TWenn ein Ehrenamtler sein Ehrenamt nicht ausüben kann

Schaubeauftragter Ernst-Wilhelm Cordes steht neben dem zugewachsenen Johann-Burfeindt-Gedächtnisgraben. Im Hintergrund gut sichtbar: der Anstieg der Straße. Foto: Bisping
Ernst-Wilhelm Cordes möchte Gräben dritter Ordnung in der Samtgemeinde Fredenbeck kontrollieren. Was ihm dazu fehlt und was passiert, wenn Wasser nicht abfließt.
Fredenbeck. Durch die Samtgemeinde Fredenbeck laufen viele Gräben. Die Gräben zweiter Ordnung kontrolliert der Unterhaltungsverband Schwinge. Sie gehören zu den Gewässern „mit überörtlicher Bedeutung für das Gebiet eines Unterhaltungsverbandes“. So weist das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz sie aus.
Die Gräben dritter Ordnung müssen von Anliegern oder Grundbesitzern gereinigt werden. Sie müssen dafür sorgen, dass das Wasser ordnungsgemäß ablaufen kann. Ehrenamtliche Schaubeauftragte kontrollieren den Zustand.
Ernst-Wilhelm Cordes ist einer der Schaubeauftragten, benannt von der Gemeinde. Im November soll er den Zustand der Gräben dritter Ordnung in Schwinge und Klein Fredenbeck melden. Was er nicht kann.
Kilometerlange Gräben laufen durch Fredenbeck
Seit drei Jahren möchte er Rapport machen. „Ich muss wieder ablehnen“, sagt der 70-jährige gebürtige Schwinger. Ihm fehlt ein Plan, ein Verzeichnis, auf dem alle Gräben festgehalten sind.
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Cordes ist auch Mitglied im Unterhaltungsverband Schwinge. Er dürfte zu den Ortskundigsten der Samtgemeinde zählen und viele Gräben kennen, alle sind ihm nicht bekannt.
„Hier gibt es kilometerlange Gräben“, sagt er. Die Fredenbecker Verwaltung habe beim Landkreis nachgefragt und um eine solche Karte oder ein Verzeichnis gebeten. Bis heute habe er keine bekommen, teilte Ernst-Wilhelm Cordes den Ratsmitgliedern bei der jüngsten Gemeinderatssitzung mit.
Kann Wasser nicht versickern, wird es problematisch
Die Samtgemeinde hat eine Größe von gut 144 Quadratkilometern (Quelle: Wikipedia). In Schwinge bekomme er die Gräben noch zusammen, sagt Ernst-Wilhelm Cordes. Aber in Klein Fredenbeck nicht.
Häufig reichen Mulden aus, damit Wasser versickert. Gibt es keine, kann es problematisch werden. Und zwar dann, wenn das Wasser auf der Straße steht und durch den Graben kein Wasser fließen kann - wie beim sogenannten Johann-Burfeindt-Gedächtnisgraben.
Der circa 700 bis 800 Meter lange Graben zweiter Ordnung reicht in Schwinge von der Straße Osterende bis zur Straße Ordenskamp. Auch neben dem Ordenskamp verliefen mal rechts und links Gräben, erzählt Cordes. Die hätten die Anwohner nicht gewollt.
Die Gräben wurden zugeschüttet. Bei stärkerem Regen habe das Wasser auf der Straße gestanden. Die Anwohner hätten sich beschwert.
So kam der Graben in Schwinge zu seinem Namen
Der damalige Bürgermeister Johann Burfeindt sei es leid gewesen. Er habe neben der namenlosen Straße einen Graben buddeln lassen, erinnert sich Ernst-Wilhelm Cordes. Nicht bedenkend, dass es eine Steigung gibt - und das Wasser an dieser Stelle nicht fließen kann.
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Vor neun Monaten war dieser Graben verstopft. Das Wasser floss nicht ab, weil es bergauf geht, es stand im Graben. Die Freiwillige Feuerwehr Schwinge musste anrücken. „Es drückt dann in die Rohre und fließt von den Grundstücken nicht ab.“ Dort gebe es keine Oberflächen-Entwässerung von der Gemeinde, keinen Kanal.
Längs des Asphalts hat sich auf dem Ordenskamp inzwischen Erde angehäuft. Die kleinen Erhöhungen rechts und links der Straße müssten abgetragen werden, dann könnte das Wasser von der Straße abfließen. Aber auch das geht nicht eben so. „Das ist Sondermüll, der beprobt werden muss“, weiß der Schaubeauftragte. „Und den zu entsorgen, ist richtig teuer.“
Eigentlich müssten an jedem Feldweg die Gräben aufgemacht werden, sagt er. Auch das ist mit Hürden verbunden: Über die Zeit sind dort an vielen Stellen Pflanzen gewachsen. Büsche und Sträucher wegzunehmen sei aus Naturschutzsicht schwierig, vermutet Cordes.
Gibt es eine Auflistung schaupflichtiger Gräben?
Wie sieht es nun mit den Gräben dritter Ordnung aus? Der Landkreis spielt den Ball zur Gemeinde zurück: Er hat kein Verzeichnis, wie eine Nachfrage ergab.
„Die Gemeinden sind zuständig für die Gewässerschauen“, sagt Heiko Köhnlein, Leiter im Amt Wasserwirtschaft und Küstenschutz des Landkreises. Ein Verzeichnis müsste, möglicherweise auch in Textform, der Gemeinde Fredenbeck vorliegen. Wer bei der Grabenpflege Fragen habe, könne sich an die Untere Naturschutzbehörde wenden. „Sie sagt, worauf zu achten ist.“
Jan Kremers, beim Bauamt in Fredenbeck zuständig für Gräben und Abwässer, bestätigt seine Anfrage beim Landkreis. Er sagt, das müsse er prüfen und analoge Pläne im Archiv sichten - ob es eine Auflistung schaupflichtiger Gräben gibt. Der ehrenamtliche Kontrolleur Ernst-Wilhelm Cordes steht jedenfalls in den Startlöchern.

Durch den Gedächtnisgraben fließt kein Wasser, es steht und sammelt sich. Die Feuerwehr Schwinge muss anrücken. Foto: Markus Möller

Der Ordenskamp hatte mal rechts und links einen Graben. Jetzt sammelt sich neben dem Asphalt die Erde. Foto: Bisping