TZwischen Ummel und Weserstadion: Er führt ein Fußball-Doppelleben

Henrik Gieschen kennt sich im Weserstadion bestens aus - er ist für die Führungen dort zuständig Foto: Gieschen
Unterwegs zwischen dem Proficlub Werder und dem Dorfverein FC Ummel: Fußballtrainer Henrik Gieschen arbeitet für den SV Werder Bremen.
Hepstedt. Er bewegt sich zwischen zwei Fußball-Welten: Der Arbeitsplatz von Henrik Gieschen befindet sich direkt im Bauch des Weserstadions – in der Geschäftsstelle des SV Werder Bremen. Zugleich ist er auf den Dorfplätzen der Region zu Hause, trainiert die zweite Mannschaft des FC Ummel und hat das Amt des stellvertretenden Vorsitzenden in seinem Heimatverein TSV Timke übernommen.
Viele Ämter und Funktionen beim TSV Timke und dem FC Ummel
Der gebürtige Westertimker war beim TSV Timke und dem FC Ummel im Laufe der Jahre schon ziemlich viel: Interimsspielertrainer der ersten Mannschaft des TSV Timke, Kapitän der ersten Mannschaft und zwischenzeitlich Kassenwart des FC Ummel, Jugendtrainer bei der JSG Ummel, Beisitzer im Timker Vorstand, Betreuer und später Teammanager der ersten Mannschaft, dann übernahm der Ummeler Sportler des Jahres 2023 auch noch ab der Saison 2021/2022 das Traineramt bei der zweiten Mannschaft – und er ist erst 35 Jahre alt.
Gieschen war und ist ein leidenschaftlicher Fußballer. Doch seine eigene Laufbahn als Spieler musste er bereits 2017 nach zwei Hüftoperationen vorzeitig beenden. 2019 versuchte er noch einmal ein Comeback. „Ich habe es ein halbes Jahr versucht, und musste dann erkennen, es machte keinen Sinn mehr“, erzählt Gieschen, der hinzufügt: „Mir fehlte es danach, ein aktiver Teil einer Mannschaft zu sein.“
Nach dem Aufstieg der zweiten Mannschaft wird Gieschen gefeiert
Auch ein Grund, warum er im Sommer 2021 das Traineramt in der Zweiten übernahm. „Damals hatte der Verein große Schwierigkeiten, einen Trainer zu finden. Ich war Beisitzer im Vorstand und habe die ganzen Diskussionen mitbekommen und irgendwann habe ich mich gefragt, warum mache ich es nicht selbst?“
Fußball-Bundesliga
T Sieg gegen Union: Werder träumt von Europa
Ein Glücksfall, wie sich zeigen sollte, denn im vergangenen Sommer stieg Ummel II nach einem 2:1-Erfolg im Relegationsspiel gegen Gnarrenburg II in die 2. Kreisklasse auf. Die Tore in diesem mitreißenden Aufstiegsspiel erzielten für den FC Tjare Behrens und Christian Schneider. Trainer Henrik Gieschen wurde nach dem Spiel – auf wunderbaren Jubelbildern zu sehen – von seinem ganzen Team in die Luft geworfen.
Trotz des großen Engagements ist der Lebensmittelpunkt jetzt in Bremen
„Es macht unheimlich Spaß, mit den Jungs zu arbeiten“, schwärmt Gieschen von seiner Elf. „Es ist eine tolle Truppe. Beim Training sind immer 12 bis 17 Spieler dabei. Ich denke, das hat nicht jeder Kreisligist.“ Sein Lebensmittelpunkt ist aber nicht mehr – trotz der ganzen engen Verbundenheit und Vereinsarbeit - Westertimke, sondern Bremen: In der Hansestadt wohnt der 35-Jährige nicht weit entfernt von seinem Arbeitsplatz, dem Weserstadion.
Fußball-Bundesliga
Werder will gutes Jahr krönen – Transfers geplant?
Schon 2015 machte der Westertimker im Rahmen seines Sportmanagement-Studiums ein erstes Praktikum bei Werder und landete praktisch an seiner späteren Arbeitsstelle - bei der Fanbetreuung. Dazu gehörte damals auch noch der Bereich Stadionführung und Gieschen musste gleich – weil die zuständige Stelle für diesen Bereich vakant war – Verantwortung übernehmen und er tat es so gut, dass der Profi-Verein sein eigentlich halbjährliches Praktikum um ein weiteres Jahr verlängerte.
Seit 2018 ist Gieschen hauptberuflich für den SV Werder Bremen tätig
Nach dem Abschluss seines Studiums begann Gieschen zunächst in Zeven beim Kreissportbund zu arbeiten. Aber Werder hatte ihn nicht vergessen. Der Westertimker bekam die nun in einem eigenständigen Bereich angesiedelte Stelle für die Stadionführungen angeboten und begann im September 2018 erneut für Werder zu arbeiten.
Sein Tätigkeitsfeld ist genau da, wo der Fan direkt auf den Verein treffen kann. Gieschen ist für die Stadionführungen verantwortlich, koordiniert die Termine, ist für den Personal-Einsatzplan nicht nur bei den Stadionführungen mit seinen 34 Mitarbeitern, sondern auch für das Werder-Museum WUSEUM und die ebenfalls vom Verein angebotenen Kindergeburtstagsfeiern verantwortlich.

Henrik Gieschen vor dem Eingang in das Innere des Stadions. Foto: Gieschen
„Wir arbeiten da mit vielen anderen Bereichen zusammen“, erzählt Gieschen. „Für die Führungen müssen wir zum Beispiel wissen, wann finden die Pressekonferenzen statt, dann können natürlich unsere Führungen nicht durch den Presseraum laufen.“
Beim „Tag der Fans“ werden 1.600 Menschen in Gruppen herumgeführt
Ferner gibt es Sonderveranstaltungen wie den „Tag der Fans“. „Das ist natürlich auch für uns ein Großkampftag“, erzählt Gieschen. „Da nehmen an den Kurzführungen durch das Stadion 1.600 Fans teil.“ Mitte November findet zudem das Event „Stadion im Dunkeln“ statt. „Ebenfalls eine tolle Veranstaltung mit 500 Gästen an dem Abend“, so Gieschen.
Und die Zahlen sprechen für sich: „Wir hatten im Jahr 2023 allein 46.000 Besucher“, erzählt der Werder-Mitarbeiter. „36.000 haben dabei an einer Stadionführung teilgenommen.“
„Bei allen diesen Veranstaltungen sieht und merkt man einfach, wie viel dieser Verein vielen Leuten bedeutet“, bemerkt Gieschen. „Das ist auch das, was mir bei meiner Arbeit so gefällt. Wir haben hier die Möglichkeit, den Leuten – auch wenn sie keine Werder-Fans sind – zu zeigen, was für ein toller, bodenständiger, sympathischer Verein der SVW ist, der ganz vieles zu bieten hat, was sich der Fußballfan in dieser Zeit wünscht.“
Mit dem Profibereich hat er nicht direkt zu tun. „Natürlich bekommt man so einiges mit. Und manchmal sehe den einen oder anderen auf dem Flur. Aber es halt so: Ich kenne sie, sie kennen mich nicht“, erzählt Gieschen mit einem Lachen.
Durch den Job kommt er den Werder-Legenden zuweilen ganz nahe
Mit ehemaligen Werder-Helden dagegen gelegentlich umso mehr. „Wir hatten zum Beispiel zum 125. Vereinsjubiläum eine Reihe von Sonderführungen angeboten – mit früheren Stars wie Ailton, Thorsten Frings oder Thomas Schaaf“, erzählt Gieschen, der - natürlich möchte man fast sagen - selbst Werder-Fan ist. „Da hatte ich das Vergnügen, mit diesen großen Werder-Persönlichkeiten auf der Bühne ein Interview zu führen und anschließend haben sie eine Stadionführung begleitet. Das war für mich selbst ein absolutes Highlight“, erzählt der 35-Jährige.
Und welche Fußballwelt ist die schönere? Der Dorf- oder der Profifußball? Ummel oder Werder? „Ich mag beides sehr“, so Gieschen. „Ich bin gern auf den Dorfplätzen der Region, sitze gern mit den Leuten nach den Spielen mit einem Kasten Bier zusammen und unterhalte mich. Ich mag einfach diesen Zusammenhalt auf dem Dorf, dieses gesellschaftliche Miteinander. Das hat für mich einen großen Wert.“
Gleiches gilt auch für seine Arbeit bei Werder. „Ich bin froh, im Profifußball gelandet zu sein, auch wenn ich nicht direkt mit dem Profibereich zu tun habe“, erzählt Gieschen weiter. „Man bekommt hier tolle Einblicke und die Arbeit in meinem Bereich macht mir einfach viel Freude.“