TAlte Grenze wiederhergestellt: Grünendeich erhält Land von Steinkirchen zurück

Blick auf die Awo-Kindertagesstätte Altes Rathaus. Das Gebäude liegt in Zukunft wieder in Grünendeich. Foto: Vasel
Mit dem Altländer Adressentrick sparte sich die junge Samtgemeinde Lühe das Geld für einen Rathaus-Bau im Zentrum von Steinkirchen. 50 Jahre später bekommen die Grünendeicher ihr Land zurück.
Grünendeich. Im Jahr 1974 rissen sich die Steinkirchener einen Teil von Grünendeich unter den Nagel: das Grundstück Huttfleth 18 und einen Abschnitt der Landesstraße 140. Das Rathaus der neuen Samtgemeinde Lühe sollte schließlich im Hauptort Steinkirchen stehen. Hollern(-Twielenfleth), Grünendeich, Steinkirchen, Guderhandviertel, Mittelnkirchen und Neuenkirchen hatten sich am 1. Januar 1971 zu einer Samtgemeinde zusammengeschlossen. Das zentrale Steinkirchen wurde Sitzgemeinde. Doch ein Rathaus fehlte.
Grünendeicher Ex-Schule gehört plötzlich zu Steinkirchen
In der leerstehenden Ex-Schule in Grünendeich war Platz. Lediglich die Adresse musste geändert werden. Deshalb schlugen die Politiker mit dem Gebietsänderungsvertrag vom 25. September 1974 die Grundstücke mit den Hausnummern 18 und 20 der Gemeinde Steinkirchen zu. Deren Bürgermeister Georg Vollmer lehnte den Standort ab. Dieser lag ihm zu weit weg von der Steinkirchener Bürgerei und Kirche. Doch die anderen überstimmten ihn.

Blick auf Grünendeich im Jahr 1972: Zu sehen sind die St.-Marien-Kirche (rechts) und die ehemalige Schule vor dem Umbau zum Rathaus (links). Foto: Samtgemeinde-Archiv
Es dauerte Jahre, bis die Gebäude komplett genutzt wurden. Gemeindebüros und Amtszimmer in den Privathäusern der Bürgermeister wurden „erst nach und nach aufgelöst“, sagt die Samtgemeindearchiv-Leiterin Silke Ebers. Das vordere Gebäude wurde sogar erst 1982 von der Verwaltung bezogen - nach einem Umbau. Wie ein Finger ragt Steinkirchen seitdem in die Nachbarkommune. Doch das ist bald Geschichte.
Gebietsänderung gilt ab Freitag
Am Donnerstag wird im Amtsblatt des Landkreises Stade der neue Gebietsänderungsvertrag öffentlich bekanntgemacht. Tags drauf tritt die Änderung in Kraft. Den Vertrag haben Gemeindedirektorin Henrike Lühders und Bürgermeister Nikolai Müller (CDU) für Grünendeich und Gemeindedirektor Tim Siol und Bürgermeisterin Sonja Zinke (CDU) für Steinkirchen unterzeichnet. Die Samtgemeinde bleibt Eigentümerin der Immobilie. Die Kommunalaufsicht hat die Rückkehr genehmigt.
Damit ist der alte Verlauf der Grenze in Huttfleth, im Jahr 1140 erstmals urkundlich erwähnt, ab Freitag wiederhergestellt. Die rechte Seite der L140 gehört zu Grünendeich und die linke zu Steinkirchen. Die Beschlüsse hatten die Räte im Sommer 2024 getroffen - jeweils einstimmig.
Standort von Schule, Rathaus und Kita
Das Alte Rathaus hatte nach dem Umzug in den Neubau am alten Marktplatz in Steinkirchen im September 2018 seine Funktion verloren. Damit war auch der Vertrag von 1974 obsolet. Huttfleth (Hotvlete) war bereits im Hochmittelalter eine Grenzregion zwischen der sächsischen und der holländischen Besiedlung. Bürgermeister Nikolai Müller (CDU) freut sich, dass die Awo-Kindertagesstätte Altes Rathaus zukünftig in seiner Gemeinde liegt. Damit gilt auf den Flurstücken das Grünendeicher Ortsrecht.

Die Volksschule in Grünendeich 1920: Der Eingang vorne führte zur Lehrerwohnung, der Schuleingang war an der Seite. Foto: Feindt
Das Alte Rathaus war 1848 als Schule erbaut worden. Bis 1961 war hier die Volksschule von Grünendeich untergebracht. Im Huttfleth gab es ursprünglich zwei Schulen. Steinkirchener Kinder besuchten bis 1928 ihre Schule in Huttfleth 62, später die Grünendeicher Schule. In Bergfried gab es eine zweite Schule in Steinkirchen, heute wohnt dort der bekannte Cartoonist Tetsche.
Wirtschaftsförderung
T Von heute an: Samtgemeinde Lühe führt Übernachtungssteuer ein
Übrigens: Beide Gemeinden wollten früh eine gemeinsame Schule bauen, das belegen Ratsprotokolle von 1905 und 1909. Doch erst 1958 einigten sich die Altländer. Die Kirche und ein Bauer stellten Bauland zur Verfügung. Der Schulzweckverband errichtete die Mittelpunktschule Steinkirchen-Grünendeich mit Turnhalle im Striep. Der Neubau wurde am 12. April 1961 eingeweiht. In der alten Schule blieben Lehrerwohnungen, im hinteren Gebäude zogen Steuerberater und Gemeinde ein, später die Samtgemeinde. Seit August 2019 ist hier eine Kita untergebracht.