TZu wenige Kinderärzte in Bremerhaven: Mutter startet Petition

Jule Wohlers hat eine Petition gestartet wegen fehlender Kinderärzte in Bremerhaven. Foto: Scheschonka
Eine Mutter hat eine Petition gestartet, weil in Bremerhaven niedergelassene Kinderärzte fehlen. Ein altes Thema, aber wirklich getan hat sich im Grunde nichts. Inzwischen hat sich die Lage noch weiter verschärft.
Bremerhaven. Jule Wohlers und ihr Mann haben die Nase gestrichen voll. Sie haben zwei Kinder, ein und drei Jahre alt, und finden keinen Kinderarzt in Bremerhaven oder in der näheren Umgebung, nachdem die Praxis von Dr. Leonore Gehrt im Dezember geschlossen hat. Die Familie landete schon mal mit einem kranken Kind im Krankenhaus, weil sie keine andere Anlaufstelle mehr wusste.
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Jule Wohlers kann viel erzählen, was sie schon alles versucht hat, wo und wie sie abgeblitzt ist. Über unzählige Versuche, bei den noch vorhandenen Praxen telefonisch überhaupt durchzukommen.
Von überlasteten Kinderarzt-Praxen und über einen Satz, den sie schon zu oft gehört oder gelesen hat: „Wir nehmen keine neuen Patienten mehr auf.“ Über Termine, die in weiter Ferne liegen.
Familie bekommt Anruf vom Gesundheitsamt: Was ist mit den U-Untersuchungen?
Dann rief auch noch das Bremerhavener Gesundheitsamt an. Sie sollten doch die U-Untersuchungen vornehmen lassen. „Wie denn, wenn ich keinen Arzt finde?!“ Die Behörde ihrerseits winkte ab. Kein Personal. Der ärztliche Bereitschaftsdienst unter 116 117 wollte sie ganz nach Stade oder Hamburg schicken. „Unzumutbar“, sagen die Eltern.
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Sie stehen keineswegs alleine da. Ähnliche Erlebnisse haben auch andere Eltern. 1215 Unterzeichner hat die Petition zu Wochenbeginn schon - und das in kurzer Zeit.
Auch sie sei betroffen, sie fände keinen Kinderarzt, schreibt eine Unterzeichnerin in den Kommentaren zur Petition. Eine andere Mutter muss 20 Kilometer weit fahren, nachdem ihre Kinderärztin wegen Renteneintritts die Praxis geschlossen hat. „Ich habe zwei Enkelkinder, die unversorgt bleiben“, schildert eine Oma.
Laut Statistik ist Bremerhaven mit Kinderärzten nicht unterversorgt
Jedes Kind sollte Zugang zur gesundheitlichen Versorgung ohne Verzögerung haben, meint eine Unterstützerin. „Die Gesundheit unserer Kinder sollte immer oberste Priorität haben“, schreibt auch Jule Wohlers in ihrem Petitionstext.
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Nach der Statistik der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) vom 12. Januar 2024 gibt es in der Stadt Bremerhaven noch 8,5 Kinderärzte. Der Versorgungsgrad liegt bei 81,2 Prozent. Die Statistiker sprechen von einer Unterversorgung eigentlich erst bei einem Versorgungsgrad von 50 Prozent und weniger. „Wir werden aber unruhig, wenn die Zahlen unter 100 Prozent rutschen“, versichert KV-Sprecher Christoph Fox.
Jule Wohlers geht davon aus, dass bis zu 3000 Kinder unversorgt sind. Die Stadtverordneten Bernd Freemann (FDP), Günna Dertwinkel (CDU) und Jörn Hoffmann (SPD) sprechen in ihrem Antrag zur Kinderärzteversorgung von 1600 unversorgten Kindern.
Ideen, um Ärzte nach Bremerhaven zu locken
Jule Wohlers ist froh, dass die drei Stadtverordneten die Not der Familien aufgegriffen haben. Bei der Kassenärztlichen Vereinigung hingegen kam sie bisher nicht weiter, will aber nicht locker lassen. „Es ist an der Zeit, dass unsere Stadtverwaltung zusammen mit der Kassenärztlichen Vereinigung aktiv wird und Ärzte anwirbt, die sich niederlassen wollen. Dafür müssen ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt werden“, fordern die Petitionsunterzeichner.
Jule Wohlers, die Erfahrungen im Personalwesen und -Recruiting hat, sagt, man kann sich auf Erklärungen ausruhen, man kann aber auch kreativ werden, um Kinderärzte nach Bremerhaven zu holen. Ideen hätte sie, zum Beispiel eine direkte Werbung an Universitäten, die Mediziner ausbilden.