TWrackschutz missachtet? Experte erklärt die U-Boot-Bergung in der Nordsee

Das U-Boot U16 wurde inzwischen komplett geborgen. Experten der AWI gehen von etwa 750 bis 1000 Wracks mit militärischem Hintergrund in der Nordsee aus. Foto: Larschow
Wurde bei der Bergung des historischen U-Boots gepfuscht? Matthias Brenner, Experte des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) in Bremerhaven, über die Untersuchungen und Gefahren der Nordsee.
Bremerhaven. Wurden bei der Bergung des U-Bootes vor der Insel Scharhörn in der Nordsee Vorschriften missachtet? Ist dabei stümperhaft vorgegangen worden? Das für das Vorgehen verantwortliche Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie wird scharf kritisiert. Bei der Bergung war der Rumpf des 106 Jahre alten Boots in zwei Teile zerbrochen.
Unverständnis äußert auch Matthias Brenner, Experte des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) in Bremerhaven. Brenner ist Marine-Biologie am Institut und sagt, dass er sich über das Vorgehen bei der Bergung des U-Bootes gewundert habe: „Diese Wracks stehen eigentlich unter Denkmalschutz und es könnte ein Seemannsgrab sein. Insofern bin ich selbst überrascht, wie das Boot geborgen wurde und im Anschluss verschrottet werden soll.“
Kriegswracks liegen im Fokus der AWI
Das AWI ist auch mit der Untersuchung von Wracks in der Nordsee befasst. Im Fokus liegen vor allem Kriegswracks, die zum Zeitpunkt ihres Untergangs noch Munition an Bord hatten. Davon gehen explosive und chemische Gefahren aus, die Menschen und die Umwelt bedrohen.
„Wir interessieren uns für die Wirkung von gelösten Explosivstoffen auf marine Organismen. Wir untersuchen das im Rahmen von verschiedenen Projekten zum Thema Weltkriegslasten“, sagt Brenner.
Diese Projekte werden mit nationalen und internationalen Mitteln finanziert. Aktuell läuft das REMARCO-Projekt. Es geht um Munitionshotspots im Wasser, das können auch Wracks sein. Im September läuft wieder ein Schiff aus, das in der Deutschen Bucht und vor Norwegen entsprechende Untersuchungen durchführen soll.
Vorgehensweise bei der Untersuchung von Wracks
Das Prozedere, wie sie dabei vorgehen, erklärt der Biologe so: „Wir sind belehrt worden, dass die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) in Koblenz als Besitzer solcher Wracks gilt. Da alle Wracks denkmalgeschützt sind, informieren wir bei unseren Untersuchungen an Wracks die Bundesanstalt, aber auch Landesbehörden für Archäologie – je nachdem, welchem Bundesland die Gewässer gehören.“
Darüber hinaus informiere das Institut auch den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, da Kriegsschiffe als Kriegsgräber gelten.
Liegen die Wracks außerhalb von zwölf Seemeilen vor der Küste, ist dafür kein bestimmtes Land zuständig. Auch in solchen Fällen würden die Behörden informiert.
U-Boote werden selten geborgen
Experten des AWI gehen von etwa 750 bis 1.000 Wracks mit militärischem Hintergrund in der Nordsee aus. Wie viele davon U-Boote sind, ist nicht bekannt. Diese würden selten geborgen: „Wir kennen diverse Wracks, von denen Umweltgefahren ausgehen, die in absehbarer Zeit nicht geborgen werden“, sagt Brenner. Sie plädieren auch nicht für ein Heben der Wracks. Normalerweise würde man nur Problemstoffe wie Munition oder Treibstoff bergen.
Dominik Schröder, Sprecher der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV), erklärte auf Anfrage, das Wrack habe eine Gefahr für die Sicherheit des Schiffsverkehrs dargestellt und die Bergung erfolgte auf Grundlage des Bundeswasserstraßengesetzes (Paragraph 24 und 30). „Die Bergung ist damit nicht illegal“, so Schröder.
Auch sei ein vollständiges Heben nicht möglich gewesen, die Materialalterung sei deutlich fortgeschrittener gewesen als erwartet. Der WSV sei nicht bekannt gewesen, dass das Wrack im Eigentum der BImA stehen könnte.