TWährend die Familie nebenan schläft: Wolf greift seltene Schafe an

Zwei bei dem Angriff verletzte Moorschnucken erholen sich in einer sicheren Box. Foto: C. Borgardt
Der Wolf hat wieder zugeschlagen. Wieder in Elm. In der Nacht zu Freitag wurden zehn von elf Schafen auf einer Weide im Bebenholz angegriffen. Ein Schaf wurde getötet, eines musste eingeschläfert werden, acht Tiere wurden verletzt.
Elm. Der Schock sitzt bei den Besitzern der angegriffenen Tiere am Freitagvormittag noch tief. Für beide steht fest: Das, was ihren Schafen in der Nacht zu Freitag passiert ist, kann nur das Werk eines Wolfes gewesen sein. Besonders unheimlich: Die mit einem Wolfsschutzzaun gesicherte Weide, auf der die Tiere standen, befindet sich in unmittelbarer Nähe des Wohnhauses der Familie am Bebenholzer Weg in Elm. Der Tatort liegt rund 100 Meter hinter der Landkreisgrenze zwischen Rotenburg und Stade.
Keine zehn Meter davon entfernt wurden die Schafe angegriffen - mutmaßlich von einem Wolf. „Das macht das Ganze umso bedenklicher“, sagt der Grundstücksbesitzer, der mit Ehefrau und Tochter nur wenige Meter vom Ort des Geschehens geschlafen hat, während seine Tiere angegriffen wurden. Bei den Schafen handelt es sich um die vom Aussterben bedrohte Moorschnucke, auch Weiße Hornlose Heidschnucke genannt.
Haben mehrere Wölfe die Herde angegriffen?
Die gerissene Moorschnucke war nach dem Wolfsangriff nur schwer als solche zu erkennen, so extrem waren die Verletzungen, die dem Tier zugefügt wurden. Die schwer verletzte Schnucke habe einen tiefen Kehlbiss gehabt, so dass sie eingeschläfert werden musste. „Die anderen Tiere weisen unterschiedliche Verletzungen auf: tiefe und nicht so tiefe Bisse im Kehl- und Brustbereich. Das uneinheitliche Bild lässt die Vermutung zu, dass es sich auch um mehrere Wölfe gehandelt haben könnte“, mutmaßt der Besitzer.
Der Wolf hatte offenbar mehrfach erfolglos versucht, den unter Strom stehenden Schutzzaun zu untergraben. An vier Stellen sind die Spuren deutlich sichtbar. Dass der Wolf es dennoch auf die Weide geschafft hat, erklärt sich der Besitzer der Moorschnucken so: „Ein Mitarbeiter der Landwirtschaftskammer hat gestern bei einer Begehung festgestellt, dass die unterste Stromlitze des Zaunes an einer Stelle etwa zehn Zentimeter höher angebracht ist, als vorgeschrieben. Da muss der Wolf unter dem Zaun hindurchgekommen sein.“

Eine der verletzten Moorschnucken wurde am Freitag eingeschläfert. Foto: bz
Die Folge, so der Tierhalter gegenüber unserer Zeitung, sei, dass der Wolf in diesem Fall nicht als „Problemwolf“ eingestuft werde und somit auch nicht zum Abschuss freigegeben werde. Das passt zu einer ganzen Serie von Vorfällen aus den vergangenen Wochen. Irgendeine Schwachstelle in den Zäume finden die Vertreter der Landwirtschaftskammer immer. Geschossen werden darf ein Wolf aber nur, wenn er zweimal amtlich festgestellt Herdenschutz überwunden hat.
Schon Mitte Juli wurde drei Schafe in der Nähe gerissen
Letzte Sicherheit, dass es sich um das Werk eines oder mehrerer Wölfe handelt, sollen DNA-Proben bringen, die vor Ort von mehreren über die Weide verstreuten Körperteilen des getöteten Schafes und von den verletzten Tieren genommen wurden.
Schon Mitte Juli wurden drei Schafböcke am Bebenholzer Weg gerissen - nur wenige Hundert Meter entfernt vom jetzigen Ort des Geschehens. Damals wurde zweifelsfrei ein Wolfsangriff nachgewiesen.
Nach dem Wolfsangriff will der Besitzer der Moorschnucken die Zucht der vom Aussterben bedrohten Tiere jetzt schnellstmöglich aufgeben. „Das macht hier jetzt keinen Sinn mehr“, bedauert der Elmer.
Wölfe greifen die Weidetiere in der ganzen Region an
Wie berichtet, war es in den vergangenen Wochen zu mehreren Wolfsangriffen auf Schafe im Bereich Elm, Nieder Ochtenhausen und im Landkreis Stade - unter anderem mit einem der folgenreichsten Angriffe mit über 50 toten und 30 verletzten Schafen in Gräpel - gekommen. Dazu gab es auch Angriffe auf Pferde und Rinder in der Region.
Als Folge gibt es jetzt eine bundesweite Diskussion, wie mit dem Wolf umgegangen werden soll. Die Wut und die Verunsicherung der Menschen im ländlichen Raum wächst, während die Weidetierhaltung von immer mehr Landwirten aufgegeben wird. Es gibt Orte wie Kranenburg, wo es auch fast täglich zu Wolfssichtungen kommt.
Angriffsserie an der Oste darf nicht gestoppt werden
Bundesumweltministerin Steffi Lemke hat zwar in der vergangenen Woche eine Art Schnellabschussverfahren für das kommende Jahr angekündigt. Allerdings würde auch das die aktuelle Angriffsserie an der Oste nicht beenden können, weil der Herdenschutz in der Regel als mangelhaft bewertet wird. Es gibt auch eine Diskussion darum, ob man alle Weidetiere tatsächlich mit massiven Zäumen schützen kann. Die Agrarumweltminister haben das zuletzt einstimmig in Zweifel gezogen.