TZwangsversteigerung: Drochterser Unternehmen Co.Net hat Millionen-Schulden

Das Co.Net-Gebäude am Nindorfer Deichfeld. Ein Zwangsversteigerungstermin ist für den 7. März anberaumt. Foto: Knappe
Die Gläubiger sitzen der Drochterser Verbrauchergenossenschaft Co.Net im Nacken. 2023 stand die Genossenschaft zwei Wochen unter vorläufiger Insolvenzverwaltung. Nun steht der Firmensitz zur Zwangsversteigerung. Vielleicht gibt es eine Lösung.
Drochtersen. Für kommende Woche, am Donnerstag, 25. Januar, 14.30 Uhr, ist im Fährhaus Kirschenland in Jork eine außerordentliche Generalversammlung der Co.Net eG anberaumt. Ein Termin, der mit Spannung erwartet wird, vor allem von Genossenschaftlern, die auf Rückzahlung ihrer Anteile warten, und anderen Gläubigern. Die meisten wird vor allem eine Frage interessieren: Hat die Genossenschaft inzwischen, wie 2022 beschlossen, ihr „Hotel Paradise“ in Cala Ratjada auf Mallorca verkauft, um das Liquiditätsproblem zu lösen?
Schulden in Millionenhöhe
Seit 2001 bietet Co.Net Anlegern bei einer Mindesteinlage von 2000 Euro Geschäftsanteile an. Die Genossenschaft warb mit Ausschüttungen zwischen sechs und zehn Prozent jährlich und Preisvorteilen über ein Einkaufsrabattsystem. Co.Net legte das Geld vor allem in Ferienimmobilien in Spanien an. Die Jahresergebnisse der Verbrauchergenossenschaft haben laut Handelsregister 2020 und 2021 Fehlbeträge von zusammen rund 7,2 Millionen Euro ausgewiesen.
Co.Net-Vorstandsvorsitzender und Mitbegründer Thomas Limberg erklärte 2023 die Verluste gegenüber dem TAGEBLATT mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie. Einen Jahresabschluss für 2022 gab es zumal bis jetzt nicht. 2023 wurde auch nicht zu einer Generalversammlung geladen. Co.Net hat Steuerschulden in Millionenhöhe. Allein die Gewerbesteuer-Rückstände bei der Gemeinde Drochtersen wurden fürs Geschäftsjahr 2021 von Co.Net mit 1,4 Millionen Euro beziffert. Weitere 1,8 Millionen Euro an Steuern waren demnach damals beim Finanzamt Stade fällig.
Zwangsversteigerung des Firmensitzes
Seit rund zwei Wochen steht der Co.Net-Firmensitz, ein zweigeschossiger Bürokomplex aus dem Baujahr 2006 am Nindorfer Deichfeld, zur Zwangsversteigerung beim Amtsgericht Stade. Der Versteigerungstermin ist für den 7. März, 9 Uhr, angesetzt. Der Verkehrswert wird mit 1,39 Millionen Euro angegeben.
Im September/Oktober 2023 stand Co.Net bereits rund zwei Wochen lang unter vorläufiger Insolvenzverwaltung. Die Stiftung Warentest warnt seit 2014 vor Geldanlagen bei Co.Net. 2019 geriet die Genossenschaft in den Blick der Aufsicht: Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) verbot Co.Net, eigene Genossenschaftsanteile öffentlich anzubieten.
Kanzlei vertritt rund 250 Mandanten in Sachen Co.Net
Etliche Genossenschaftsmitglieder, die ihre Anteile gekündigt haben, wollen ihre Einlagen wiederhaben. Die Summe der Forderungen bezifferte Co.Net für das Jahr 2021 mit knapp drei Millionen Euro. Wie hoch die Summe heute ist, ist öffentlich nicht bekannt. Viele Genossenschaftler klagen gegen Co.Net oder haben geklagt. Die Düsseldorfer Kanzlei „Bender & Pfitzmann“, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, vertritt nach eigenen Angaben inzwischen rund 250 Mandanten in Sachen Co.Net.
Bei der Generalversammlung am 25. Januar wird ein neuer Mitspieler dabei sein: Der Verein „igenos“ aus Bullay an der Mosel, der auch zur Generalversammlung eingeladen hat. Nach eigenen Angaben ist „igenos“ gemeinnützig, vertritt die Interessen der 3860 Co.Net-Mitglieder und kooperiert mit dem Vorstand.
Immobilien auf Mallorca in Top-Lagen
Igenos-Vorsitzender Gerald Wiegner wirbt für eine Umstrukturierung der Genossenschaft. Bei einer Insolvenz seien die Verluste für die Mitglieder am größten. „Wir brauchen eine andere Rechtsform, dann können wir auch Kapitalgeber da mit reinnehmen“, sagte Wiegner dem TAGEBLATT. Er favorisiert „eine genossenschaftliche Aktiengesellschaft oder gleich eine Aktiengesellschaft“.
Unrentable Geschäftsfelder wie etwa die Einkaufsgenossenschaft oder der Card Service könnten abgestoßen werden. Die Ferienimmobilien auf Mallorca, darunter vier Hotels, Appartements und Wohnungen, hätten Top-Lagen, seien schick und in Schuss. Wiegner bestätigte, dass das Finanzamt Stade sich für eine Wohnanlage auf Mallorca eine Zwangssicherungshypothek hat eintragen lassen.
Eigentlich wollte die Co.Net ihr Hotel „Paradise“ für rund neun Millionen Euro verkaufen, um damit Schulden zu begleichen. Doch daraus wurde zumindest im Jahr 2023 und zu diesem Preis nichts. Man müsse jetzt „erst mal sehen, dass wir schnellstmöglich dieses Hotel verkaufen“, sagte Gerald Wiegner am Donnerstag. Es seien auch kürzlich wieder Verhandlungen mit einem neuen Interessenten geführt worden. Mit welchem Ausgang, sei ihm nicht bekannt. Ähnlich äußerte sich Co.Net-Mitarbeiter Frank von Bargen diese Woche gegenüber dem TAGEBLATT. „Es sind verschiedene Gespräche geführt worden. Ob eine Beurkundung stattgefunden hat, ist bei mir noch nicht durchgedrungen.“