TGoldschmiedin Doris von Lehe wagt nach 30 Jahren in Stade den Neuanfang

Doris von Lehe neben ihrem Logo, das einen spiralförmigen Ammoniten zeigt. Damit hatte sie früher an ihrer Goldschmiede in der Stader Poststraße geworben. Heute steht das Zeichen in Hemmoor. Foto: Klempow
Hinter ihr liegen viele schöne Jahre in Stade, aber zuletzt auch eine schwere Zeit. Stade war ihre Heimat, sagt Goldschmiedin Doris von Lehe. Warum sie die Stadt verlassen hat und wo sie einen leisen Neuanfang macht.
Hemmoor. 30 Jahre lang war die Stader Poststraße für Doris von Lehe ein Zuhause. „Ich habe Stade für mich als Heimat gefunden“, sagt sie. Hier hatte sie ihre Goldschmiede 1990 eröffnet. Doris von Lehe hat Stade verlassen und hätte sich gerne mit einem Dankeschön von ihrer Kundschaft verabschiedet. Aber es sollte nicht sein.
Doris von Lehe sucht behutsam nach den richtigen Worten und erzählt, was ihr und ihrer Familie widerfahren ist. Die Demenzerkrankung ihres Mannes Bernd Jürgens, die kurz vor Beginn der Corona-Pandemie schon den Ausschlag gab, bei ihm in Hemmoor zu bleiben.
Langsamer Rückzug und leise Übergabe
Es waren ein langsamer Rückzug aus Stade und eine leise Geschäftsübergabe. Sie selbst erkrankte schwer, kämpfte über Monate und kam genesen zurück nach Hause. Familie und Freunde waren für sie da. Im April letzten Jahres verstarb ihr Mann. Und obwohl sie schon lange nicht mehr in der Stader Poststraße anzutreffen war, fühlte sie sich in dieser schmerzvollen Zeit auch getragen durch die Anteilnahme ihrer Kunden. „Das hat mich gestützt und mir über diese Zeit hinweg geholfen“, erzählt sie.
Kein Wunder, dass ihr Herz noch immer an dieser Stadt und ihren Menschen hängt. Stade ist für sie auch im Rückblick noch immer eine gute und kluge Wahl. Die ersten Monate nach der Geschäftseröffnung 1990 waren finanziell eine harte Zeit. Aber: „Ich hatte einen minikleinen Puffer - und der reichte“, sagt sie und lächelt. Vielleicht war es auch genau richtig, sich vor dem „ersten wirklichen Weihnachtsgeschäft einleben zu können“.
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Geschäftseröffnung 1990 in der Stader Innenstadt
„Ich wollte ein Geschäft, das zentral liegt. Nicht nur für die Kunden, auch für mich.“ Der Pferdemarkt um die Ecke, die Post, die Banken, Lebensmittel bei Karstadt, Ute Grossers Blumenladen und Frisöre in der Nähe. Günstig war ihr Laden in der Nebenstraße zwar auch nicht - aber für sie immer noch machbar im Gegensatz zu anderen Altstadtadressen.
Sie musste die Kunden anlocken. Ein Kunstschmied fertigte ihr Logo weithin sichtbar für die Hauswand: ein Ammonit, ein ausgestorbenes Meerestier mit spiralförmiger Schale. „Es ist ein Zeichen für Beständigkeit“, sagt Doris von Lehe. Der Ausleger ist mit umgezogen und steht nun als Aufsteller in Hemmoor.

Als Goldschmiedin ist Doris von Lehe in Stade bekannt, jetzt macht sie einen Neuanfang in Hemmoor. Foto: Klempow
Schmuck mit schnörkellosem Stil
Schon zu ihrem Start in Stade war die Goldschmiedemeisterin überzeugt von ihren Arbeiten und ihrer Philosophie - aber sie wusste auch, „dass viel dazu gehört, einen Kunden für sich zu gewinnen“. Als Goldschmiedin ist sie selbstständig kreativ, braucht gestalterische Freiheiten. Trotzdem geht es darum, Kundenwünsche zu erfüllen. Ihr eigener Stil ist eher schlicht, reduziert. „Ich arbeite nicht verschnörkelt. Es sei denn, es ist eine Auftragsarbeit für eine ganz bestimmte Person.“ Gern arbeitet sie mit Gold und Silber, oft mattiert und gebürstet.
Unzählige Trauringe hat sie angefertigt. Viele dieser Kunden sind ihr treu geblieben, mittlerweile hat sie schon Trauringe für deren Kinder geschmiedet. Gerade Gold sei ein schönes, warmes und wertiges Material, sagt sie.
Goldschmied war schon ihr Großvater in Schlesien. Die Mutter mit der musischen Ader bestärkte ihre Töchter, die auf einem Bauernhof in Land Wursten aufwuchsen, in ihrem kulturellen Interesse. Kunstlehrer Alfred Straßburger war ein Glücksfall. Doris von Lehe lächelt. „Er hat mir ein Praktikum in einer Bremerhavener Goldschmiede vermittelt.“ Der zweite Glücksfall: Dort wurde ein Ausbildungsplatz frei. 1985 erhielt sie ihren Meisterbrief in Bremen.
Ihren Lebensplatz fand sie wenig später: privat in Hemmoor bei ihrem Mann, beruflich in Stade. Sie engagierte sich in der Werbegemeinschaft Aktuelles Stade und fühlt sich noch immer im Club der Soroptimistinnen wohl.
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Herzlich und hanseatisch
Die Goldschmiedin mit dem schnörkellosen Stil und die Stader - das passte. „Die Stader sind straight, das schätze ich auch“, sagt Doris von Lehe und lächelt. Auch das passt: Ihre eigene Herzlichkeit ist unverkennbar groß, aber von hanseatischer Zurückhaltung. Sie freut sich, die Goldschmiede in der Poststraße in guten Händen zu wissen, bei ihrer ehemaligen Mitarbeiterin, Goldschmiedemeisterin Ingrid Ahlborn.
In Hemmoor macht Doris von Lehe nun mit 64 Jahren einen beruflichen Neuanfang in kleinem Rahmen und nur mit vorheriger Terminabsprache. Der Schritt ist nicht so groß wie der vor mehr als 30 Jahren zur Eröffnung in Stade. Sie liebt ihre Poststraße noch immer, vor allem aber ihre Arbeit. „Es ist wichtig, dass ein Goldschmied eine Aussage trifft. Ich denke, das habe ich getan.“

Doris von Lehe neben ihrem Logo, das einen spiralförmigen Ammoniten zeigt. Damit hatte sie früher an ihrer Goldschmiede in der Stader Poststraße geworben. Heute steht das Zeichen in Hemmoor. Foto: Klempow