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Fußball-Regionalliga

TZu klein für die große Karriere - Siefkes trotzdem der Beste im Norden

Patrick Siefkes wurde zum besten Torhüter der Saison 2024/25 gewählt.

Patrick Siefkes wurde zum besten Torhüter der Saison 2024/25 gewählt. Foto: Struwe (Archiv, nomo)

Patrick Siefkes gehört zu den Besten seines Fachs. Eine Wahl hob dies einmal mehr hervor. Er relativiert die Auszeichnung - Statistiken interessieren ihn eh nicht.

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Von Jan Bröhan
Donnerstag, 16.10.2025, 17:50 Uhr

Drochtersen. Als sich die SV Drochtersen/Assel am Samstag einen 1:0-Sieg bei Altona 93 sicherte, ging in die Statistik von Torhüter Patrick Siefkes ein weiteres Zu-Null-Spiel ein. Gleichzeitig wurde er in Abwesenheit in Bremen zum besten Torhüter der Regionalliga Nord in der vergangenen Saison ausgezeichnet.

Siefkes erzählt, er habe per Brief eine Einladung bekommen, wusste aber gar nicht, worum es geht. Wegen der gleichzeitigen Spielterminierung habe er natürlich abgesagt. Per Mailverkehr habe er dann erfahren, dass er diese Auszeichnung bekommen hat. Allein diese Anekdote und insbesondere, wie nüchtern er sie schildert, steht für Understatement und den Typen „Paddi“, wie sie ihn bei D/A nennen.

Kapitän nimmt an der Wahl teil - der Trainer nicht

Abgestimmt haben Journalisten, die Trainer und die Mannschaftskapitäne, wobei keine eigenen Spieler oder Teamkollegen nominiert werden durften.

D/A-Kapitän Nico von der Reith setzte beispielsweise Aufstiegstorhüter Tom Opitz vom TSV Havelse auf den ersten von drei Nominierungsplätzen. „Aber Paddi hat es ganz klar verdient“, sagt von der Reith. Siefkes sei in den entscheidenden Momenten da und zeige über Jahre eine konstant starke Leistung. „Und er führt uns Vorderleute“, lobt der Verteidiger.

D/A-Trainer Oliver Ioannou hat an der Wahl nicht teilgenommen, das mache er grundsätzlich nicht. „Fußball ist ein Mannschaftssport“, sagt Ioannou. Die Wahl sei somit auch eine Auszeichnung für die ganze Mannschaft. „Wenn drei Spieler auf einen Torhüter zulaufen, hat dieser keine Chance“, verdeutlicht Ioannou.

Was Ioannou an solchen Auszeichnungen auch stört: „Heute bist du der Held - und schon morgen der Depp.“

Auf die Wahl-Relativierung folgt die große Wertschätzung

Ioannou weiß aber natürlich um seinen starken Rückhalt und lobt Siefkes Qualitäten ausdrücklich. Beide sind zusammen 2015 nach dem Aufstieg zu D/A gekommen und waren im ersten Regionalliga-Jahr zwei Leistungsträger.

Patrick Siefkes gelingt eine Glanzparade und Maximilian Geißen staunt am Pfosten.

Patrick Siefkes gelingt eine Glanzparade und Maximilian Geißen staunt am Pfosten. Foto: Struwe (Archiv, nomo)

„Er bestreitet seine elfte Regionalligasaison für uns und ist dabei sehr konstant“, sagt Ioannou, „das ist die Kernaufgabe eines guten Torhüters, deren Fehler immer bestraft werden.“ Ioannou hebt Siefkes‘ Strafraumbeherrschung bei Flanken oder Pässen in die Box hervor.

„Er strahlt Ruhe aus und hat trotz seiner Größe große Präsenz“, sagt Ioannou. Siefkes gebe der Mannschaft ein „gutes Gefühl“.

Am Karriereanfang muss er Enttäuschung verarbeiten

Beim FC Carl Zeiss Jena wurde Siefkes einst als U19-Bundesligatorhüter in den Herrenkader übernommen. In seiner zweiten Saison, 2010/11, bestritt er die letzten vier Saisonspiele in der 3. Liga, weil der Stammkeeper suspendiert worden war.

Seine Leistungen waren gut. „Auch deshalb haben wir die Klasse gehalten“, sagt er rückblickend. Er bekam positives Feedback, sein Vertrag wurde verlängert.

Kurz darauf musste Siefkes dann damit klarkommen, dass an ihm „hinterrücks“ gezweifelt wurde - aufgrund seiner Größe von knapp über 1,80 Metern. „Das hat mich geärgert, das passt dann alles nicht zusammen“, sagt er. Als Spieler sei man abhängig von den Verantwortlichen. Jena stieg in der Folgesaison ab, ohne dass Siefkes zum Einsatz kam. Nach einer weiteren unbefriedigenden Saison wechselte er innerhalb der Regionalliga Nordost 2013 zu Wacker Nordhausen.

Bei D/A tritt Siefkes in große Fußstapfen

Auf seine Größe, die vielleicht eine Profilaufbahn verhindert hat, angesprochen, sagt der heute 35-Jährige: „Ich bin ein Typ, der die Gegebenheiten annimmt, weil ich sie nicht verändern kann.“

Als er 2015 zum Regionalliga-Aufsteiger D/A kam, stellte ihn der damalige Erfolgstrainer Enrico Maaßen vor als einen Torhüter, der Profi wäre, wenn er das Parademaß mitgebracht hätte. Siefkes wusste durch Gespräche, dass der verletzte Christoffer Schellin große Fußstapfen bei D/A hatte.

„Ich bin da aber unvoreingenommen rangegangen und hatte damals auch schon das Selbstvertrauen, dass ich wusste: Wenn ich zeige, was ich kann, bin ich auch erste Wahl“, sagt Siefkes. Schellin ist heute sein Torwarttrainer und sagte schon vor Jahren, dass Siefkes „ein gefühlter Zweitligatorwart“ sei.

Siefkes und D/A wachsen als Einheit zusammen

Bei seinem Wechsel vor zehn Jahren habe er nicht geglaubt, dass diese Fußball-Beziehung so lange halten wird. „Ich habe mich gut eingelebt“, sagt der heutige Familienvater, „und dann war D/A natürlich auch immer mein erster Ansprechpartner.“

Im Januar wird Siefkes 36 Jahre alt. „Ich bin körperlich fit“, sagt er, „ich habe das Gefühl, dass es noch ein bisschen geht.“ Am Ende müssten das aber die Verantwortlichen entscheiden. Die Entwicklung bei D/A war über die Jahre stetig, mit „kleinen Sprüngen“. Der „krasse Sprung“ sei zuletzt mit der infrastrukturellen Entwicklung passiert, so Siefkes.

„Für D/A wäre es natürlich eine coole Sache, noch mal hochzugehen“, sagt er bezüglich eines möglichen Drittliga-Aufstiegs.

Er will nur gewinnen - seine Statistiken kennt er nicht

Sollte D/A am Ende tatsächlich ganz oben in der Tabelle stehen, wäre Siefkes sicherlich wieder Torhüter der Saison. Seit der Einführung von fünf Regionalligen 2012 (2008 gab es mit Einführung der 3. Liga nur drei Staffeln) mischt Siefkes in den Statistiken ganz oben mit, bei den Torhütern mit den meisten Zu-Null-Spielen. „Ich könnte nicht mal sagen, wie viele Spiele ich für D/A gemacht habe“, sagt er.

Die jetzige Wahl hat ihn natürlich gefreut, auch weil sie von der Konkurrenz kam. „Aber ich finde Einzelauszeichnungen im Fußball immer schwierig“, sagt Siefkes. Er wolle einfach immer gewinnen, dafür gibt er sein Bestes.

Heimspiel gegen namhaften Traditionsverein

„Seine Statistiken sprechen für sich“, sagt Kapitän Nico von der Reith. Gemeinsam wollen sie an der Zu-Null-Bilanz arbeiten. Am Freitagabend (19.30 Uhr) empfängt D/A den VfB Lübeck.

Der VfB, der im Kehdinger Stadion 2023 den Aufstieg feierte und nach dem sofortigen Abstieg aus der 3. Liga gegen die Insolvenz kämpfte, muss in dieser Saison kleinere Häppchen mitnehmen. „Sie mussten sich neu aufstellen, haben es aber geschafft, eine stabile Mannschaft ins Rennen zu schicken“, sagt Ioannou über den derzeitigen Tabellenneunten.

D/A will als Gastgeber und Tabellenzweiter sowieso das eigene Spiel durchsetzen. „Wir haben es geschafft, dass wir wissen, was wir brauchen und wollen“, sagt Ioannou.

Siefkes will am liebsten kein Gegentor bekommen, auch wenn ihn derlei Statistiken nicht interessieren - solange D/A am Ende gewonnen hat.

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