TVereinssterben im Kreis Stade: Wieder verschwindet ein Club

Heinz Schlichting schließt am 31. Dezember zum letzten Mal die Tür des ESV Rasensport ab. Der 2. Vorsitzende ist seit 1976 Mitglied. Foto: Alexandra Bisping
Kein Kegeln mehr und kein Schießen. Für den Stader Eisenbahnsportverein „Rasensport“ ist Ende Dezember Schluss. Über die Gründe und was mit Haus und Inventar passiert, geben zwei Vereinsmitglieder Auskunft.
Stade. Den Vogelkönig haben sie in diesem Jahr noch ausgeschossen. Das war das letzte offizielle Schießen. Für die verbleibenden Mitglieder ist es ein trauriges Ende. Der vor knapp 70 Jahren gegründete Eisenbahnsportverein (ESV) Rasensport Stade schließt am 31. Dezember seine Pforten. Für immer. Der Grund: Wie bei manch anderem Verein fehlt der Nachwuchs. Und ganz besonders jener, der sich engagieren möchte. Anders als Werner Dankers.
Seit 1979, also seit 44 Jahren, ist Dankers beim ESV Rasensport Schießwart. Ehrenamtlich. Eingetreten ist er 1963. Da konnte der Verein schon Beachtliches vorweisen: Faustballer belegten den dritten Platz bei der Kreismeisterschaft, ein Kegler wurde beim Stader Königskegeln Keglerkönig.
Noch 3 Kegler und 17 Schützen
Inzwischen besteht der einst mitgliederstarke Verein, der unter anderem Sparten wie Leichtathletik, Faustball und Schwimmen führte, nur noch aus 60 Mitgliedern. Davon seien 46,7 Prozent passive Mitglieder, unter den Aktiven gebe es noch 3 Kegler und 17 Schützen. „Da war kein Vorsitz zu holen“, sagt der 2. Vorsitzende Heinz Schlichting. Er kennt aus Kindertagen noch den Vorgänger-Verein Grün-Weiß. Rasensport hieß er später, weil der Verein in den Gründungsjahren in erster Linie Fußball und Faustball anbot.
„Die Bereitschaft, den Vorsitz zu übernehmen, wurde unter den Mitgliedern immer geringer“, sagt Heinz Schlichting. Und ausgerechnet an dem Tag, als auf der diesjährigen Jahreshauptversammlung des Vereins ein neuer 1. Vorsitzender gewählt werden sollte, verstarb Thomas Schwab, der bis dahin das Amt innehatte.
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Von dem Aus ist auch das Vereinshaus betroffen. Der Schießstand, der 1977 abgerissen und von den Mitgliedern 1981 aufwendig und kostspielig fertiggestellt wurde, müsste modernisiert werden. Das Vereinsgebäude aus den 70ern bräuchte ein neues Dach. Insgesamt, so hatten Dankers und Schlichtig ausgerechnet, käme eine Summe von 90.000 Euro zusammen. Mit so wenigen Mitgliedern sei das kaum zu stemmen, sagen sie.
Der Verein müsste viel investieren
Dabei könnte das Innere des Hauses, das schon etwas älter, dafür aber sehr gepflegt ist, gut weitergenutzt werden. Es gibt einen großen Raum mit einer rechteckigen Tischrunde und 40 Stühle. Ein Tresen und eine kleine Küche sind vorhanden und voll funktionstüchtig. Ausreichend Geschirr und Besteck ist ebenfalls da. Der Postsportverein habe Interesse signalisiert, dann aus internen Gründen wieder zurückgezogen.
Am liebsten würden Schlichting und Dankers Gebäude und Grund an einen gemeinnützigen Verein abgeben. Denn das 2000 Quadratmeter große Grundstück am Ende der Mittelstraße ist nur eingeschränkt nutzbar. Eine Gartenkolonie schließt sich an, Industrie ist nicht möglich und Bebauung ebenfalls kaum, sagt Schlichting. Für das Grundstück habe der Verein mal 10.000 Euro gezahlt. Wie viel es jetzt wert ist, wissen beide nicht. Vielleicht das Doppelte, vermutet Schlichting. Der Verkaufserlös geht an den Verband Deutscher Eisenbahner-Sportvereine (VDES).
Der Rasensportverein war einst erfolgreich
Nicht nur in Stade, in ganz Niedersachsen machen Sportvereine dicht. Laut Statista gab es 2023 in Niedersachsen 9171 Sportvereine. Der niedrigste Wert seit dem Rekordjahr 2011, da waren es noch über 9700 Vereine. Für Werner Dankers und Heinz Schlichting ist es ein bedrückender Schluss. Sie erinnern sich an die 90er Jahre und den Anfang der 2000er. Da habe die 35 Kinder große Jugendgruppe große Erfolge im Schützenverband erzielt. „Von der Gruppe“, sagt Heinz Schlichting etwas wehmütig, „ist im Verein noch einer übriggeblieben.“

Das Innere des Vereinshauses bietet Platz für 80 Personen. Einen Nachfolger zu finden wird immer unwahrscheinlicher. Foto: Alexandra Bisping
39-mal habe der Verein die Stadtmeisterschaften im Schießen ausgerichtet, zwei internationale Wettkämpfe und die Nordmeisterschaften. Vereinsschützen waren bei Bezirks- und Landesmeisterschaften dabei, sogar auf Bundesebene, erzählen sie. Was aus den verbliebenen Aktiven wird? Die Kegler bleiben als Freizeitgruppe bestehen. Von den Schützen seien einige in den Verein nach Hagen gegangen.
Apropos Schützen: Gerade ist der Verein dabei, sich von seinen Waffen zu trennen. „Die genehmigten Waffen sind verkauft“, sagt der Schießwart. Die restlichen würden auseinandergebaut. Was noch zu gebrauchen ist, geht an die Waffenbehörde der Stadt und Ende des Jahres weiter an den Landkreis. Werner Dankers ist darüber froh. Ein Waffenhändler würde pro Waffe 80 Euro nehmen, sagt er.
An Equipment hat der Verein noch einiges abzugeben, zum Beispiel die Seilzuganlage des KK-Standes, Kugelfänger und weiteres. Interessenten melden sich bei Heinz Schlichting, Telefon 04141/61626.