TZwei Hoteliers auf Neuwerk möchten aufhören: Was bedeutet das für die Insel?

Die Wattenmeerinsel Neuwerk vor Cuxhaven gehört zu Hamburg. Foto: Die Wattenmeerinsel Neuwerk vor Cuxhaven gehört zu Hamburg. Foto: Archiv/cnv
Zwei von vier Hotelbetreibern auf der vor Cuxhaven liegenden Insel Neuwerk wollen aufhören. Das bedeutet es für die vom Tourismus lebende Wattenmeerinsel - und so reagiert die Stadt Hamburg auf die Entwicklung auf ihrem Vorposten in der Nordsee.
Neuwerk. Diese Nachrichten von Neuwerk lassen aufhorchen. Christian Griebel (53) trägt sich mit dem Gedanken, sein Hotel „Nige Hus“ mit Gastronomie aufzugeben. Auch sein Nachbar Werner Fock möchte schon länger mit seinem „Das alte Fischerhaus“ aufhören und sucht eine Nachfolgeregelung. Wenn beide Traditionshäuser schließen, gibt es auf der Wattenmeerinsel vor Cuxhaven nur noch zwei Hotels. Muss man sich jetzt Sorgen machen, dass das der Anfang vom Ende vom Tourismus ist?

Insel-Obmann Christian Griebel. Foto: Kramp
Knall auf Fall werde er ganz bestimmt nicht aufhören, sagt Christian Griebel, der auch als Inselobmann Mittler zwischen den Einheimischen und der Stadt Hamburg ist, zu der Neuwerk gehört. „Es wird ein Prozess werden. Dieser Entschluss ist erst ein Anfang, das kann sich alles hinziehen“, weiß er aus Erfahrung von Nachbarn, bei denen der Rückzug alles in allem zehn Jahre gedauert habe. Und auch der im Rentenalter befindliche Werner Fock sei schließlich schon einige Zeit auf der Suche.
Nachfolgersuche läuft
Christian Griebel betont: „Wir wollen, dass alles erhalten bleibt. Ich sehe nicht die Gefahr, dass die Menschen hier nicht mehr essen und übernachten können.“ Er und seine gleichaltrige Frau Svenja wollen nicht weg von Neuwerk, sie möchten sich nur perspektivisch aus dem Geschäft zurückziehen. „Nach 30 Jahren im Betrieb möchten wir auch mal Freiheiten haben, die wir bisher nicht hatten - zum Beispiel im Sommer Urlaub zu machen.“
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Dass sie sich perspektivisch aus dem Gastgeschäft zurückziehen wollen und sich um eine geeignete Nachfolge bemühen, hat sicherlich damit zu tun, dass beide Kinder abgelehnt haben, das Hotel zu übernehmen. Sie kämen zwar immer gern auch zum Helfen auf die Insel, hätten sich aber beruflich anderweitig orientiert. „Jetzt gucken wir mal, dass es einen guten Übergang gibt“, sagt Christian Griebel und ergänzt: „Es wird aber bestimmt nicht einfach - und wegen unserer besonderen Insellage nichts von heute auf morgen.“
Gute Zeiten für den alten Turm auf Neuwerk
Indes brechen bereits gute Zeiten für das sanierungsbedürftige Wahrzeichen der Insel an. Der 1310 fertiggestellte ehemalige Wehr-, Wohn- und Leuchtturm ist das älteste Profanbauwerk der gesamten deutschen Küste. Mehr noch: Der 45 Meter hohe Backstein-Oldie ist Hamburgs ältestes Gebäude und steht seit genau 100 Jahren unter Denkmalschutz. Der Zahn der Zahn der Zeit hat an dem markanten Klotz tüchtig genagt.

Der Turm auf Neuwerk wird umfänglich saniert. Foto: Archiv/cnv
Massive Wassereinbrüche hatten dafür gesorgt, dass umfangreiche Sanierungsarbeiten vorgenommen werden mussten. Die Entkernung ist bereits vollzogen, die Gutachter haben ihre Bewertungen abgegeben. Jetzt läuft die Ausschreibung für die Bauarbeiten. „Die Stadt Hamburg investiert rund 22 Millionen Euro in die (denkmalgerechte) Sanierung des Leuchtturms. Dort sollen unter anderem ein moderner Hotel- und Gastronomiebetrieb entstehen, das alte Trauzimmer soll wieder nutzbar gemacht werden und die Besucher-Aussichtsplattform wird hergerichtet“, teilt Imme Mäder, Pressesprecherin der Finanzbehörde Hamburg auf Nachfrage unsres Medienhauses mit.
In dem historischen Gebäude sollen also wieder Gastronomie und Gästezimmer sowie Hochzeiten stattfinden können. „Das wird wieder ein Highlight. Mit der Fertigstellung rechnen wir zur Saison 2027“, freut sich Inselobmann Griebel. Dann können Inselgäste wieder die 138 Stufen erklimmen und von oben aus den Blick weit über das Weltnaturerbe Wattenmeer schweifen lassen.
Bis zu 15 neue Wohneinheiten können entstehen
Auch anderweitiges Engagement lässt die Insulaner hoffen. Hamburg will parallel zur Turmsanierung in den lange auf Neuwerk gewünschten Wohnungsbau investieren und neue Wohneinheiten bauen. Und zwar würden sie genau dort errichtet, wo früher der Hof von Kroge stand. Zwar werde heute dort noch Kies und Sand gelagert, doch sei das Gelände ideal, weil es bereits erschlossen sei, meint Griebel. Mit dem Neubau werde eine Lücke in der Ortsbebauung geschlossen: „Die Lage ist perfekt, das ist ein attraktives Grundstück.“
Pressesprecherin Mäder schreibt dazu: „Wohnraum auf Neuwerk zu schaffen, ist planungsrechtlich nicht ganz einfach. Es wurde eine entsprechende Fläche identifiziert, auf der zehn bis 15 Wohneinheiten, auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hotel- und Gastronomiebetriebe der Insel, entstehen könnten. Dabei stehen wir noch am Anfang des Prozesses. Zu den Kosten kann daher noch keine Auskunft gegeben werden.“
Auf Neuwerk hegt man die Hoffnung, dass damit Neuwerk attraktiver für den Zuzug neuer Insulaner werde. „Gerade auch, um das gesellschaftliche Leben hier zu stützen“, betont Griebel. Und schließlich sei es heutzutage auch nicht mehr so, dass man auf der Insel arbeiten müsse, sondern neue Bewohner könnten auch aus dem Homeoffice heraus arbeiten und seien an die Welt angebunden.
Hamburg will nicht, dass die Einwohnerzahl weiter schrumpft
Und aus Hamburg wird Hilfestellung signalisiert, dass Bevölkerung und Angebot nicht weiter schrumpfen, schließlich sei die Insel eine echte „Hamburgensie“. Sprecherin Mäder unterstreicht, es drohe den beiden Hotels nicht zwangsläufig „das Aus“, sondern es würden neue Betreiber gesucht.
„Wir unterstützen bei der Suche nach Nachfolgern aktiv und machen - auch mit vor-Ort-Terminen - auf die Situation aufmerksam. Die Stadt hat ein großes Interesse daran, dass die Einwohnerzahl auf Neuwerk nicht weiter schrumpft. Auch deshalb investieren wir in den Turm, die Nebengebäude des Turms und in das Wohnungsbauprojekt“, so die Sprecherin der Finanzbehörde.