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Entsorgung

TAbwassergebühren in Horneburg und Altem Land: Bloß keine Steuern auf den Schiet

Der Abwasserzweckverband Altes Land und Geestrand wird aller Voraussicht nach im Jahr 2025 aufgelöst, Hamburg Wasser übernimmt die hoheitliche Aufgabe der Schietentsorgung.

Der Abwasserzweckverband Altes Land und Geestrand wird aller Voraussicht nach im Jahr 2025 aufgelöst, Hamburg Wasser übernimmt die hoheitliche Aufgabe der Schietentsorgung. Foto: Vasel

Die Kommunalpolitiker im Alten Land und in Horneburg stehen vor der Wahl: Ein Steuerschlupfloch nutzen oder ihre Bürger bei der Abwassergebühr stärker belasten. Die Bürgermeister haben ihre Entscheidung getroffen. Jetzt sind die Räte am Zug.

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Von Björn Vasel
Samstag, 25.05.2024, 17:50 Uhr

Jork. Gemeinsam haben sich Ratsmitglieder der Samtgemeinden Lühe und Horneburg sowie der Gemeinde Jork über den Sachstand informiert. Die Verbandsversammlung des Abwasserzweckverbands Altes Land und Geestrand (AZV) hatte sich im Herbst 2023 im Grundsatz für die Übertragung der hoheitlichen Aufgabe der Abwasserentsorgung an Hamburg Wasser ausgesprochen.

Die Hamburger Stadtentwässerung (HSE) ist seit 2002 für den Alltagsbetrieb verantwortlich. Bei dem 1967 gegründeten AZV verblieben hoheitliche Rechte - wie die Festsetzung der Abwassergebühren. Die Kooperation „ist eine Erfolgsgeschichte“, sagte der Bürgermeister der Gemeinde Jork, Matthias Riel, in der Altländer Festhalle.

Wettbewerbshüter drehen an der Steuerschraube

Dass die EU-Wettbewerbshüter das Modell gefährden, damit hatten die drei Kommunen seinerzeit nicht gerechnet. Doch die Europäische Union hat durchgesetzt, dass zwischen privatwirtschaftlichen und kommunalen Anbietern wie der HSE auch bei Dienstleistungen wie Abwasserentsorgung in jedem Mitgliedsstaat die Wettbewerbsgleichheit herzustellen ist. Schließlich wäre auch eine Übertragung der Aufgabe an eine private Firma möglich.

Die Arbeitsleistungen der Stadtentwässerung sind deshalb in Zukunft umsatzsteuerpflichtig. Das ist in Paragraf 2b des Umsatzsteuergesetzes geregelt. „Das ist die verbindliche Auskunft des Finanzamtes“, sagte Hamburg-Wasser-Manager Timor Buchhorn. Vorsorglich hätten sie Widerspruch eingelegt. Die Erfolgsaussichten seien allerdings „eher gering“.

Umsatzsteuerpflicht käme Bürger teuer zu stehen

Was die Umsatzsteuerpflicht für die Bürger bedeuten würde, das hat Vize-Verbandsgeschäftsführer Phillip Fricke ausgerechnet. Gebührenzahler müssten knapp 3 Euro statt 2,76 Euro pro Kubikmeter für das Abwasser zahlen. Es drohe eine Mehrbelastung von 300.000 Euro im Jahr für die 36.000 Haushalte.

Die Umsatzsteuer von 19 Prozent müsste auf einen Teil der von der HSE erbrachten Leistungen aufgeschlagen werden. Bislang gilt eine Übergangsfrist. Aktuell ist im Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz 2025 von einer weiteren Verschiebung die Rede - zum 1. Januar 2027. Das allerdings ist offen, ein Start zum 1. Januar 2025 könne nicht ausgeschlossen werden.

1,6 Millionen Euro im Jahr überweisen die Altländer und Horneburger an die Hamburger.

Bürgermeister wollen Bürger entlasten

Unter dem Strich fiele die Rechnung sieben Prozent höher aus. Die Bürgermeister Matthias Riel (Jork), Timo Gerke (Lühe) und Knut Willenbockel (Horneburg) werben deshalb für einen radikalen Schnitt.

Sie machen sich dafür stark, dass die hoheitliche Aufgabe der Abwasserentsorgung an Hamburg Wasser beziehungsweise an die Tochter Hamburger Stadtentwässerung übertragen wird. In diesem Fall entfiele die Umsatzsteuerpflicht.

Blick auf die Kläranlage in Wetterndorf: 1,53 Millionen Kubikmeter Abwasser werden hier im Jahr entsorgt. Die Anlage ist auf 46.000 Menschen ausgelegt. Aktuell wird hier der Schiet von 36.000 gereinigt.

Blick auf die Kläranlage in Wetterndorf: 1,53 Millionen Kubikmeter Abwasser werden hier im Jahr entsorgt. Die Anlage ist auf 46.000 Menschen ausgelegt. Aktuell wird hier der Schiet von 36.000 gereinigt. Foto: AZV

Die Alternative wäre, dass der AZV die Aufgabe wieder selbst erledigt. Dafür müsste allerdings viel Geld in Technik und Personal investiert werden. Denn das stellt heute die HSE. Für jede Fremdleistung, die nicht im eigenen Haus erledigt werden kann, müsste Umsatzsteuer gezahlt werden. „Wir nutzen ein Steuerschlupfloch“, brachte es Ratsherr Peter Rolker (FDP) aus Jork auf den Punkt.

Es gelte, die Bürger durch eine Vermeidung der Umsatzsteuer vor einer Gebührenerhöhung zu bewahren, so Riel. Aus diesem Grund hatte die Verbandsversammlung unter dem Vorsitz von Reinhardt Meyer (CDU) im November vergangenen Jahres in Hollern die Weichen gestellt - für die Ausarbeitung eines entsprechenden Vertrags und Abstimmungsgespräche mit Finanzamt und Aufsichtsbehörden.

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Oliver König von Hamburg Wasser unterstrich, dass Altländer und Horneburger nach der Übertragung weiter ein Mitsprache-, Informations- und Sonderkündigungsrecht hätten. Es wird einen Beirat geben. Die Gebühren-Höhe würde nach wie vor auf Basis niedersächsischen Rechts ermittelt. Auch die HSE darf keine Gewinne machen. Bei der Gebührenfestsetzung und bei einer laut HSE „unrealistischen“ Aufgabe des Klärwerks Wetterndorf wird ein Zustimmungsvorbehalt in den Vertrag geschrieben.

Übertragung zum 1. Januar 2025 im Gespräch

Das Vermögen des AZV würden die Hamburger treuhänderisch verwalten. „Es gehört den Gebührenzahlern“, so Fricke. Die Bilanzsumme des AZV beträgt 70 Millionen Euro. Das Anlagevermögen wurde mit 47 Millionen Euro beziffert, die Liquidität mit 19 Millionen Euro. Das Eigenkapital betrage 66 Millionen Euro.

Was wären die nächsten Schritte? Der AZV müsste aufgelöst werden. Die Räte der Samtgemeinden Lühe und Horneburg und der Gemeinde Jork müssten im Spätherbst die Aufgabe der Schiet-Entsorgung zum 1. Januar 2025 über einen Vertrag für mindestens 30 Jahre auf die HSE übertragen. Dafür zeichnet sich eine Mehrheit ab.

Knapp 100.000 Euro wird der Akt kosten. Auch diese Kosten wird überwiegend der Gebührenzahler tragen müssen. Jede Verschiebung würde aufgrund der Vorarbeiten zu Mehrkosten führen, hieß es.

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