfallstelle, brachen unter Schock zusammen und mussten von weiteren Einsatzkräften der Feuerwehr und des Rettungsdienstes betreut werden. Auch ein alarmierter Seelsorger unterstützte umgehend.

„Niemand möchte über die sozialen Medien von einem Unfall oder gar dem Tod eines Familienangehörigen erfahren. Das sollte jedem bewusst sein“, unterstreicht die Freiwillige Feuerwehr Harsefeld.

Retter und Helfer appellieren an mehr Zurückhaltung

Lange sei intern darüber gesprochen worden, ob sich die Feuerwehr noch einmal zu dem Unfall äußert. In Gedanken bei den Familien der verunfallten Jugendlichen ist die Sorge groß, dass neue Nachrichten für immer neue schmerzhafte Eindrücke sorgen könnten. Aber die Situation war auch für die Rettungskräfte ein ungewöhnlicher mentaler Kraftakt. Facebook und andere Netzwerke, in denen in Anonymität weiterdiskutiert wird, haben eine neue Form von Sensationslust geschaffen.

Den Rettern und Helfern, die häufiger in solchen Situationen zu Unfällen müssen und dort zunehmend an ihrer Arbeit gehindert werden, ist es wichtig, an mehr Zurückhaltung zu appellieren.

Erst Facebook, dann Notfallseelsorger: In Harsefeld kam die Nachricht zum schweren Unfall blitzschnell über das Internet bei den Angehörigen an.

Erst Facebook, dann Notfallseelsorger: In Harsefeld kam die Nachricht zum schweren Unfall blitzschnell über das Internet bei den Angehörigen an. Foto: Friso Gentsch/dpa

Gaffer-Gesetz sorgt für Strafen: Von 20 Euro bis Freiheitsstrafe

Außerdem handelt es sich unter Umständen um ein strafbares Vergehen. „Gaffen“ gilt als Ordnungswidrigkeit und kann Geldstrafen zwischen 20 Euro bis 1000 Euro nach sich ziehen. Fotografieren oder Filmen bei Unfällen ist nach § 201a eine Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen. Hier droht eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren. „Unterlassene Hilfeleistung“ wiederum begeht, wer einen Unfall beobachtet und nicht hilft. In Harsefeld gab es Ersthelfer, die sofort und vorbildlich gehandelt haben.

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