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Warnung

TVerstörender Wettkampf um den größten Schuldenberg

Die Beliebtheit des Online-Bezahlens lässt sich leicht erklären: Es ist einfach und schnell.

Die Beliebtheit des Online-Bezahlens lässt sich leicht erklären: Es ist einfach und schnell. Foto: Silas Stein

Dieser Trend mutet ebenso absurd wie alarmierend an: Im Internet rufen jungen Leute dazu auf, via Online-Käufen möglichst viele Schulden zu machen. Hat diese Generation verlernt, mit ihrem Geld umzugehen?

Von Laura Künzel Sonntag, 10.12.2023, 12:11 Uhr

Landkreis/Bremen. Der Hashtag #klarnaschulden verzeichnet beeindruckende 72,9 Millionen Aufrufe auf TikTok. Dahinter verbirgt sich nicht nur ein Trend, sondern auch ein beunruhigender Einblick in die Schattenseiten des digitalen Konsums.

Online-Shopping: Klarna als digitale Schuldenfalle

„Ich zahle einfach nach 30 Tagen mit Klarna, was soll schon passieren?“, fragt sich eine Nutzerin in ihrem Video. Plötzlich erfolgt der drastische Einschnitt - die darauffolgende Sequenz offenbart ein Screenshot ihrer Schulden. Offene Rechnungen bei Bershka und Shein summieren sich auf stolze 1937,70 Euro. Sie ist nicht die Einzige mit diesem Dilemma.

Der schwedische Zahlungsanbieter Klarna ermöglicht den Kauf von Produkten, die später in Rechnungen oder Raten beglichen werden können. Bei einigen Jugendlichen auf TikTok ist das schiefgegangen - sie kaufen und am Ende fehlt das Geld.

Auf der Online-Plattform TikTok werden kurze, kreative Videos geteilt. Die Künstler können ihre Kreationen mit Musik unterlegen oder mit anderen teilen. Unter dem Hashtag #klarnaschulden präsentieren junge Menschen ihre ausstehenden Zahlungen bei Klarna. In den Kommentaren tobt ein regelrechter Wettbewerb darüber, wer die meisten Schulden angehäuft hat. Einige Nutzer warnen besorgt vor möglichen Konsequenzen, während die Mehrheit sich vorwiegend amüsiert über den präsentierten Schuldenberg zeigt.

Vom schnellen Einkauf in eine finanzielle Schuldenfalle

Klarna ist ein Anbieter der „Buy now, Pay later“ - Methode oder auf Deutsch „jetzt kaufen, später bezahlen“. Der schnelle Kauf entwickelt sich geschwind zu einem finanziellen Dilemma. Schuldenberaterin Sandra Dunker von Afz Bremerhaven warnt: „Die Gefahr besteht darin, dass viele Menschen den Überblick über ihre Rechnungen verlieren.“

Immer mehr Leute nutzen die Methode des digitalen Bezahlens. „Vor allem in Altersgruppen, die sich mit der digitalen Welt gut auskennen und diese vermehrt nutzen“, so Dunker. Bei der Hälfte der Ratsuchenden, die sich an die Schuldenberatung der Afz wenden, taucht Klarna als Gläubiger auf. Dunker betont, dass dieser Anteil aufgrund der gestiegenen Preise deutlich gewachsen ist.

Theorie vs. Praxis: Die unschöne Realität auf TikTok

Selbst Klarna bleibt von diesen Phänomenen nicht unberührt. Der Zahlungsanbieter äußert seine Besorgnis und nimmt auf seiner Website Stellung zur Verschuldung der jungen Nutzer: „Wir halten es für notwendig, eines klarzustellen: Schulden sind nicht cool.“

„Wenn Kunden Zahlungsfristen versäumen, werden sie für künftige Zahlungen gesperrt“, so Klarna. Theoretisch könnten Nutzer demnach keine Schuldenberge aufhäufen. In der Praxis sieht das auf TikTok jedoch anders aus.

Check24 nutzt TikTok-Aufsehen geschickt aus

Der Hashtag #klarnaschulden ist auch bei dem Vergleichsportal Check24 sehr beliebt. Das Portal nutzt geschickt den Hashtag, um für sich selbst Werbung zu machen. In einem kurzen Video stellt der Moderator die Frage: „Wem sollen wir die Klarnaschulden bezahlen?“

Das Vergleichsportal ermuntert die Nutzer, sich selbst oder andere in den Kommentaren zu markieren. Am Ende wird ein zufälliger Gewinner unter den Kommentaren gewählt. Check24 gewinnt durch die Aktion ordentlich an Beliebtheit.

Die „Jetzt kaufen, später bezahlen“- Methode ist im ersten Augenblick eine verlockende Möglichkeit. Sie kann nur schnell dazu führen, dass Produkte gekauft werden, die am Ende nicht bezahlt werden können. Damit häufen sich die Schulden mit jeder Bestellung.

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