TTote Rehkitze: Wie sich Landwirte und Jäger auf der Geest verbünden

Eines der Rehkitze, das dank der Flugdrohne in Aspe gerettet wurde. Foto: Luca Apendannier
Ein neuer Verein setzt sich in Aspe zur Rettung von Rehkitzen ein - mit Erfolg. Dabei geht es auch um die Vorbeugung gegen hohe Geldstrafen.
Aspe. Das Steuerungsgerät fest in der Hand, lenkt Luca Aperdannier mit dem Joystick eine Flugdrohne, die in 50 Meter Höhe über ihm surrt. Die integrierte Wärmebildkamera erkennt, wenn sich auf der weiten Wiese Lebewesen befinden. Auf dem Display des Steuergerätes erscheint plötzlich ein Wärmebildpunkt. Handelt es sich um ein Rehkitz oder ist es lediglich ein Maulwurfshügel? Der 28-Jährige zoomt die Kamera heran und ein kleines Rehkitz mitten im hohen Gras ist deutlich zu erkennen.
8000 Euro hat diese Flugdrohne gekostet, die erstmals in dieser Saison zur Kitzrettung in Aspe zum Einsatz kam. Vor einem Jahr wurde dazu eigens der gleichnamige Verein von Luca Aperdannier und weiteren Jägern gegründet. Grund: Jedes Jahr werden Rehkitze im Frühjahr bei Mäharbeiten verletzt oder getötet. Landwirten und Jagdpächtern drohen hohe Geld- und sogar Freiheitsstrafen wegen Tiermisshandlung. Weitere Wildtierrettungsvereine und Initiativen gibt es bereits im gesamten Landkreis Stade.
Von Gütersloh nach Kutenholz
Luca Aperdannier ist die treibende Kraft bei der Kitzrettung in Aspe. Den Agrarwissenschaftler hat es vor zwei Jahren aus beruflichen Gründen von Gütersloh in Nordrhein-Westfalen nach Kutenholz verschlagen. Für den passionierten Jäger war damit ein Revierwechsel verbunden.

Bisher haben ihm seine beiden Hunde Pasco und Orija bei der Kitzrettung geholfen - jetzt setzt Luca Aperdannier eine moderne Flugdrohne ein. Foto: Laudien
Vergangenes Jahr im Juli hat Aperdannier die Landwirte aus Aspe und Umgebung eingeladen. „Anfangs haben wir hier mit Hunden nach Kitzen gesucht. Aber das ist schwierig, weil die Kitze geruchsneutral und dadurch schwer zu finden sind.“
Übungsstunden an der Flugdrohne
Im Februar kam dann die bestellte Flugdrohne zur effektiveren Kitzrettung. Nach Übungsstunden und Drohnenführerschein konnte sie sicher bedient werden. „Danach starteten wir richtig durch“, sagt Aperdannier.
Der erste Einsatz mit der neuen Flugdrohne war Anfang April. Zwei Piloten und etwa vier Helfer sind zur Bedienung der Drohne nötig. „Wir haben ein System entwickelt“, sagt der Kitzretter. Während die Drohne die Wiese absucht, stehen an den Seiten verteilt die Helfer. Wird ein Kitz gesichtet, fliegt die Drohne an der Stelle niedriger und die Helfer wissen, dass sie jetzt schnell handeln müssen.

Im Einsatz bei der Kitzrettung mit Flugdrohne in Aspe. Foto: Luca Aperdannier
Sie laufen zum Fundort, nehmen das Rehkitz mit Handschuhen auf, damit die Ricke ihr Kind später wieder annimmt, und verwahren das Kitz sicher in einem Korb, bis der Mähdrescher seine Arbeit verrichtet hat. „Die Ricke steht dann meistens schon in der Nähe und schreit nach ihrem Kitz“, erzählt Aperdannier. Insgesamt dauert ein Einsatz, der um 4 Uhr morgens beginnt, mehrere Stunden. Bis zum Saisonabschluss Ende Juni konnten bei 21 Einsätzen 35 Kitze gerettet werden.
Kitz-Kadaver müssen gefunden werden
Die Kitze sind sehr klein und im hohen Gras versteckt. Nicht selten werden sie daher von Mähdreschern erfasst. „Doch selbst dann ist die Kitzrettung noch wichtig, da der Kadaver gefunden werden muss“, erklärt der Kitzretter. Grund: Wenn beim Mähen ein Rehkitz unter die Maschine kommt, können Fleischreste in Heu und Grassilage landen. Daraus entstehende Gifte können für Rinder und andere Nutztiere tödlich sein.

Ein Kitz wurde im hohen Gras gefunden. Foto: Aperdannier
Kitzretter und gleichzeitig Jäger - wie passt das zusammen? „Ich bekam schon häufiger zu hören, dass wir erst die Kitze retten und sie später abschießen“, erzählt der 28-Jährige. Doch die Bestandsregulierung sei bei der Jagd eines der wichtigsten Themen. Ansonsten könne es zu negativen Auswirkungen kommen wie etwa extreme Population einer Wildart oder auch mehr Verkehrsunfälle durch Wildwechsel, betont der Jäger.
Hegen und Pflegen seien die Aufgaben der Jäger - sowie auch die Arterhaltung. Aktuell wurde in Aspe ein Rebhuhn-Projekt gestartet, da Füchse, Marder und selbst Igel als Nesträuber die Feinde der Rebhühner sind. Fallenjagd, Anpflanzen von Schutzhecken und die Fütterung der Rebhühner dienen dem Ziel, das Rebhuhn und auch den Fasan vor dem Aussterben zu retten.