TZwangserziehung und Missbrauchsfälle im Himmelpfortener Steinmetzhaus

Das Rettungshaus in Himmelpforten heißt heute nach dem Gründer Steinmetzhaus. Ein neues Buch beleuchtet die Geschichte der Zwangserziehungsanstalt. Foto: Archiv
Es ist ein beeindruckender Bau: das Steinmetzhaus in Himmelpforten. Jahrzehnte war es Rettungshaus für vernachlässigte Kinder.
Himmelpforten. Noch heute trägt das Haus seinen Namen: Generalsuperintendent Steinmetz kaufte 1891 über Spenden und Kredite das ehemalige Amtsgebäude. Für seine Mission gründete er den Rettungshausverein und eröffnete das Haus 1892 - das erste Zwangserziehungsheim im Regierungsbezirk Stade.
Die Geschichte des Rettungshauses Himmelpforten hat Malte de Vries aufgearbeitet. Der Archivar in der Abteilung Stade des Niedersächsischen Landesarchivs schildert die Geschichte des Erziehungsheims für straffällige oder vernachlässigte Jugendliche, der damals einzigen Einrichtung ihrer Art im Elbe-Weser-Dreieck.
Aus dem Dunkel der Vergessenheit
„Das Buch hebt eine Einrichtung aus dem Dunkel der Vergessenheit, die über ein halbes Jahrhundert hinweg für viele junge Menschen im Regierungsbezirk Stade eine prägende Station auf ihren Lebenswegen war“, beschreibt der Landschaftsverband Stade, der das Buch herausgibt.
„Seit 1878 konnten minderjährige, unkonfirmierte Kinder, die Straftaten begangen hatten, aus Erziehungszwecken von Amtsgerichten zur Zwangserziehung überwiesen werden“, schildert Autor de Vries. Entweder in Pflegefamilien oder Erziehungsanstalten. Der Staat habe dafür auf private Heime zurückgegriffen, die von erweckten Christen der Inneren Mission gegründet wurden.
Missbrauchsfälle auch in Himmelpforten
So auch in Himmelpforten. Bis 1942 wurden neben den minderjährigen Kriminellen auch Zöglinge eingewiesen, die zu verwahrlosen drohten. Auch im Himmelpfortener Rettungshaus gab es Missbrauchsfälle. So vergriff sich etwa der Hausvater Wilhelm Hühne in den 1900er Jahren an minderjährigen weiblichen Zöglingen, wofür er 1911 zu einer Haftstrafe verurteilt wurde.1942 wurde die Erziehungsarbeit finanz- und kriegsbedingt eingestellt.
Vorgestellt wird das Buch „Das Rettungshaus der Inneren Mission in Himmelpforten“ auf Einladung des Landschaftsverbandes, der Gemeinde und der Samtgemeinde Oldendorf-Himmelpforten am Freitag, 25. April, ab 14 Uhr in der Villa von Issendorff, Christkindplatz 1 in Himmelpforten.