TWut entlädt sich hinter verschlossener Tür – Opfer leidet bis heute

Ein 20-jähriger Bremervörder wurde im Amtsgericht wegen zweifacher gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Foto: Puchner/dpa
Ein Streit in der Partnerschaft eskaliert, eine junge Frau in Bremervörde wird von ihrem Freund bedroht. Der Mann entzündet seine Kleidung.
Bremervörde. Ein gemeinsamer Abend in der Wohnung der Freundin endete mit gefährlichen Körperverletzungen: Ein 20-jähriger Bremervörder entzündete seine Kleidung, trat mehrfach seine Freundin und hielt ihr ein Messer an den Hals. Jetzt fiel das Urteil. Das Amtsgericht Bremervörde hat den Mann zu einer neunmonatigen Betreuung durch die Jugendgerichtshilfe verurteilt.
Zu den Straftaten kam es im Februar 2024 in einer Bremervörder Wohnung. Der damals 19-jährige Bremervörder und seine zu diesem Zeitpunkt 20-jährige Freundin gerieten am Abend in Streit. Der junge Mann trank bereits ab 18 Uhr Alkohol. Worum es in dem Streit konkret ging, könne er nicht mehr sagen, berichtete der Angeklagte dem Bremervörder Richter Fabian Pflug. Auch an den weiteren Verlauf des Abends könne er sich nicht erinnern.
Angeklagter zündet seine Kleidung an
Seine damalige Freundin erinnert sich noch ziemlich genau an den Tatabend. Sie habe den alkoholisierten Freund aus ihrer Wohnung verwiesen. Der sei jedoch zurückgekehrt und habe lautstark zurück in die Räume gewollt. Er wolle noch Sachen herausholen. Sie habe ihn schließlich wieder hereingelassen.
In der Wohnung eskalierte die Situation. Der Angeklagte verschüttete Speiseöl in der Wohnung und auf seiner Kleidung, setzte eine Papiertüte und seine Kleidung in Brand. Als die junge Frau die Polizei anrief, trat er zweimal auf seine Freundin ein. Schließlich hielt er der damals 20-Jährigen ein Messer an den Hals.
Im Prozess wurden Fotos von den entstandenen Verletzungen gezeigt. An Rücken und Hals blieben rote Hautverletzungen zurück. Am Messer befand sich frisches Blut. „Das stammte von meinem Freund. Er hat mit dem Messer auf ein Handy eingestochen und muss sich dabei geschnitten haben“, erklärte das Opfer. Die alarmierte Polizei nahm den Täter schließlich mit.
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Fotos vom Tatort gegen das Verdrängen
Das Paar sah sich zunächst einen Monat lang nicht, weil der 20-Jährige wochenlang wegen einer am Tatabend entstandenen Brandverletzung in einem Hamburger Krankenhaus behandelt wurde. „Von April bis August waren wir dann wieder zusammen. Ich habe gehofft, dass er sich ändert, denn ich habe ihn trotzdem noch geliebt“, berichtete das Opfer vor Gericht. Inzwischen gehe es ihr ziemlich schlecht, der Alltag falle ihr schwer, berichtete das derzeit arbeitslose Opfer.
Die Staatsanwältin riet der jungen Frau, sich therapeutische Hilfe zu suchen. „Ihre Aussage hier ist ein erster Schritt, die Tat aufzuarbeiten“, sagte die Staatsanwältin und bedankte sich bei der Frau für deren Mut.
Der Angeklagte schilderte im Prozessverlauf, dass er eigentlich keinem etwas antue. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich sie angegangen bin“, sagte er. Die Staatsanwältin wies ihn noch einmal auf die Tatortfotos hin. „Dass Sie hier eine verdrehte Einschätzung der damaligen Situation haben, führt bei mir zur Sorge“, erklärte die Staatsanwältin.
Eine Mitarbeiterin der Jugendgerichtshilfe berichtete eingehend über den Lebenslauf des 20-Jährigen. Er habe keine Vorstrafen, lebe im Elternhaus und absolviere eine Ausbildung zum Verkäufer. Eine erste Ausbildung habe er abgebrochen, und es sei in der Jugendzeit häufiger zu Streitereien mit dem Vater gekommen. Der Angeklagte konsumiere zeitweise zu viel Alkohol. Zweimal musste er mit Alkoholvergiftungen ins Krankenhaus eingeliefert werden. Zudem habe es eine stationäre Alkohol-Entgiftung gegeben. Derzeit besuche der Angeklagte einmal wöchentlich eine Selbsthilfegruppe für Alkoholiker.
Alkoholproblem besteht seit Jahren
Der Angeklagte berichtete, dass er derzeit keinen Alkohol trinke. Er leide unter Suizid-Gedanken und nehme seit einigen Wochen Antidepressiva. Die Mitarbeiterin der Jugendgerichtshilfe empfahl, dass der Angeklagte ein therapeutisches Angebot hinsichtlich seines Alkoholkonsums wahrnehmen solle. Dem schloss sich die Staatsanwältin an. Sie forderte, dass der Angeklagte sechs Monate lang von der Jugendgerichtshilfe betreut werde. „Sie haben noch nicht erkannt, dass Sie ein sehr großes Problem haben. Das hier könnte Ihre letzte Chance sein. Die Gesellschaft muss vor Ihnen geschützt werden. Es geht hier um gefährliche Körperverletzungen“, betonte sie.
Die Staatsanwältin forderte deshalb, dass der Angeklagte eine ambulante Entzugstherapie absolvieren und sechs Monate von der Jugendgerichtshilfe betreut werden solle. Das Urteil von Richter Fabian Pflug ging noch über die Forderung der Staatsanwältin hinaus. Der 20-jährige Angeklagte bekommt eine neunmonatige Betreuung und soll innerhalb der nächsten drei Monate eine ambulante Alkohol-Entzugstherapie beginnen. Zudem soll er weiterhin wöchentlich an den Selbsthilfetreffen teilnehmen. Sollte er sich nicht an diese Auflagen halten, muss er ins Gefängnis. „Mein Hauptanliegen ist, dass sie nüchtern bleiben“, betonte Richter Fabian Pflug.