TWird dieser Neuzugang der neue Publikumsliebling beim VfL Stade?

Auf dem Weg zum Korb: Kerem Baysalli scheint mit seiner spektakulären Spielweise beim VfL Stade gut anzukommen. Foto: Martin Elsen
Nur ein Jahr wollte Kerem Baysalli in Deutschland bleiben, jetzt sind es drei. Beim VfL Stade hat das Basketballtalent aus der Türkei das Zeug zum Publikumsliebling.
Stade. Nach dem deutlichen Sieg im Regionalligaspiel gegen Göttingen sitzt Kerem Baysalli im weißen Trikot des VfL Stade neben seinem Trainer und soll bei der Pressekonferenz seine Einschätzung abgeben.
„Es war auf jeden Fall ein wichtiges Spiel für uns“, sagt Baysalli und studiert kurz die Statistik, „jeder hat gepunktet, jeder hat seine Minuten bekommen. Es hat Spaß gemacht.“ Statement beendet.
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Zuvor hatte Baysalli noch mit Trainer Joan Rallo Fernández diskutiert, warum ausgerechnet er zur Pressekonferenz muss und was er überhaupt sagen soll. Doch mit einem lockeren Spruch konnte Fernández ihn schließlich überzeugen.
Baysalli eifert den NBA-Stars nach
Ein paar Tage später lacht Kerem Baysalli über diese Episode. „Pressekonferenzen kenne ich sonst nur aus dem Fernsehen“, sagt er, „aber am Ende war es gar nicht so schwer.“
Die Pressekonferenz dürfte zu den kleineren Herausforderungen gehört haben, die Baysalli in den vergangenen Jahren gemeistert hat. Schließlich kam der Neuzugang des VfL Stade erst vor drei Jahren nach Deutschland.

Trainer Joan Rallo Fernández hat Kerem Baysalli mit einer Instagram-Nachricht zum VfL Stade gelotst. Foto: Wolf (Archiv)
Geboren und aufgewachsen ist Kerem Baysalli in Istanbul. Mit sechs Jahren folgte er seinem älteren Bruder zum Basketball, besuchte mit seiner Familie die Spiele des türkischen Rekordmeisters Anadolu Efes und eiferte den NBA-Stars Stephen Curry und Giannis Antetokounmpo nach.
Anfrage aus Stade kam über Instagram
Vor drei Jahren kam er für ein Austauschjahr nach Emden. „Eigentlich wollte ich danach in der Türkei die Schule beenden“, sagt Baysalli. Doch der Plan änderte sich schnell. Bei einem Turnier wurde ein Trainer aus Bremerhaven auf ihn aufmerksam.
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Baysalli blieb und spielte mit Bremerhaven in der fünften Liga und in der Nachwuchsbundesliga. „Ich hatte viel Spielzeit und viel Verantwortung - und das hat mir geholfen, selbstbewusster zu werden“, sagt er. „Es war ein Traum.“
Nach zwei Jahren und dem bestandenen Abitur wollte er mehr: eine Liga höher spielen und studieren. Da traf es sich gut, dass Trainer Fernández ihn auf Instagram anschrieb und im Sommer zum ambitionierten Viertligisten nach Stade lotste.
„Ein perfektes Beispiel für Integration“
Baysalli zog mit drei Mitspielern in eine Wohnung des VfL Stade und begann in Harburg Wirtschaftsingenieurwesen zu studieren. Deutsch spricht er fließend. Schon in der Türkei hat er eine österreichische Schule besucht.
Bei den Verantwortlichen in Stade schwingt viel Anerkennung mit, wenn sie über den 20-Jährigen sprechen. „Er kam aus der Türkei, hat sich selbst um sein Visum gekümmert, er spricht sehr gut Deutsch und studiert: Kerem ist ein perfektes Beispiel für Integration“, sagt Fernández.

Stades Teammanager Thomas Bolz. Foto: Jan Iso Jürgens (Archiv)
Teammanager Thomas Bolz: „Ich bin mit seinem Spiel sehr zufrieden. Er ist sehr zuverlässig, packt die Dinge an. Das ist für sein Alter schon sehr beeindruckend.“
Der Neue lernt von seinen Kollegen
Baysalli selbst betont, dass er noch viel lernen will, vor allem sprachlich und sportlich. Zwar hat der 1,90 Meter große Point Guard nach eigener Aussage schon „viel Vertrauen“ in seine Dreipunktewürfe, „aber ich will noch besser werden und mir mehr Spielzeit erarbeiten“, sagt er. Bisher war gut ein Drittel seiner 39 Versuche erfolgreich, ein guter Wert.

Baysallis Point-Guard-Kollege Nil Angelats spielte bereits in der ersten spanischen Liga. Foto: Wolf (Archiv)
Vor allem von seinen erfahrenen Positionspartnern Nil Angelats und Francesc Iturria kann er noch viel lernen. „Wenn ich Fehler mache, frage ich die beiden, was ich besser machen kann“, sagt er, „und es gibt kaum eine Frage, die sie nicht beantworten können.“ Angelats zum Beispiel spielte bereits in der ersten spanischen Liga.
Baysalli begeistert junge Fans
Beim VfL Stade hofft man, Baysalli „noch eine Weile“ (Bolz) halten zu können. Fernández kann sich vorstellen, aus ihm einen „Leader“ zu machen. Vielleicht kann er dann die Fans noch mehr mitreißen.
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Fernández hat bei den Heimspielen schon beobachtet, dass Baysalli mit seiner spektakulären Spielweise, seinen hohen Sprüngen und seiner Zweikampfstärke vor allem die jungen Zuschauer anspricht.
„Ich habe schon ein paar Mal gesehen, wie sie nach dem Spiel Selfies mit ihm gemacht haben“, sagt Fernández. Kerem Baysalli scheint das Zeug zum Publikumsliebling zu haben.