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Bildung

TTrotz Fachkräftemangels: Hoch qualifizierter Bulgarin bleibt Stelle als Lehrerin verwehrt

Ivanka Ivanova (Name geändert) kann mehrere Zertifikate und ein Diplom im Bereich der Transport und Energetik der technischen Universität Sofia vorweisen.

Ivanka Ivanova (Name geändert) kann mehrere Zertifikate und ein Diplom im Bereich der Transport und Energetik der technischen Universität Sofia vorweisen. Foto: Hippler

Eine Bulgarin zieht nach ihrem Studium nach Griechenland, lernt mehrere Sprachen - und lässt sich dann in der Wesermarsch nieder. Trotz ihrer Qualifikationen findet sie hier keine Anstellung als Lehrerin. Sie übt Kritik an der Integrationspolitik.

Von Stefan Alexander Hippler Montag, 27.05.2024, 08:00 Uhr

Landkreis Wesermarsch. Der Name der Frau, über die hier berichtet wird, liegt der Redaktion vor. Sie möchte anonym bleiben. Sie erzählt von ihrem Werdegang, wie sie in die Wesermarsch kam und ihren Traum verfolgte, hier Lehrerin zu werden - und trotz vorhandener Qualifikationen keine Anstellung fand. Ihr Pseudonym ist an dieser Stelle Ivanka Ivanova.

Ivanka Ivanova ist gebürtig aus Bulgarien. Sie stammt aus einem problematischen Elternhaus, ist in einem Kinderheim aufgewachsen und schafft es später an die Technische Universität in Sofia, eine Ingenieur-pädagogische Fakultät in Bulgarien.

Dort studiert Ivanka Ivanova die Fachrichtung Transport und Energetik und erwirbt ein Diplom. Sie eignet sich profunde Kenntnisse in Fächern wie Mathematik, Psychologie, Chemie, Maschinendesign und Sport an. Ihre Noten sind gut. Arbeit findet sie zu diesem Zeitpunkt keine.

„Mein damaliger Mann hat den Erlös im Casino verspielt“

„Es war zu Zeiten der Wende. Bulgarien war arm“, sagt sie. „Ich habe mich damals dazu entschieden, das Land zu verlassen. Ich zog nach Griechenland, weil ich Arbeit benötigte.“ Die findet sie zunächst in der Gastronomie - und baut sich sogar ihr eigenes Restaurant auf.

Ohne entsprechende Sprachkenntnisse geht das natürlich nicht. „Ich spreche sieben Sprachen, darunter auch Griechisch“, berichtet Ivanka Ivanova. Zusätzlich erteilt sie Nachhilfe und bildet sich selbst stetig weiter. Ihr Ziel: eines Tages Lehrerin an einer Schule werden. Dann muss sich Ivanka Ivanova aus finanziellen Gründen von ihrem Restaurant trennen.

„Den Erlös hat mein damaliger Mann in einem Casino vollständig verspielt“, sagt sie. Danach folgte die Trennung. „Alles, was ich nur noch wollte, war meine Ruhe.“ Sie verlässt Griechenland und zieht nach Deutschland. Ivanka Ivanova bewirbt sich aufgrund einer Jobanzeige als Küchenhilfe - und gelangt so in die Wesermarsch.

Erst nach einem Jahr beginnt der erste Sprachkurs

Nebenbei versucht sie, die deutsche Sprache von Grund auf zu lernen. Dies scheitert jedoch zunächst an bürokratischen Problemen. „Es hat ein Jahr gedauert, bis ich einen Sprachkurs in Brake beginnen konnte“, sagt Ivanka Ivanova.

Die gebürtige Bulgarin lernt und lernt. Sie finanziert die Kurse für die Sprachniveaus von B1 bis C2 zum Teil aus eigenen Mitteln. Sie pendelt für den Unterricht zeitweise täglich nach Oldenburg. Dort wird sie jedoch enttäuscht: „Die Kurse haben keinen Spaß gemacht. Die Dozentinnen und Dozenten konnten zwar Deutsch, jedoch waren es keine richtigen Lehrerinnen und Lehrer“, sagt sie. Diese hätten in den Teilnehmerinnen und Teilnehmern keine Menschen gesehen, denen sie helfen müssen, sondern seien nur auf deren Geld aus gewesen.

Sie sei daher nur wenige Male dort gewesen. Sie habe sich Bücher gekauft und mit hoher Eigeninitiative auf die Prüfungen vorbereitet.

Stärkere Kontrollen bei der Integration

Aus diesen Erfahrungen hat Ivanka Ivanova Lehren gezogen: „Wenn Integration gelingen soll, braucht es ausreichend Kontrolle“, ist sie heute überzeugt. Sie fordert gar eine verpflichtende Sprachförderung. „Ich bin überzeugt, dass jeder, der nach drei Jahren die Sprache nicht spricht und sich nicht richtig integriert, wieder abgeschoben werden sollte, ganz egal welcher Nationalität er angehört.“

In ihrem Bekanntenkreis, so Ivanka Ivanova weiter, gebe es Menschen, die in Tschechien arbeiten und in Deutschland nur angemeldet sind.

„Die kassieren Kindergeld und Wohngeld und nehmen lediglich die Pflichttermine wahr, die ihnen auferlegt werden“, berichtet sie. Auch deshalb fordert sie mehr Kontrollen, damit das deutsche Sozialsystem weniger ausgenutzt wird.

Während sie sich für eine schärfere Integrationspolitik ausspricht, hatte Ivanka Ivanova es selbst nicht leicht. Sie selbst arbeitete sieben Jahre lang an einer Grundschule als selbstständige Sprachlehrerin und als pädagogische Mitarbeiterin. „Ich bin von den Kolleginnen und Kollegen ausgegrenzt worden. Es war nur die Liebe zu den Kindern, die mich motiviert hat, dort weiterzuarbeiten“, berichtet sie.

Ivanka Ivanova hat aktuell vier Jobs - und hat sich nebenbei ein Nebengewerbe in der Landwirtschaft aufgebaut.

Ivanka Ivanova hat aktuell vier Jobs - und hat sich nebenbei ein Nebengewerbe in der Landwirtschaft aufgebaut. Foto: Hippler

Ivanka Ivanova wechselte zu einer anderen Schule und erlebt erneut eine aus ihrer Sicht unfaire Behandlung. „Meine Kolleginnen und Kollegen arbeiten 30 Stunden die Woche und werden als Lehrkraft beschäftigt, obwohl sie zum Teil nicht einmal über das gleiche Diplom verfügen, wie ich es vorweisen kann.“

Trotz der Qualifikationen und Zertifikate, die Ivanka Ivanova vorweisen kann, bleibt es bei zwölf Stunden, die sie pro Woche arbeiten darf. Ihren Traum, Kindern und Jugendlichen etwas beizubringen, konnte sie sich nur in Teilen erfüllen. Sie arbeitet nachmittags im Bereich der Bildung und Teilhabe, gibt Kurse an der Kreisvolkshochschule, ist bei der Caritas als pädagogische Hilfskraft tätig und betreibt nebenbei etwas Landwirtschaft.

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