TZwischen Anzug und nackten Füßen: Ralf Junge macht nach 30 Jahren Schluss

Künftig dreht Ralf Junge nur noch mit der fünfjährigen Alva seine Runden. Foto: Wertgen
Mit den Sommerreifen kommen die nackten Füße: Ralf Junge prägte den FC Wischhafen/Dornbusch als Kassenwart. Nach drei Jahrzehnten geht er.
Dornbusch. „Warum hast du Schuhe an?“, fragten die Zuschauer besorgt, als Ralf Junge bei einem Auswärtsspiel in Heinbockel ausnahmsweise mit Schuhen an den Füßen auftauchte. Es schneite an diesem Apriltag - einer der wenigen Tage, bei denen der langjährige Trainer und Kassenwart des FC Wischhafen/Dornbusch nicht barfuß unterwegs war. Die unkonventionelle Art des 60-Jährigen ist längst sein Markenzeichen geworden - genau wie sein Engagement für den Verein.
Herr der Finanzen
Seine aktive Fußballkarriere endete früh. Kreuzbandriss und Knorpelschaden zwangen ihn zum Aufhören. Doch statt dem Sport den Rücken zu kehren, übernahm er 1989 die Leitung der 3. Herren des SV Dornbusch. Im Herrenbereich blieb er bis 2006 aktiv, sein Engagement im Jugendbereich endete erst 2018.
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Seine administrative Laufbahn begann 1994 als Schriftwart. „Wenn man aber von der Sparkasse kommt und im Verein ist, kriegt man irgendwann die Kohle“, erklärt der 60-Jährige seinen späteren Wechsel zum Kassenwart. Als treibende Kraft hinter der Fusion zum FC Wischhafen/Dornbusch verwaltet er seit 2001 die Vereinsfinanzen. „Wir standen nie vor dem Bankrott“, sagt er mit einem Augenzwinkern.
Kassenwart und Kassierer in Personalunion
Bei jedem Heimspiel dreht er zudem als Kassierer seine Runden um den Platz. Über die Jahre hat er dabei alle Sprüche gehört, warum jemand keinen Eintritt zahlen möchte. „Ich gucke nur bis zur Halbzeit“ ist ein Klassiker. Die Sprüche perlen an ihm ab, meist haben die Zuschauer ohnehin schnell die Hand am Portemonnaie.
Für Kopfschütteln sorgten nur Fans, die meckerten, dass sie kostenlos schauen konnten, weil Junge mal nicht kassierte. Dass er nicht vor Ort war, kam in der gesamten Zeit nur fast nie vor.
Zwischen Anzug und nackten Füßen
Der Alltag des Bankkaufmanns ist geprägt von Gegensätzen. Während Ralf Junge tagsüber im feinen Zwirn Finanzgeschäfte abwickelt, landen nach Feierabend als erstes die Schuhe in der Ecke. „Wenn du Sommerreifen drauf hast, laufe ich barfuß“, sagt er und grinst. Die Barfuß-Gewohnheit entwickelte sich bereits in seiner Kindheit - er fand es einfach bequem.
Auch die Jacke bleibt früh im Jahr im Schrank. „Frieren ist nicht meine Kernkompetenz“, sagt er. Statt Krawatte und Anzug ist er barfuß und in kurzer Kleidung im Garten unterwegs. In Eigenregie sind Carport, Hühnerstall und Hundehütte entstanden. Auffahrt, Tore und Zäune tragen seine Handschrift.

Der NFV ehrte im November Ralf Junge für seine lange Arbeit im Ehrenamt. Foto: Wertgen
Legendenspiel organisiert
2006 organisierte er ein besonderes Spiel, das viele als sein Abschiedsspiel interpretierten. „Das war eigentlich gar nicht als Abschied gedacht. Es war eine Feier mit allen, mit denen ich mal gespielt habe“, erinnert er sich an den Tag, als ehemalige gegen aktuelle Spieler antraten.
Nun, nach mehr als drei Jahrzehnten Vereinsarbeit, will Junge seinen Posten als Kassenwart abgeben. „Es macht noch Spaß, aber irgendwann ist die Luft raus“, sagt er.
Dass er für sein langjähriges Engagement kürzlich die silberne Verdienstnadel des NFV erhielt, kommentiert er nur knapp: „Dafür nicht.“ Er freue sich über die Auszeichnung, aber für Anerkennung habe er das nie gemacht.
Lange still sitzen wird er aber nicht: „Zu Hause gibt es immer was zu tun.“ Vielleicht wird er auch mal zum Sportplatz kommen. Ganz sicher barfuß. Nur seine Runde wird er nicht mehr drehen.