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TWarum Lilli Frey als Soldatin den Fokus voll auf den BSV legen kann

Lilli Frey spielte in Buxtehude zuletzt in der A-Jugend und der zweiten Mannschaft - künftig spielt sie in der 1. Liga.

Lilli Frey spielte in Buxtehude zuletzt in der A-Jugend und der zweiten Mannschaft - künftig spielt sie in der 1. Liga. Foto: Felix Schlikis

Handball-Ausbildung, Grundausbildung, Bundesliga: Für Lilli Frey aus Fredenbeck ist dank der Sportförderung der Bundeswehr alles möglich – wenn sie weiter Leistung bringt.

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Von Lars Wertgen
Donnerstag, 15.05.2025, 05:50 Uhr

Buxtehude. Training, Training und noch mehr Training – wer sich im Spitzenhandball etablieren möchte, muss viel investieren. Doch in Deutschland können nur wenige Handballerinnen alleine vom Sport leben. Viele studieren oder arbeiten nebenbei, was es schwierig macht, das volle Potenzial auszuschöpfen.

Hier greift die Spitzensportförderung der Bundeswehr ein und schafft für Talente wie Lilli Frey die Voraussetzungen, um den Handball in den Mittelpunkt zu stellen – ohne Einschränkungen.

Die 19-Jährige aus Fredenbeck ist Sportsoldatin und spielt beim Buxtehuder SV auf Linksaußen – bis zuletzt noch in der A-Jugend, aber längst auch als Leistungsträgerin im Drittliga-Team und mit ersten Einsätzen bei den Bundesliga-Frauen.

Ausbildung am Handball – und an der Waffe

Nach ihrem Fachabitur an der BBS 1 in Sozialpädagogik stand Frey vor der Frage, wie sie Sport und Beruf unter einen Hut bringen kann. Ein Freiwilliges Soziales Jahr war eine Überlegung. Doch die von DHB-Jugend-Bundestrainer Gino Smits vorgestellte Option, Teil der Bundeswehr-Sportfördergruppe zu werden, klang ebenfalls verlockend.

Dank ihres Kaderstatus beim DHB bringt die aktuelle U19/U20-Nationalspielerin die wichtigste Voraussetzung mit. Bei der Auswahl werden zudem Kriterien wie das Umfeld des Talents, die finanzielle Situation und die sportliche Perspektive herangezogen. Der Verband empfahl Frey, sie bewarb sich und absolvierte die Musterung.

Es folgte eine vierwöchige Grundausbildung an der Schule für Feldjäger und Stabsdienst in Hannover. Montags bis freitags absolvierte Frey die militärische Ausbildung, am Wochenende reiste sie zu den Spielen nach Hause. Auch die Ausbildung an der Waffe gehört dazu. Allerdings betont die Bundeswehr, dass Sportsoldatinnen im Krisen- oder Kriegsfall aktuell keine aktive Rolle übernehmen müssten.

Anschließend wurde Frey in eine der 14 Sportfördergruppen versetzt. Für den Frauen-Handball gibt es bundesweit zwölf Förderplätze. „Nach der Basis-Grundausbildung ist der militärische Dienst die ganzjährige Teilnahme an Trainings- und Wettkampfmaßnahmen“, erklärt Oberleutnant Julia Richter, die bei der Bundeswehr für die Öffentlichkeitsarbeit der Spitzensportförderung verantwortlich ist.

Handballspiele haben Priorität

Frey muss also nicht durchgehend zur Bundeswehr fahren, sondern nur zu turnusmäßigen Kurzlehrgängen. Handballspiele haben aber immer Vorrang. „Ich kann mich ansonsten zu 100 Prozent auf den Handball konzentrieren“, sagt Frey. Sie lebt und trainiert wie ein Vollprofi.

Ob Frühtraining oder das Training am Abend, ob in der Halle oder im Kraftraum: Sie kann jede Einheit mitnehmen und sich optimal auf Regeneration und Ernährung konzentrieren – manchmal in der Sauna oder im eigenen Eisbad.

Als freiwillig Wehrdienstleistende erhält Frey rund 1800 Euro brutto im Monat. Die Entlohnung richtet sich nach Dienstgrad und Dienstverhältnis – Unterschiede zwischen weiblichen und männlichen Sportsoldaten gibt es nicht. Hinzu kommen kostenfreie medizinische Versorgung, Unterkunft, Verpflegung und Anspruch auf Berufsförderung.

Lilli Frey steht beim Buxtehuder SV für zwei Jahre unter Vertrag.

Lilli Frey steht beim Buxtehuder SV für zwei Jahre unter Vertrag. Foto: BSV

Ein Nehmen und viel Geben

Frey genießt ein großes Privileg, das aber auch mit großen Erwartungen verbunden ist. Sie repräsentiert die Bundeswehr und das vorgestreckte Vertrauen weckt natürlich gewisse Erwartungen. Dem ist sich Frey bewusst. „Ich versuche, mich zu einer Spielerin zu entwickeln, auf die man sich verlassen kann“, erklärt sie. „Dafür trainiere ich viel. Das ist ein Geben und Nehmen.“

Ihre Leistungen belohnte der BSV unlängst: Die Sportsoldatin spielte beim Buxtehuder SV zuletzt in der A-Jugend um die Deutsche Meisterschaft, war letztes Jahr beim Final Four die beste Torschützin und ist in der 3. Liga Leistungsträgerin bei der zweiten Mannschaft. Für die neue Saison hat ihr der BSV einen Zweijahresvertrag angeboten.

Frey wird künftig in der Bundesliga das Linksaußen-Duo mit Teresa von Prittwitz bilden. „Lilli ist für ihr Alter schon eine starke Linksaußen mit einem guten Gespür für den Konter und einem soliden Abwehrverhalten. Sie hat ein großes Potenzial, möchte viel lernen“, lobte Trainer Dirk Leun im Februar.

Im vergangenen Jahr wurde Frey im Final Four als beste Werferin ausgezeichnet.

Im vergangenen Jahr wurde Frey im Final Four als beste Werferin ausgezeichnet. Foto: Jan Iso Jürgens

Warum die Bundeswehr in den Sport investiert

Zwar ist die Spitzensportförderung kein Kernauftrag der Bundeswehr, aber sie investiert dennoch viel und verfolgt mit dem Programm klare Ziele: Sie will Deutschlands Repräsentanz bei internationalen Wettkämpfen wie Europa- und Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen sichern.

„Wir wollen Chancengleichheit für deutsche Spitzensportlerinnen und -sportler schaffen und die Vereinbarkeit von sportlicher Laufbahn und Berufsausbildung ermöglichen“, erklärt Julia Richter. Das ist der Bundeswehr 2025 rund 67 Millionen Euro wert.

Die Ergebnisse können sich sehen lassen: Bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris stellten Sportsoldatinnen und -soldaten mehr als ein Drittel der deutschen Mannschaft: 171 von ihnen repräsentierten Deutschland, gewannen 20 Medaillen und damit über 60 Prozent aller deutschen Medaillen.

Der DHB hat die Sportfördergruppe vor einigen Jahren für den weiblichen Nachwuchs geöffnet. Auch im Handball profitierten zahlreiche Talente von diesem Modell, darunter Nele Franz, Nele Reese, Alicia Soffel, Jennifer Souza und Aimée von Pereira.

Wie geht es anschließend weiter?

Die Förderung ist zunächst auf elf Monate befristet, eine Verlängerung hängt vom Kaderstatus ab. Bleibt eine Spielerin im Kader, kann sie verlängern. Nach der Förderungszeit stehen verschiedene Wege offen: Frey kann zum Beispiel Soldatin auf Zeit werden, ein duales Studium bei der Bundeswehr beginnen oder einen zivilen Berufsweg wählen.

Nicht nur Frey und die Bundeswehr, sondern auch die Bundeswehr und der Buxtehuder SV arbeiten seit dieser Saison zusammen. Marketing-Leiter Timm Hubert hat den Deal eingefädelt. Ziel der Kooperation ist es, junge Leute für eine Ausbildung bei der Bundeswehr zu gewinnen – unabhängig davon, ob sie Talente wie Lilli Frey sind und derzeit ihren Handball-Traum leben.

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Lilli Frey in Uniform.

Lilli Frey in Uniform. Foto: Privat

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