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TWarum diese 80-jährige Heimbewohnerin endlich einen Delfin streicheln kann

Senioren haben im Amarita-Pflegeheim in Bremerhaven die Möglichkeit, mittels VR-Brille Sehnsuchtsorte zu besuchen.

Senioren haben im Amarita-Pflegeheim in Bremerhaven die Möglichkeit, mittels VR-Brille Sehnsuchtsorte zu besuchen. Foto: Arnd Hartmann

Wer im Alten- und Pflegeheim wohnt, hat oft nicht mehr die Möglichkeit, um die Welt zu reisen oder noch einmal den Geburtsort zu besuchen. Im Bremerhavener Amarita-Heim holt ein Mitarbeiter Sehnsuchtsorte in die Einrichtung – zum Greifen nah.

Von Maike Wessolowski Montag, 11.12.2023, 06:00 Uhr

Bremerhaven. Christine Neuhoff sitzt in einem Besprechungsraum des Amarita-Pflegeheims in Bremerhaven. Sie nimmt ihre Brille ab und setzt eine andere auf. Plötzlich schwimmt sie im Meer mit Delfinen, streckt die Arme aus, um ein näher kommendes Exemplar zu streicheln. Sie lacht laut.

Mitarbeiter Bernd Zahel hat seine VR-Brille mitgebracht und eröffnet den Bewohnern des Alten- und Pflegeheims neue Welten.

Zahel arbeitet am Empfang und ist auch für die Social-Media-Arbeit des Altenheims zuständig. Der Technik-Fan hat sich privat schon immer wieder Virtual-Reality-Brillen (VR) zugelegt. Und das neuste Modell, die „Quest 3“, hat er mit zur Arbeit gebracht.

Wer mit Delfinen schwimmt, muss den Bikini einpacken

Wer noch nie eine VR-Brille genutzt hat, wird es kaum glauben, welchen Effekt die Simulation auf den Betrachter hat. Es ist anders als ein Film. Die Bilder wirken so echt, dass man meint, danach greifen zu können, wie es Christine Neuhoff tut. „Da hätte ich meinen Bikini noch aus dem Zimmer holen müssen“, scherzt die muntere 80-Jährige mit dem Fotografen, der sie beim Test fotografiert.

Und mit der VR-Brille ist sie schon ein echter Profi – war in Ägypten, auf Hawaii und auch im Rheinland. „Klar, mache ich das, die Brille beißt ja nicht“, sagt sie fröhlich. Bernd Zahel programmiert die Brille über eine Handy-App. „Das dauert immer, bis es funktioniert“, weiß Neuhoff.

Über Apps lassen sich nicht nur Traumziele, sondern alle Orte besuchen, die Google fotografiert hat. Christine Neuhoff hat die Gaststätte, in der sie geheiratet hat, besucht. Erinnerungen kommen auf.

Rheinländerin ist 1977 nach Bremerhaven gezogen

Ihrem Mann zuliebe ist sie 1977 nach Bremerhaven gezogen. „Es war nicht leicht, Anschluss zu finden.“ Ihr Wohnhaus in Eitorf findet sie in der virtuellen Welt leider nicht. „50 Meter vorher hat Google aufgehört, Fotos zu machen“, bedauert Zahel.

Er beabsichtigt, die Brille immer wieder mitzubringen, um den Senioren diese Erfahrung zu ermöglichen. „So können sie Orte sehen, die sie nicht mehr besuchen können oder sich an Orte von früher erinnern, das ist doch wichtig“, findet er. Es sind auch schon Tränen der Rührung geflossen.

Zahel achtet darauf, nur ruhige 360-Grad-Bilder zu zeigen, nichts, was Übelkeit verursachen könnte. Er hofft, mit der Idee auch andere Pflegeeinrichtungen zu inspirieren, sich moderner Techniken zu bedienen.

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