TBank blockiert Konten beeinträchtigter Menschen - Missbrauch befürchtet

Christine (links) und Katharina Middendorf können mit ihren Bankkarten kein Geld mehr abheben. Foto: Dührkop
Nach den Zwillingen in Drangstedt gibt es weitere Betroffene, deren Zugang zum Bankkonto eingeschränkt wurde. Jetzt erklärt die Volksbank im Elbe-Weser-Dreieck ihre Geschäftspolitik gegenüber beeinträchtigten Menschen.
Beverstedt. Wer Geld benötigt, geht zur Bank. Doch für Christine und Katharina Middendorf aus Drangstedt ist es am Geldautomaten der Volksbank im Elbe-Weser-Dreieck nicht mehr möglich, Bargeld abzuheben. Darüber sind die leicht geistig beeinträchtigten Zwillinge verärgert und fühlen sich diskriminiert. Nur über ihre Betreuerin Martina Homann kommen die 29-jährigen Schwestern an Geld.
Nach der Berichterstattung äußert sich der Bank-Vorstand Frank Koschuth. Die Familie hat ihn vom Bankgeheimnis entbunden, um das Vorgehen zu erklären. Die Volksbank sehe Rechtsrisiken, die ihr im Zuge der Fusion aufgefallen sind.
Der Vorstand sei bei Betreuungen mit Einwilligungsvorbehalt zu einer strengeren Auslegung gekommen. Das heißt: „Für jede einzelne Verfügung über das Vermögen des Betreuten, zum Beispiel durch Abhebungen am Geldautomaten, muss die Einwilligung der Betreuungsperson vorliegen.“
Einwilligungsvorbehalt schützt die Betroffenen und ihr Vermögen
Die Volksbank im Elbe-Weser-Dreieck beruft sich auf das Gesetz, konkret das Bürgerliche Gesetzbuch, Paragraf 1825. Darin wird der Einwilligungsvorbehalt explizit zum Schutz der betroffenen Person und ihres Vermögens herausgestellt. Ein eigenes Bankkonto wird hingegen nicht ausgeschlossen.
Die Volksbank erklärt ihr Handeln damit, dass es Aufgabe des Vorstands sei, im Interesse der Mitglieder Risiken von der Genossenschaft fernzuhalten. „In diesem Fall wird möglichen Haftungsrisiken vorgebeugt“, so Koschuth.
In der Vergangenheit hat die Volksbank ihre Geschäftspolitik großzügiger gehandhabt. Die Middendorf-Zwillinge konnten über zehn Jahre problemlos eigenständig Geld abheben. Ein Auge auf die Abbuchungen hat ihre Betreuerin. „Die Zwillinge sind gewissenhaft“, beteuert sie. Es sei nie etwas schiefgegangen. Zumal das Girokonto keine Überziehung erlaube, vergleichbar mit einem Taschengeld-Konto für Kinder.
Alte Regelung habe keine Probleme verursacht
Die Volksbank schränkt die Bedingungen für Kunden unter Betreuung nun seit 15. Juli ein, ohne dass es in der Vergangenheit zu Problemen gekommen sei, wie Koschuth bestätigt.
Doch wie wurde es bislang gehalten? Die Volksbank sei „in der Vergangenheit von einer expliziten Zustimmung des Betreuers“ ausgegangen, da „die Betreuungspersonen der Ausgabe von Bankkarten für die betreuten Personen zustimmen müssen und durch die regelmäßigen Kontoabschlüsse (über Kontoauszüge) Einblick in die jeweilige Kontoführung des Betreuten haben“.
Die Zwillinge sind nicht die Einzigen, deren Zugriff aufs Konto gesperrt wurde, wie die Volksbank bekennt: „Von dieser Änderung sind etwa 100 Personen betroffen.“ Weitere Familien haben sich gemeldet.
Folge für die gesetzlichen Betreuer: „Riesenmehraufwand“
Ein Großteil der Kunden wird von gesetzlichen Betreuern im Hauptberuf unterstützt. Allein ungefähr 60 Klienten, schätzt Patrick Klöppel, Geschäftsführer des Betreuungsvereins Bremerhaven, hätten ein Konto bei der Voba. „Für uns ist es ein Riesenmehraufwand“, sagt Betreuer Jan Zimmermann.
Er muss nun für jeden Klienten, für den er eine Vermögenssorge wahrnimmt, Bargeld abheben. Oftmals melden sich Klienten spontan. Das bedeutet, die Betreuer opfern ihre Mittagspause oder halten auf dem Weg in den Feierabend an einer Bankfiliale.
Bargeldloses Bezahlen
Stundenlange Störung bei Kartenzahlungen - kein Cyberangriff
„Wir haben das Ziel, Klienten wieder in die Selbstständigkeit zu bringen, deshalb ist die gesellschaftliche Teilhabe wichtig“, sagt Zimmermann. Um die Entwicklungsperspektive zu unterstützen, wird ein Probe-Konto eröffnet, das heißt ein Unterkonto, worauf der Klient eigenständig Zugriff hat. Der Betreuer teilt durch Überweisung Geld zu, und die Verbindlichkeiten gehen vom Hauptkonto ab.
Dies will die Volksbank nicht mehr. „Einzelfalllösungen ändern nichts an dem grundsätzlichen Problem“, heißt es vom Volksbank-Vorstand, „dass das Risiko einer missbräuchlichen Nutzung bei der Bank verbleibt. Sie sind zudem weder technisch abbildbar noch für unsere Servicekräfte praktikabel.“
Mögliche Regressforderungen vermuten die Betreuer als Ursache für die Einschränkungen. Theoretisch könnte der Klient vom Hauptkonto Geld abheben, wenn Bankmitarbeiter die Einschränkung der Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt nicht beachten. Dann könnte der Betreuer die Bank auf Haftungsansprüche verklagen.
Dazu sagt die Volksbank: „Sowohl beim Haupt- als auch Unterkonto bleibt der Betreute Kontoinhaber. Liegt ein Einwilligungsvorbehalt vor, gilt dieser für alle Konten, die auf den Namen des Betreuten geführt werden.“
Die gesetzlichen Betreuer machen hingegen sehr gute Erfahrungen mit der Weser-Elbe Sparkasse (Wespa). Sie überträgt die Haftung auf die Betreuer. Zudem sei die Wespa besser aufgestellt. „Es gibt ein eigenes Team mit drei Mitarbeitern, die nur für die Kunden mit Betreuungen zuständig sind“, sagt Zimmermann.

Die Volksbank im Elbe-Weser-Dreieck in Beverstedt schränkt seit 15. Juli die Kontennutzung für Menschen mit Beeinträchtigungen ein. Foto: Volksbank