TVom Fischkutter bis zum Butterschiff: Maritimes Spektakel in Wischhafen
Die „Atlantis“ weckte bei Hafenfestbesuchern Erinnerungen an die Ära der Butterfahrten. Foto: Knappe
Boote, Oldtimer, Musik und Buden: Wischhafen war am Wochenende ein Besuchermagnet. Vor allem ein Schiff lockte die Massen an.
Wischhafen. Sie waren das Highlight des Hafenfestes: 15 Gastschiffe hatten am Wochenende in Wischhafen festgemacht. „Wir haben es geschafft, einen Fischkutter zum Hafenfest zu kriegen“, freute sich Lars Lichtenberg vom Veranstaltungsteam. Die 18 Meter lange, 1963 gebaute „Elena“ ist einer von vier Fischkuttern, die noch in Cuxhaven starten.
Sie waren mit ihrem Fischkutter „Elena“ erstmals beim Hafenfest in Wischhafen - und brachten ihren Krabbenfang mit: Kapitän Hans-Adolf Balschuweit (rechts) und Frank Haase. Foto: Knappe
Kapitän Hans-Adolf Balschuweit hat die „Elena“ 2017 gekauft. Täglich fährt er mit seinem Kollegen Frank Haase raus und fischt Krabben an der Nordseeküste. Bis zu 600 Kilo Krabben passen in den Trichter, in den der Fang aus den Netzen entleert wird.
„Bei einem normalen Fang zu dieser Jahreszeit haben wir meist zwischen 70 und 100 Kilo Krabben“, erzählte Balschuweit. Und die Krabben waren begehrt bei den Hafenfest-Besuchern - vor allem bei den Älteren, die das Pulen noch beherrschen.

Kristian Dietze zeigte Besuchern seinen ganzen Stolz: Die „Dide“, Deutschlands ältestes Küstenfrachtschiff, das noch in Betrieb ist. Foto: Knappe
Immer wieder kletterten Besucher an Bord der 1901 gebauten „Dide“, dem ältesten Frachtschiff Deutschlands, das noch im Dienst ist. Eigner Kristian Dietze aus Pattensen fährt mit dem 38 Meter langen Frachter Transporte für die Karl-Meyer-Gruppe. Seit Februar transportiert die „Dide“ Müll von Helgoland hierher, zurück geht es mit Leercontainern und Baumaterialien.
Frachtschiff passt noch in die kleinen Inselhäfen
Die Mülltransporte werden demnächst beendet, aber die „Dide“ soll weiter fahren. „Mit 290 Tonnen Ladekapazität ist sie nach heutigen Maßstäben ein superkleines Frachtschiff, das dafür aber noch in die Inselhäfen von Helgoland, Pellworm, Amrum, Föhr oder Wangerooge passt“, erläuterte Dietze.
Er ist hauptberuflich Weserlotse, die „Dide“ seine Leidenschaft. Mit ihr könne er zwar Geld erwirtschaften - die Ausgaben für Erhalt, Betrieb und Personal seien aber so groß, dass nur in guten Jahren die Einnahmen auch die Ausgaben decken können.
Berührender Moment beim Hafenfest
Die „Dide“ ist ein Stahlschiff mit einer Holzbrücke. „Gerade war die Tochter des Eigners zu Besuch, der das Schiff vor 50 Jahren hatte. Das war berührend“, sagte Dietze.
Zum maritimen Erbe zählt auch die stattliche „Atlantis“, die etliche Besucher anlockte. Das 1972 gebaute Schiff war einst als Ausflugsdampfer, als sogenanntes Butterschiff, auf der Ostsee vor allem im Bereich Neustadt unterwegs.
Die „Atlantis“ ist etwa 50 Meter lang, hat drei Decks und konnte bis zu 900 Passagiere aufnehmen. Hier wurde früher außerhalb der auf See gelegenen Zollgrenze billig eingekauft: Zigaretten, Parfüms, Alkohol und Lebensmittel. Die Ära der schwimmenden Supermärkte endete 1999, weil diese Art des zollfreien Einkaufs nicht mit EU-Recht vereinbar war.
Junge Leute machen alte Schiffe fit
Gleich am Anfang der Hafenmeile präsentierte der im Vorjahr gegründete Verein „Vun de Elv“ seine drei Boote: Die „Sagitta“, einen kleinen Jollen-Kreuzer, die „Freundschaft“ einen 1985er Stintewer-Nachbau aus Eiche, der noch in der Restaurierung ist, und das 1974 gebaute Plattbodenschiff „Likedeeler“.
Junge Menschen machen im Verein alte Schiffe wieder fit, erzählt Vorsitzender Elmar Specht. Die „Freundschaft“ wurde in diesem Sommer so weit restauriert, dass sie vor drei Wochen wieder ins Wasser durfte.

Heiß begehrt waren kurze Ausfahrten mit den beiden Helgoländer Börtebooten. Musiker Mense sorgte auf der „Störtebeker“ für beste maritime Laune. Foto: Knappe
Kleine Menschentrauben bildeten sich auch immer wieder am Ende des Hafens, wo Ausfahrten mit zwei Börtebooten lockten. Werftchef Rainer Hatecke schipperte die Gäste in der „Störtebeker“ höchstpersönlich, Musiker Mense sorgte auf dem Wasser für gute Laune.
„Das war wunderbar“, seufzte Inge Scheel (69) aus Wischhafen. Das Ausbooten von Bord der Börteschiffe kennt sie noch aus früheren Zeiten: Sie wurden früher zum Ein- und Ausbooten der Helgoland-Besucher genutzt.

Vor der „Iris Jörg“ drängten sich die Menschen am Hafenbecken in Wischhafen, um Rolf Zuckowski zusammen mit Chorkindern aus Kehdingen zu erleben. Foto: Knappe
Ein anderes Boot, die „Iris Jörg“, war für das Hafenfest zur schwimmenden Bühne umfunktioniert. Rolf Zuckowski sang und spielte mit Kinderchören, auch der Nordkehdinger Kinderchor durfte mit ihm auftreten.
„Diese Lieder haben unsere Kinder schon gehört“, erzählen Petra und Kai Kruse aus Oederquart. Am Samstag waren sie mit den beiden Enkeln Jakob (4) und Henry (2) da. „Wir sind hauptsächlich wegen der Musik hier“, sagt Petra Kruse.
Der Umzug mit Vereinen, bunt geschmückten Oldtimer-Fahrzeugen, -Treckern und Feuerwehr-Oldies und Vereinen lockte am Samstag die Besucher an und führte bis zur alten Werft.
Das Hafenfest geht am Sonntag weiter, mit Musik und einem großen Umzug.
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