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Gastronomie

TWie ein Konditor sich seine eigenen Restaurants erarbeitete

Weert Zell liebt seine neue Heimat Bremerhaven und möchte sie nicht mehr missen.

Weert Zell liebt seine neue Heimat Bremerhaven und möchte sie nicht mehr missen. Foto: Kröger

Weert Zell ist gelernter Konditor. Doch dabei bleibt es nicht. Er ist strebsam: Bundeswehr, Konditor, Kellner und zwei Restaurants gleichzeitig – für ihn kein Problem.

Von Ann-Kathrin Kröger Dienstag, 19.08.2025, 12:46 Uhr

Bremerhaven. „Hier fühle ich mich wohl, habe alles, was ich brauche, und finde Bremerhaven einfach wunderschön“, schwärmt Weert Zell. Seit 2024 lebt er mit seiner Frau hier. Eigentlich ist er aber waschechter Ostfriese. Mit 18 Jahren fährt Zell mit dem Auto regelmäßig von Norden nach Greetsiel – immer wieder zieht es ihn in den idyllischen Küstenort. Er besucht dort ein Café, bestellt sich Kaffee und ein Stück Apfelkuchen. Für ihn ist das pure Romantik, ein Ort, an dem er gern für immer bleiben würde.

Zell wächst im beschaulichen Norden, mitten im Herzen Ostfrieslands, auf. Dort macht er seine Ausbildung zum Konditor und schließt diese mit Bestnote ab. Anschließend geht er zur Bundeswehr und ist in der Küche eingesetzt. Dort lernt er das „einfache“ Kochen. Wieder zurück in seiner Heimat kehrt Zell in seinen früheren Ausbildungsbetrieb zurück, schult dort sogar zum Kellner um. Nach einem Führungswechsel passt es dort für ihn nicht mehr. Zells Mutter gibt ihm den lebensverändernden Impuls: „Du kannst dich auch selbstständig machen.“

Ein Telefonat lockt ihn nach Greetsiel

Zells Mutter arbeitet in Norden in einem Restaurant, das einen Nachfolger sucht. Er zögert: „Mama, ich kann doch gar nicht richtig kochen“, beim Bund hat er zwar gekocht, aber für ihn reicht das definitiv nicht für ein Restaurant. Trotz der Zweifel fängt Zell im Schienfatt an, einem Restaurant mit Kegelbahn. Die damaligen Besitzer sind schnell überzeugt: „Ihr Sohn, der ist toll, der kann das machen.“ Einen Koch könne er einstellen. Gesagt, getan.

Mit seinem Koch ist Zell nicht glücklich: „Der hat mir alles kaputt gekocht.“ Kurzum steht er ohne Koch da, macht Service und Küche. Zell kriegt es hin, wird immer besser. Ein Lokal genügt ihm nicht. Zu seinem Steuerberater sagt er scherzhaft: „Ich hätte Lust, ein zweites Lokal zu öffnen, wenn du etwas findest, bin ich sofort dabei.“ Wenige Wochen später klingelt das Telefon, der Ostfriese kann es kaum glauben – ein Restaurant in Greetsiel sucht einen Pächter.

Strenge Lehre bei Wolfgang Leber

Zell ist begeistert von dem kleinen Restaurant mit Blick auf den Greetsieler Hafen. Er renoviert das Fischerhus liebevoll im ostfriesisch-maritimen Stil – ein Ort zum Wohlfühlen. In der Wohnung darüber genießt er den Blick auf die Kutter vor der Tür. „Ich habe dann drei oder vier Jahre zwei Restaurants gleichzeitig gehabt“, erzählt er. Das fordert jedoch seinen Preis. Denn von Greetsiel, das er schnell Heimat nennt, bekommt er eigentlich kaum etwas mit.

Eines Tages hat der gelernte Konditor den Koch Wolfgang Leber zu Gast, ein Vorbild für Zell. „Ich weiß heute noch: Er hatte ein Oldenburger Zwiebelsteak und seine Frau ein Toast Hawaii“. „Das war richtig lecker, aber das geht besser“, lautet das Urteil des Experten. Hast du nicht mal Lust, mich zu besuchen? Und so kommt es, dass Weert Zell neben seiner Arbeit noch eine Lehre bei Leber macht. Eine sehr strenge Ausbildung. Nur Leber durfte sprechen. Die schroffe Art seines Lehrmeisters macht ihm nichts aus. „Das war eine tolle Zeit. So habe ich das große Kochen gelernt.“

Schluss mit der Selbstständigkeit

Nach sechs Jahren führt Zell nur noch das Fischerhus. Das hat sich inzwischen einen Namen gemacht. So sehen das 2023 auch der Gusto, der Varta-Führer und der Schlemmer Atlas. 32 Jahre ist Zell selbstständig, bis er an einem Pfingstmontag beschließt: „Jetzt ist Schluss.“ Die viele harte Arbeit hinterlässt Spuren, nun möchte er das Leben einfach mal genießen. Nach einigen Vorbereitungen fällt am 31. Dezember 2022 mit dem Feuerwerk zum Jahreswechsel eine Last von ihm ab. Die Selbstständigkeit endet, die Leidenschaft fürs Kochen bleibt.

Zell räumt das Fischerhus aus, schrubbt jede Ecke selbst und verdrückt dabei auch mal eine Träne, der Abschied ist hart, aber richtig. Während sich das Kapitel Fischerhus schließt, besucht er mit seiner Frau regelmäßig Bremerhaven und verliebt sich in die Stadt. Sie finden 2024 eine Wohnung mit Blick auf den neuen Hafen. Bei dieser Aussicht kommt alte und neue Heimat zusammen.

Heiraten auf dem Meer

Ein neues Kapitel beginnt. Nur eines fehlt noch: das Kochen. Für seine Frau den Kochlöffel zu schwingen, bereitet zwar Freude, doch es ist nicht mit dem À-la-carte-Kochen vergleichbar. In seinem Stammlokal, dem Lloyds, fragt er den Küchenchef einfach mal nach einem Job. Eine Viertelstunde später steht fest, Zell darf zum Probekochen kommen. Er überzeugt und schon im September steht er drei Tage die Woche zufrieden in der Küche.

Im November heiratete er seine große Liebe auf der Schulschiff Deutschland. Nach einem langen Weg und einer erfolgreichen Karriere ist Weert Zell endlich angekommen, in seiner „Heimat für immer“.

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