TWerder-Rückkehrer Topp: „Ich bin ein richtiges Dorfkind“

Keke Topp aus Gnarrenburg geht mit erst 20 Jahren schon in sein insgesamt neuntes Jahr bei den Bremern. Foto: IMAGO/Nordphoto
Von Werder Bremen zu Schalke 04 und zurück: Shootingstar Keke Topp spricht im Interview über seine Vergangenheit, Plan B und die Bindung zu seinem Vater.
Zell am Ziller. Keke Topp weiß, was er will. Selbstbewusst erscheint der 20-jährige Fußball-Profi zum Interview-Termin mit der Redaktion, eiert bei Fragen zu seiner Rückkehr zum SV Werder Bremen und den dortigen Zielen nicht lange rum. Fast immer hat der Angreifer einen flotten Spruch auf den Lippen, aber er beherrscht auch die leisen Töne – etwa dann, wenn er über seine Familie spricht.
Sie sind nun wieder bei Werder, gehen mit Ihren erst 20 Jahren dort schon in Ihr insgesamt neuntes Jahr. Und jetzt stehen Sie unmittelbar vor Ihrer ersten Bundesliga-Saison. Was bedeutet Ihnen dieses Gesamtpaket?
Es ist ein tolles Gefühl, wenn man es als früherer Jugendspieler schafft, später im Profikader zu sein. Jetzt geht es darum, den nächsten Schritt sowie die ersten Spiele zu machen und die ersten Tore zu schießen, um sich dort auch zu etablieren. Ich werde alles dafür geben, um so viele Minuten wie möglich zu sammeln.
Müssen Sie sich manchmal kneifen, wenn Sie darüber nachdenken, was in den vergangenen drei Jahren alles passiert ist?
Nein. Ich habe dafür hart gearbeitet. Und auch wenn man sich darüber freut, dass man diesen Schritt geschafft hat, fokussiert man sich gleichzeitig aber auch auf seine nächsten Ziele.
Durchzukommen ist aber nicht selbstverständlich, den Traum vom Profifußball haben viele. Wann haben Sie gespürt, dass Sie es packen?
Das kann ich gar nicht so genau sagen. Als mir mein Berater nach der U17 von den ersten Anfragen anderer Vereine berichtet hat, habe ich gedacht, dass es vielleicht klappen könnte. Im zweiten U19-Jahr habe ich dann gemerkt, dass die Wahrscheinlichkeit nicht mehr gering ist, dass ich meine ersten Schritte im Profifußball machen darf.
Gab es überhaupt einen Plan B?
Den gab es, aber der wäre eher notgedrungen gewesen. Es wäre wahrscheinlich der Familienbetrieb geworden, obwohl mein Vater das eigentlich gar nicht wollen würde. Und eigentlich wollte ich es auch nicht.
Ihr Vater ist Metzger. Formten die guten Frikadellen von Papa Ihren Körper oder wo liegt das Geheimnis?
Das liegt bei mir in der Familie, dort sind alle groß, stämmig und sehr stabil gebaut. Aber wahrscheinlich hat sich auch die eine oder andere Stunde im Kraftraum gelohnt.
Fußball-Bundesliga
Werder-Kapitän Friedl: Keine Wechselabsichten
Kapitän Marco Friedl hat schon zugegeben: „Er ist ein Stürmer, gegen den es wehtut.“ Kann es ein besseres Kompliment geben?
Nein, das ist schön zu hören. Die Körperlichkeit ist eine große Stärke, das ist dann eine schöne Bestätigung.
Woher kommt Ihre Vorliebe für das Krafttraining?
Das ist schließlich nicht jedermanns Sache. Das stimmt. Aber ich würde jedes Krafttraining mehr favorisieren als alle Laufeinheiten. Es ist Arbeit, die getan werden muss.
Gönnen Sie sich noch Fleisch oder Wurst aus der Metzgerei oder lassen Sie das komplett weg, wenn es jetzt ganz nach oben in die Bundesliga geht?
Ich versuche, auf meine Ernährung zu achten und esse nicht alles von zu Hause – oder nur an bestimmten Tagen. Ich kaufe aber ohnehin kein Fleisch aus dem Supermarkt. Selbst in Gelsenkirchen hat mein Vater mir immer Fleisch aus Gnarrenburg mitgebracht.
Voller Fokus auf regionale Produkte also. Sind Sie ein richtiges Dorfkind?
Ja. Auf jeden Fall bin ich ein richtiges Dorfkind.
Woran machen Sie das fest?
Ich fühle mich auf dem Dorf einfach wohler als in der Stadt. Ich mag es nicht, im großen Getümmel zu sein oder erkannt zu werden, wenn ich vor die Tür gehe. Klar, manchmal ist das auch ein schönes Gefühl, aber ich habe es lieber, für mich allein oder nur mit meinen besten Freunden oder der Familie zusammen zu sein. Ich schätze es sehr, wenn man einen Garten hat und sich im Dorf alle grüßen. Die Leute dort wissen, wie ich bin.
Sie haben eine sehr enge Bindung zu Ihrem Vater. Was zeichnet Sie beide aus?
Wir sind unzertrennlich. Er ist mein bester Freund und wir sind wirklich sehr, sehr eng.
Wie hat sich das entwickelt?
Es ist noch einmal intensiver geworden durch den Tod meiner Mutter. Wir haben uns aber auch davor schon sehr gut verstanden.
Sie haben im Mai öffentlich gemacht, dass Ihre Mutter im vergangenen September verstorben ist. Wie haben Sie sportlich in dieser Zeit überhaupt die Leistungen bringen können, die Sie letztlich auch wieder zu Werder geführt haben?
Beim Fußball konnte man es ein wenig vergessen. Und natürlich half auch der Gedanke, dass sie stolz darauf wäre, was ich geschafft habe. Ich denke viel und jeden Tag an sie – und natürlich überlegt man auch bei wichtigen Entscheidungen, ob Sie den Daumen heben würde.
Zurück zur Körperlichkeit. Ihr privater Athletikcoach Arne Greskowiak hat kürzlich im Gespräch über Sie gesagt: „Wie willst du so einen Spieler mit diesem Körpergewicht und dieser Körperkonstitution überhaupt bremsen?“ Hat er recht?
Ach, Arne. (lacht) Ich bin sicherlich nicht der Schnellste, weshalb mir der Körper in die Karten spielt. Für meine Gegenspieler ist es deshalb schwieriger, mich vom Ball zu trennen. Wenn ich ins Laufen komme, wahrscheinlich sogar noch mehr. Aber stoppen kann man jeden irgendwie.
Aber Sie haben ein Gegenmittel …
Ja. Es kann vielleicht wehtun. (grinst)
Sie sind aktuell ein Fan-Liebling. Wie kommt das bei den neuen Kollegen an, denen gegenüber man sich ohnehin sportlich erst einmal beweisen muss – insbesondere in jungem Alter. Spüren Sie da eine Art von Neid, dass Sie etwas vom Sonnenlicht stehlen?
Nein, überhaupt nicht. Ich weiß aber auch wirklich nicht, ob ich überhaupt ein Fan-Liebling bin. Es hat noch kein Spieler zu mir gesagt, dass jetzt der neue Fan-Liebling da ist.
Es wirkt bei den bisherigen Trainingseinheiten – auch und gerade hier im Zillertal – zumindest so.
Das freut mich natürlich zu hören. Ich weiß aber, dass es zwei Seiten geben kann. Ich genieße es, dass ich jetzt auf der guten Seite bin, weiß aber auch, dass es schnell auf die unangenehme Seite gehen kann.
Machen Sie sich einen speziellen Druck, dass es hier bei ihrem Lieblingsverein unbedingt klappen muss, klappen soll?
Nein. Ich denke, dass die Zeit für mich spielt, weil ich sehr jung bin und mich hoffentlich noch weiterentwickeln werde. Wenn ich mir selbst Druck machen würde, wüsste ich sofort, dass es nichts werden würde. Ich versuche daher, eine gute Balance aus Druck und Anspannung zu finden.
Wie machen Sie das?
Mein früherer Jugendtrainer auf Schalke, Norbert Elgert, hat mir immer gesagt, dass man die Anspannung zulassen und nicht dagegen angehen soll. Und man sollte sich nicht zu viel Druck machen, weil man sonst überdreht.
Wie sehr nerven Sie eigentlich die ständigen Vergleiche mit Niclas Füllkrug?
(seufzt) Ihr lebt ja davon. Meinem Vater, meinem Berater und mir war das von vornherein schon klar, dass es so kommen würde. Ich kann es ja eh nicht ändern, dass es passiert. Natürlich ist es manchmal auch schön, weil Niclas Füllkrug der beste deutsche Stürmer ist. Trotzdem will ich die Erwartungen lieber niedrig ansetzen, denn er ist ein gestandener Profi und hat sich auf dieser Bühne schon bewiesen. Ich habe noch viel Zeit vor mir und hoffe, dass ich irgendwann mal dieses Level erreichen werde.
Wie muss die kommende Saison aussehen, damit Sie am Ende sagen, dass es für Sie richtig gut gelaufen ist?
Wenn es eine Saison mit möglichst vielen Toren, viel Spielzeit und dem größtmöglichen Erfolg mit Werder war.
Was heißt denn „möglichst viele Tore“?
Als Stürmer werden Sie genau daran gemessen? Ich habe mir da kein konkretes Ziel gesetzt. Insgeheim gibt es da vielleicht eine Zahl in meinem Kopf, aber vorrangig geht es darum, viele Minuten zu sammeln und Spiele zu gewinnen. Die Mannschaftsziele sind viel wichtiger.